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Die Frau die nie fror

Die Frau die nie fror

Titel: Die Frau die nie fror Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elisabeth Elo
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du schon mal verliebt, Larry?«
    »Ein- oder zweimal«, gibt er zu.
    »Das ist alles? Bist du wahnsinnig? Ich war schon Hunderte von Malen verliebt!« Sie macht eine ausladende Bewegung, als wolle sie die Welt umarmen, und lehnt sich dann wieder gemütlich nach vorn. »Aber nie wirklich. Wirkliche, echte Liebe. Aber, vielleicht ist er derjenige, mhm?« Sie winkt mit dem gehobenen Daumen Richtung Max, der entzückt zusieht. »Es sind schon seltsamere Dinge passiert. Man lernt einen Typen auf der Beerdigung seines Nicht-Ehemanns kennen … Und? Vielleicht nicht ganz koscher, könnte man sagen. Aber ich sage mal so: Was ist daran verkehrt? Man muss ihn doch irgendwo kennenlernen, oder? Der Braten der Beerdigung versorgte kalt die Hochzeitstafel . Das ist Shakespeare, nur falls du dich wunderst. Ich wusste mal viel über Shakespeare. Und nicht nur Hinfort, verdammter Fleck und Ein Königreich für ein Pferd . Hey, willst du wissen, wie dieser Typ mit vollem Namen heißt?«
    Larry zieht ein interessiertes Gesicht.
    »Maxwell Little-Pierce. Das ist sein richtiger, echter Name. Ich nenne ihn Mr Maximum. Max-i- mhm . Stammt quasi direkt von der Mayflower ab.« Sie lehnt sich zurück und hebt wie ein Professor den Zeigefinger. »Und das war vielleicht ein dolles Schiff!« Eine so beachtliche Feststellung verlangt nach einem großen Schluck Wodka.
    Man muss Larry zugutehalten, dass er ihre Worte nicht kommentiert und Thomasina zu anderen Themen übergehen lässt. Johnny hat sich alles schweigend angesehen und manchmal ­einen Schluck Bier aus der Flasche getrunken. Sein Stuhl ist ein Stück zurückgezogen und in einem seltsamen Winkel gekippt, so dass es gleichermaßen distanziert und leicht bedrohlich wirkt.
    Eine traurige Schwere ergreift mich, als Thomasina weiter wirres Zeug redet. Max schmust mit ihr, sie schiebt ihn weg und versucht ihn gleichzeitig wieder zu sich heranzuziehen, indem sie ihn vorne am Pullover festhält.
    »Hey! Warte, Lady. Du leierst ihn aus!«, sagt er in gespielter Empörung, lehnt sich vor und küsst sie.
    Das ist mehr, als ich ertragen kann, und ich verabschiede mich. Larry schiebt seinen Stuhl zurück, steht auf und will offensichtlich ebenfalls gehen.
    Mit kalter, nüchterner Stimme, die quer über den Tisch jagt, sagt Johnny: »Warte mal, Larry. Ist doch Larry, oder? Du hast uns noch gar nicht erzählt, woher du Ned kanntest.«
    Die Frage scheint Larry zu überraschen. Er zögert einen ­Augenblick zu lange und sagt dann, sie wären zusammen zur Schule gegangen. »Schon lange her«, fügt er mit einem selbstironischen Lachen hinzu und legt eine Hand locker auf die Rückenlehne seines Stuhls.
    »Tatsächlich? Wo noch mal?« Oyster Man lässt ihn nicht vom Haken.
    Larry schaut sich in der Kneipe um, als versuche er sich geographisch zu orientieren. »Äh … Auf die South Boston High.«
    Am Tisch wird es still.
    » Was? « Ich starre Larry angewidert an.
    »Ach, Schatz«, nuschelt Thomasina, »mein Nicht-Ehemann hatte ein Basketball-Stipendium auf der BC High. Das wissen selbst die Entchen auf dem Common.«
    Bei dem Blick, den Johnny Larry jetzt zuwirft, würde der Ententeich glatt zufrieren.
    Larry streitet es weder ab, noch versucht er es zu erklären. Er folgt mir zur Tür.
    Die Jacken und Mäntel sind ein einziges großes Durchein­ander, hängen in der kleinen Garderobe teils an Haken oder sind zu Boden gefallen. Ich finde meinen, und während ich ihn anziehe, sagt Larry: »Ich habe mich gefragt … bevor Sie gehen …«
    Also, das ist ja wohl nicht zu fassen, denke ich, dieser unverschämte Idiot will fragen, ob ich mit ihm ausgehe.
    Für das, was mir jetzt in den Sinn kommt, gibt es keine Entschuldigung, aber vielleicht mildernde Umstände: Ich bin allein, ich bin traurig, ich fürchte mich vor dem Ertrinken, und ich fühle mich schuldig, weil ich überlebt habe. Aus diesem Grund fange ich wahrscheinlich an, über die Liebe nachzudenken und warum sie mir entglitten ist und warum ich sowieso nie daran geglaubt habe. Freundschaft, vielleicht. Erotik, mit Sicherheit. Diese beiden Eigenschaften in ein und derselben Person zu finden würde mir mehr als reichen. Aber romantische Liebe, wahre Liebe, das, wovon Thomasina geschwärmt hat? Nein, nicht wirklich. Nicht mehr als ein égoïsme à deux . Die simple Tatsache, dass es einfacher ist, wenn man getrunken hat, sollte einem zu denken geben. Es ist nicht so, dass mir so etwas nicht das eine oder andere Mal passiert wäre, ich mich nicht habe

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