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Die Frau die nie fror

Die Frau die nie fror

Titel: Die Frau die nie fror Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elisabeth Elo
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dass es auf die Stimmung schlägt. Nur die Möwen draußen sind frech und lautstark wie immer: Sie stürzen, lenzen und stoßen heisere Schreie aus, die praktisch überall an Bord zu hören sind. Als der Regen aufhört, schleicht sich Nebel heran, breitet sich dicht über der Wasseroberfläche aus und verzerrt die Geräusche genauso wie die Sicht. Die Zeit scheint sich verlangsamt zu haben: Die Minuten fühlen sich unerträglich lang an, die Zeiger der Uhr bewegen sich anscheinend kaum.
    Jorn Ekborg schenkt mir keine Beachtung mehr. Ich bin nicht einfach nur in Ungnade gefallen, ich habe zu existieren aufgehört. Auch Jewgeni Petrenko hat keine Worte mehr für diese Amerikanerin russischer Abstammung übrig. Während ich am Tisch bediene oder an der Bar arbeite, spüre ich Dustin Halls Blicke auf mir, aber er sagt nichts. Margot lächelt mich freundlich und verschwörerisch an. Abends im Salon sitzt sie an der Bar und kaut mir mit ihren Ansichten und allem, was sie bereut, vergnügt ein Ohr ab. Für die anderen Passagiere bin ich genau das, was Zorina sich gewünscht hat – unsichtbar.
    Die Besatzung verhält sich mir gegenüber sogar noch frostiger. Jede Unterhaltung verstummt, sobald ich in Hörweite bin. Bei einer Mahlzeit sieht der Mann fürs Grobe, der mir meine Sachen weggenommen hat, einfach durch mich hindurch, während er sorgfältig in seinen Zähnen herumstochert.
    Zweifellos hat sich herumgesprochen, was bei mir konfisziert wurde. Ich rede mir ein, es ist immer noch möglich, dass sie mich nicht verdächtigen. Die Gegenstände wurden routiniert und beiläufig aus meiner Kabine entfernt, so als handele es sich um nichts weiter als überdimensionierte Flaschen Shampoo bei der Sicherheitskontrolle am Flughafen. Das Zeug eines neuen Be­satzungsmitglieds nach verbotenen Gegenständen zu durch­suchen ist vielleicht reine Routine. Und ich bin mir ziemlich sicher, dass sich weder auf dem Telefon noch dem Computer irgendwas Verfängliches befindet. Bevor ich an Bord gekommen bin, habe ich meinen Suchverlauf gelöscht, den Papierkorb geleert und Noahs Fotos von beiden Geräten entfernt. Falls mir Fragen gestellt werden, kann ich mich hinter ehrlicher Ahnungslosigkeit verstecken. John Oster hat nie erwähnt, dass Kameras und elektronische Geräte an Bord nicht erlaubt sind.
    Trotzdem fühlt sich nichts richtig an. Zunächst mal taucht Troy irgendwie ständig auf, am Ende eines Ganges, in der Tür eines Salons. Er taucht auf und verschwindet wieder wie eine Geistererscheinung. Mir ist das unheimlich, es ist nervenaufreibend. Mit jedem Mal gleicht er mehr einem Omen des nahe bevorstehenden Unheils, von meinem eigenen Unbewussten ans Licht gezerrt. Nachts in meiner Kabine, hinter geschlossener und verriegelter Tür, spüre ich ein vorsichtiges Auftreten vor meiner Tür. Einmal, dann noch einmal. Jemand stellt mir nach. Ich vermute, er ist es. Unter diesen Umständen wage ich es nicht zu versuchen, Parnell eine Nachricht zu schicken. Außerdem wüsste ich ohnehin nicht, wie ich ihn über Schiffsfunk erreichen könnte.
    *
    In einer klaren Nacht erreichen wir Makkovik, das entlang der Küste von Labrador auf halber Strecke liegt. Mein Gleichgewichtssinn muss sich offenbar schon richtig gut auf das Leben an Bord eingestellt haben, denn ich kann die ruhigere Oberfläche der Tiefseebucht spüren, wo die Galaxy vor Anker geht. Die Stadt ist nicht mehr als ein paar vereinzelte gelbe Lichter in einiger Entfernung. Aus den Gesprächen im Salon weiß ich, dass die Bevölkerungszahl bei rund vierhundert liegt, die meisten davon Inuit. Es gibt einen Flughafen und ein kleines Gasthaus, in dem man, Voranmeldung vorausgesetzt, sehr gut essen kann. Dann gibt es ein kleines Museum und im Norden des Ortes eine amerikanische Radarstation, die in den 1960er Jahren demontiert wurde. Damit scheint das Thema Makkovik auch schon erschöpfend behandelt zu sein. Dennoch herrscht eine gewisse Aufregung unter Besatzung und Passagieren angesichts der Aussicht, ein Stück auf festem Boden gehen zu können, einen Tag lang etwas weniger in Luxus gepampert zu werden. Die Püppchen werden irgendwas kaufen, soweit möglich. Und ich beabsichtige, mich still und heimlich zum Bürgerzentrum von Makkovik zu begeben, das, wie ich mitbekommen habe, Telefon und Internet für die Öffentlichkeit bereithält.
    Morgens werden als Erstes die Passagiere an Land gebracht, aufgetakelt und lächelnd, in ein motorisiertes Skiff gedrängt, das die Stadt zu unserer

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