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Die Frau, die niemand kannte: Thriller (German Edition)

Die Frau, die niemand kannte: Thriller (German Edition)

Titel: Die Frau, die niemand kannte: Thriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Chris Pavone
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Klinge ihres Messers gewesen war, mit dem sie den Leibwächter vor der Hotelzimmertür erledigt hatte. Sie wollte ihm nicht erzählen, wie oft sie abgedrückt hatte, wie die Tapete in diesem Hotelzimmer ausgesehen hatte, während der Mann vor ihr auf den Boden gefallen war; wie im Nebenzimmer das Baby gebrüllt hatte und die Frau angelaufen gekommen war, in der Hand eine Flasche Milch, die ihr entglitten war, sodass der Sauger abflog und die Milch auf den Teppichboden spritzte. Wie sie auf die Knie gefallen und » Por favor « gefleht hatte, kopfschüttelnd, die großen dunklen Augen vor Entsetzen aufgerissen, während sie gebettelt hatte, Kate möge sie verschonen. Wie Kate die Glock auf sie gerichtet hatte, während sie mit sich rang; Sekunden, die ihr wie eine Ewigkeit erschienen. Sie hatte in diesem Hotelzimmer gestanden, die Waffe auf diese arme Frau gerichtet, die kaum älter war als sie, mit einem Baby in Jakes Alter, eine Version ihrer selbst, eine glücklose Frau, die es nicht verdiente zu sterben.
    »Ich will den Vorfall nicht in allen Einzelheiten schildern.«
    Sie wollte ihm nicht erzählen, wie das Blut aus der klaffenden Wunde in Torres’ Rücken in die Teppichfasern drang. Dieser verdammte Fleck.
    »Eines Tages vielleicht«, sagte sie. »Aber nicht jetzt. Okay?«
    Dexter nickte.
    »An diesem Tag habe ich begriffen, dass es zu einfach geworden war, mich aus der Bahn zu werfen. Mich dazu zu bringen, Dinge zu tun, die ich nicht tun sollte. Ich war angreifbar geworden, deshalb musste ich mich aus dem aktiven Dienst zurückziehen.«
    Die junge Frau hatte Kate in die Augen gesehen. Sie hatte gesehen, dass Kate Torres und seinen Leibwächter getötet hatte. Diese Frau, die Zeugin eines Mordes geworden war, würde dafür sorgen, dass Kate für den Rest ihres Lebens hinter Gitter kam. Sie würde dafür sorgen, dass man ihr Jake wegnahm, ihren Ehemann. Ihr Leben.
    »Deshalb bin ich, nachdem ich diesen Mann getötet hatte, ins Büro gefahren und habe um Versetzung gebeten.«
    Kate hatte mit der Waffe auf die Brust der jungen Frau gezielt. Sie hatte ihre rechte Hand mit der linken abgestützt, hatte gespürt, wie Panik in ihr aufwallte, und sich gefragt, ob sie die Stärke aufbringen würde, es zu tun. Oder die Stärke, es nicht zu tun.
    Und im Zimmer nebenan waren die Schreie des Babys immer lauter geworden.
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    Ihr Geständnis hatte nur ein paar Minuten gedauert. Nach all den Jahren der Lügen. Erstaunlicherweise fühlte sie sich kaum anders als vorher, nun, da alles – fast alles – ausgesprochen war.
    Jeder von ihnen hatte nun das Recht, auf den anderen wütend zu sein, doch es schien, als hebe sich ihre Empörung gegenseitig auf. Kate sah in Dexters Miene lediglich tiefe Sorge, keine Wut. Sorge um ihre Zukunft. Vielleicht fragte er sich, ob ein gemeinsames Leben zweier Lügner überhaupt möglich war – ob eine Ehe, deren Fundament auf so vielen Unwahrheiten aufgebaut war, eine Chance hatte weiterzubestehen.
    Kate ahnte nicht, dass Dexter ihr nicht all seine Lügen gestanden hatte. Ebenso, wie sie nicht all ihre Geheimnisse preisgegeben hatte.
    Er öffnete den Mund, schien etwas sagen zu wollen, doch dann schloss er ihn wieder. »Mir tut es auch leid, Kate. Sehr sogar.«
    Erst später wurde Kate bewusst, dass Dexter in diesem Moment mit sich gerungen hatte, seine allergrößte Lüge ans Licht zu bringen. Doch am Ende hatte er sich dagegen entschieden.
    Genau wie sie.

31
    Kate strich mit der Hand über die Strukturtapete und tastete sich durch die dunkle Diele bis zum Zimmer der Jungs. Bevor sie aufgebrochen waren, hatte sie vergessen, die Jalousien herunterzulassen. Das Licht der Straßenlaternen tauchte den Raum in silbriges Licht, das sich wie eine weiche Decke über diese Welt aus Kinderspielzeug und ihre unschuldigen, sorgenfreien Gesichter legte.
    Sie trat an ihre Betten, offiziell »Betten für große Jungs«, obwohl ihre Matratzen kaum breiter waren als die einer Wiege. Sie drückte einen Kuss auf ihre Köpfe und betrachtete ihre mit ausgebreiteten Armen daliegenden Söhne.
    Kate sah aus dem Fenster, bevor sie die Jalousien herunterließ. Dexter saß noch immer hinterm Steuer ihres Wagens, um den Babysitter nach Hause zu fahren.
    Am Ende des Blocks stand ein Taxi. Der Fahrer rauchte eine Zigarette und blies den Rauch durch das halb geöffnete Fenster, wo er in dicken Wolken in die kalte Nachtluft aufstieg.
    Kate sah in die andere Richtung. Ein Stück entfernt stand eine Gestalt unter einer

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