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Die Frau, die ihren Mann auf dem Flohmarkt verkaufte: Oder wie ich zum Erzähler wurde (German Edition)

Die Frau, die ihren Mann auf dem Flohmarkt verkaufte: Oder wie ich zum Erzähler wurde (German Edition)

Titel: Die Frau, die ihren Mann auf dem Flohmarkt verkaufte: Oder wie ich zum Erzähler wurde (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rafik Schami
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Lastwagen-, Zigaretten-, Schokoladen- und Parfumsorten und dazu meinetwegen alle Zollbeamten, die er auf seinen Fahrten bestechen musste, aber dass er ein Märchenerzähler ist, hätte ich nie im Leben für möglich gehalten. Aber in jener Nacht damals war er es, und was für ein begnadeter.
    »Wir wollen aber keine Schmugglergeschichten.« »Also, ich bitte dich. Seit wann glaubst du an Dschinn. Du glaubst doch nicht einmal an Jesus.« »Hast du mich nicht vor einem Jahr ausgelacht, als ich dir sagte, ich hätte Angst vor dem Dschinn im Keller?« »Ich will auch keine Zollgeschichten!« So hörte ich die Nachbarn durcheinanderrufen. Adnan lächelte nur.
    »Gemach, gemach. Ich habe auch nicht an Dschinn und Engel geglaubt, aber was passiert ist, war wahrscheinlich als Strafe für meinen Unglauben gedacht. Beruhigt euch und hört meine Geschichte, dann werdet ihr die vorangegangenen Geschichten vergessen. Denn was ich erzähle, ist nicht wie bei Gibran aus dritter und bei Aida aus zweiter, sondern, wie es sich gehört, aus erster Hand. Ich bin persönlich einem Dschinn begegnet. Aber ich habe mit niemandem darüber gesprochen, damit mich die Leute nicht auslachen. Aber wenn ihr unbedingt wollt, dann erzähle ich heute davon. Allerdings unter einer Bedingung: Die Geschichte bleibt unter uns. Einverstanden?«
    Natürlich waren alle einverstanden. Und eine solche Stille, wie sie jetzt eintrat, habe ich in unserem Innenhof selten erlebt.
     
     
    Der verliebte Dschinn
     
    »Ihr werdet kaum glauben, was ich mit dem Dschinn erlebt habe«, wiederholte Adnan in jener Nacht. »Vor einem Monat fand ich in einer alten Ruine nicht weit von Katana eine bronzene Lampe. An diesem Tag hatte ich Probleme mit dem Motor meines Lastwagens. Ich rief bei meiner Werkstatt in Damaskus an, und sie schickten mir einen Mechaniker. Er sei in einer Stunde da, sagte der Werkstattmeister am Telefon. Um die Wartezeit zu verkürzen, schlenderte ich in der Gegend umher. Da sah ich in der Ferne eine Ruinenstadt, eine der vielen aus der Zeit der Griechen oder noch älter. Dort angekommen, wunderte ich mich über einen Teich hinter einer kreisrunden Mauerruine. Das Wasser war voller Algen. Ich ging einmal um den Teich herum, und gerade als ich zu meinem Lastwagen zurückgehen wollte, entdeckte ich plötzlich eine bronzene Lampe am Ufer, eigentlich eine billige Öllampe, interessant vielleicht für Touristen, denn sie war mit schönen Kalligraphien ausgestattet. Der Algen wegen konnte ich den Spruch allerdings nur mühsam entziffern: Deine Haftzeit ist die Ewigkeit. Das stand darauf. Und nun wollte ich die Lampe meiner Frau schenken. Ihr kennt Samia. Sie liebt solche geheimnisvollen Sprüche.
    Ich rieb den Schmutz weg, und plötzlich strömte weißer Rauch aus dem Schnabel der Lampe. Der Rauch wurde immer dichter, er stieg wie ein Baum in den Himmel. Es dauerte nicht lange und die Wolke formte sich zu einem Dschinn. Ich empfand Angst und Freude zugleich. Angst vor der Gewalt dieses großen Unwesens und Vorfreude auf die Erfüllung meiner Wünsche. Bald aber war die Angst der Überraschung gewichen. Denn der Dschinn setzte sich auf die Ruinenmauer und weinte bitterlich, wie ein verlassenes Kind. Ich wusste vor lauter Verwunderung nichts Vernünftiges mehr zu sagen.
    ›Willst du ein Bonbon, einen Schluck Wasser, eine Zigarette?‹, hörte ich mich sagen, als würde ein Fremder sprechen. Er schüttelte nur den Kopf und weinte noch lauter.
    Die Gier befreite mich aus meiner Erstarrung und weckte meine Instinkte. ›Drei Wünsche habe ich schon lange‹, rief ich.
    ›Wünsche, Wünsche, Wünsche!‹, heulte der Dschinn. ›Alle wollen nur ihre Wünsche erfüllt haben, und niemand, keiner in Tausenden von Jahrhunderten, denkt daran, auch mir einmal einen Wunsch zu erfüllen.‹
    Ich war sprachlos, trotzdem heuchelte ich: ›Und wie kann ich dir helfen? Vielleicht erfülle ich dir deinen Wunsch, und dafür machst du mich glücklich und reich.‹
    ›Das ist ein Wort‹, sagte der Geist und hörte auf zu weinen. ›Ich bin bis in den hintersten Winkel meines Herzens in Abirjasmin verliebt. Sie ist die schönste Fee, aber sie liebt den widerwärtigen Schamhuresch, nur weil er mächtiger ist. Hilf mir bitte, rede mit ihr oder töte Schamhuresch!‹
    ›Warum tötest du ihn nicht selbst?‹
    ›So sehr wir auch prahlen – aber das kann nur ein Mensch. Sobald der Mensch körperlos wird, kann er in der Unterwelt jeden Geist besiegen. Kannst du das für mich

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