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Die Frau die nie fror

Die Frau die nie fror

Titel: Die Frau die nie fror Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elisabeth Elo
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nicht besonders viel von wilden irischen Beerdigungsfeiern. Immer mal wieder wendet er den Kopf in meine Richtung und beobachtet mich. Starrt nicht, sondern schaut einfach nur. Als wäre ich jemand, an dem er kein persönliches Interesse hat, den er aber im Auge behalten muss. Eine kleine Schwester, vielleicht. Es ist voll­kommen klar, dass wir noch einmal miteinander sprechen werden, bevor der Abend vorüber ist.
    Thomasina und Noah sind an einen großen runden Tisch in der Ecke umgezogen, weiter weg von der Musik. Der dunkel­haa­rige Typ, der an der Theke neben Thomasina gesessen hatte, ist auch dort, beugt sich dicht zu Noah vor und fuchtelt mit den Händen direkt vor Noahs teilnahmslosem Gesicht herum. Mich beschleicht bei diesem Anblick ein ungutes Gefühl, also ziehe ich mir einen Stuhl heran und schließe mich ihrem Tête-à-Tête an.
    »Du musst upgraden«, sagt der Typ gerade. »Smartphones sind echt viel besser. Hast du schon eine Freundin, hm? Mit dem Ding hier kannst du ihr den ganzen Tag simsen.« Er zeigt auf ein Mobiltelefon, das zwischen ihnen auf dem Tisch liegt – ein flaches schwarzes Ding mit einem glänzenden Display.
    »Ich hab keine Freundin. Ich bin in der fünften Klasse«, sagt Noah.
    »Hast keine Freundin? Was ist los mit dir, Alter? Muss doch ein paar heiße Mädels geben, wo du bist. Jedenfalls, wenn du eine Freundin hast, kannst du sie mit diesem Teil voll beeindrucken. Ihr geht zum Bowling oder so, was immer ihr Kids so macht, und du lässt es in der Tasche, und wenn der richtige Moment gekommen ist, dann ziehst du’s ganz cool raus, so als wär’s nichts Besonderes. Die wird Augen machen, das schwör ich dir.« Er schaltet das Telefon ein und beginnt, auf dem Touchscreen herumzutippen. »Pass auf: Du hast hier einen Computer, ein Telefon, eine Kamera und Internet, alles zusammen in einem Ding. Und dein iPod – du lädst einfach alles drauf. Und Bücher auch. Einfach so, zack. Und während du auf deinen Big Mac wartest, liest du William fucking Shakespeare. Oder beim Ölwechsel. Was du willst, Alter. Ein Klick, und los geht’s.«
    Noah sieht den Typen nachdenklich an und versucht, aus ihm schlau zu werden. Als ihm das nicht gelingt, erinnert er sich an seine guten Manieren. »Vielen Dank, aber ich möchte gerade kein Upgrade.«
    »Es kostet dich null, wenn du mir dafür dein altes Handy gibst.«
    »Wie ich schon sagte, ich hab’s nicht dabei. Mom hat mir verboten, es mitzunehmen, weil sie nicht will, dass ich die ganze Zeit spiele.«
    »Du hast es nicht im Auto gelassen, oder?«
    Noah schüttelt den Kopf.
    »Tja, zu blöd, dass du nicht rankommst, denn so verpasst du das Geschäft deines Lebens.« Der Typ wischt das neue Telefon vom Tisch und verstaut es in seiner Tasche. »Ich hätte offen und ehrlich mit dir getauscht. Aber, hey, falls du dein altes Handy findest, mache ich’s immer noch. Okay, kleiner Mann? Sind wir im Geschäft?«
    »Hey, Noah«, sage ich und fixiere den Typen, »wer ist dein neuer Freund?«
    »Max«, antwortet Noah gedehnt, als wäre die eine Silbe schon zu viel.
    Max streckt seine Hand aus, und wir begrüßen uns über ­Noahs Kopf hinweg, aber nur flüchtig. Einen richtigen Händedruck kann man das nicht nennen.
    »Pirio«, stelle ich mich vor, obwohl er nicht gefragt hat.
    »Wie war das?«
    »Pirio«, wiederhole ich betont langsam.
    Max nickt, als hätte er verstanden, scheint aber von der Herausforderung durch meinen Namen genervt zu sein und wendet seine Aufmerksamkeit wieder Thomasina zu, die mit anderen am Tisch plaudert.
    Noah zeichnet die verschiedenen Stadien der Evolution in ein Notizbuch, das er mitgebracht hat. Bisher hat er einzellige Organismen, Amöben und einige seltsam aussehende Fische gemalt.
    »Der braucht einen Schnurrbart«, sage ich und zeige auf ­einen.
    »Vielleicht Schnurrhaare«, kommt er mir entgegen.
    »Moment. Haben Fische Schnurrhaare?« Ich bin mir tatsächlich nicht sicher.
    »Pirio –« Das könnte sowohl ja als auch nein bedeuten.
    »Ich glaube, ich hab mal an einem Fisch im Aquarium Schnurr­haare gesehen. War so ein blauer, dickbäuchiger Typ mit Glupschaugen und Hängebacken. Hat genauso ausgesehen wie mein Onkel Fred.«
    »Du hast gar keinen Onkel Fred.«
    »Woher willst du das wissen? Ich könnte in Russland sechs Onkel Freds haben. Alle tanzen in der Steppe Kasatschok und brüllen Oie !«
    »Oie?« , wiederholt er stirnrunzelnd.
    »Russisch für: Hey, hübsche Lady, willst du mich heiraten?«
    Noah

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