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Die Frau, die niemand kannte: Thriller (German Edition)

Die Frau, die niemand kannte: Thriller (German Edition)

Titel: Die Frau, die niemand kannte: Thriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Chris Pavone
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intensiv nach Nikotin, in seinen Ohren steckten zahllose Ringe, seine Arme waren mit Tattoos übersät und sein Hemd bis zum Hosenbund aufgeknöpft. Er und Bill begrüßten sich mit einem Kuss auf die Wange. Bill stellte Pierre zuerst Kate, dann Dexter und schließlich »ma femme Julia« vor. Pierre schien erstaunt zu sein, dass Bill verheiratet war.
    Sie setzten sich an einen Tisch neben Pierre, an dem sich bereits ein ähnlich gekleideter Typ mit ein paar jungen Mädchen niedergelassen hatte, die wie Models aussahen. Kate nippte an ihrem Champagner.
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    Es war dunkel und laut. Die Bässe wummerten, das Licht flackerte unablässig, was es schwierig machte, sich zu konzentrieren. Immer wieder drifteten die Gedanken ab, blieben an einer Stimme hängen, an einem Körper, an diesem Takt, an jenem Geräusch. Zugleich schien es, als böte dieser Overkill der Sinne eine Art Schutzschild, hinter den Kate sich für einen Moment zurückziehen und Bill beobachten konnte – den Ehemann der Frau, die in so kurzer Zeit zu ihrer besten Freundin in der neuen Heimat geworden war.
    Bill hatte seine Jacke ausgezogen, den Arm über die Banklehne gelegt und die oberen beiden Hemdknöpfe geöffnet. Sein gewelltes dunkles Haar war ein wenig zerzaust, und auf seinem Gesicht lag das verklärte Grinsen eines Mannes, der bereits seit sechs Stunden einen Drink nach dem anderen kippte. Er schien völlig in seinem Element zu sein, als wäre er jeden Tag zu Gast in diesem club privé . Er legte den Kopf in den Nacken, um Pierre zuzuhören, und brach dann in herzhaftes Gelächter aus. Er konnte auch Modedesigner sein. Oder Regisseur. Nur dass er mit Währungen handelte, würde man nie im Leben vermuten.
    Die Wirkung von Pierres Scherz verebbte und mit ihm Bills Lächeln. Er wandte sich wieder den Leuten an seinem eigenen Tisch zu und sah Kate an. Sekundenlang ruhte sein Blick auf ihr, schien nichts zu sagen, keine Fragen zu stellen. Gar nichts. Sie fragte sich, wonach er suchte. Und wer zum Teufel dieser Mann war.
    Bills Dominanz war förmlich mit Händen zu greifen. Neben ihm wirkte seine Frau farblos und still, obwohl sie neben ihm stand und lautstark redete. Sie waren ein seltsames Paar. Bill schien in einer völlig anderen Liga zu spielen als sie.
    »Hey, Leute«, sagte Kate zu Dexter und Bill und zog ihr Handy aus der Tasche. »Wie wär’s mit einem Foto?« Sie schienen nicht gerade begeistert zu sein, erhoben jedoch keine Einwände.
    Kate hatte in ihrem Leben schon viele Bills kennengelernt – Alphamännchen, die jeden um sich herum auszustechen versuchten. Während ihrer Zeit in der Firma hatte sie tagtäglich mit ihnen zu tun gehabt. Im Privatleben hatte sie sie für gewöhnlich gemieden.
    »Und Julia?«, rief sie. »Willst du dich nicht dazustellen?«
    Die drei lächelten. Kate drückte den Auslöser.
    Sie betrachtete die beiden Männer an dem niedrigen Tisch, der voller Gläser und Flaschen stand: Der eine strotzte regelrecht vor Selbstbewusstsein, das aus irgendeiner Quelle in seinem Innern zu strömen schien, über deren Ursprung – vielleicht war er früher ein unglaublich guter Sportler gewesen, besaß ein fotografisches Gedächtnis oder war überproportional gut bestückt – sie nichts sagen konnte, nur dass sie in eine entspannte Lässigkeit mündete. Es war, als wäre alles an ihm perfekt geölt, liefe immer auf Hochtouren, was sich in jeder Facette seines Auftretens zeigte, in seinen geschmeidigen Bewegungen, seinem spielerischem Lächeln und seiner unübersehbaren animalischen Sexualität. Dieser Mann fuhr sich nicht mit der Hand durchs Haar, zupfte an seinem Hemdkragen herum, ließ den Blick unruhig umherirren oder plapperte daher, obwohl er nichts zu sagen hatte. Er war die Ruhe und Souveränität in Person.
    Dem anderen Mann fehlte diese Selbstsicherheit. Aus seiner Quelle schien nichts so reibungslos zu strömen, vielleicht wegen eines Lecks oder einer verstopften Stelle, die sie auf ein armseliges Rinnsal reduzierte, das die Ecken und Kanten seiner Unsicherheit, seiner Nervosität nicht zu glätten vermochte und seine Körpersprache abrupt und ungelenk wirken ließ, als knirsche und quietsche es bei jeder Bewegung. Dieser Mann war Dexter. Der Mann, der sie nicht nur wollte, sondern brauchte, und das nicht nur für eine gewisse Zeit, sondern mit aller Macht und Verzweiflung. Dies war das Vermächtnis ihrer Vergangenheit, das Ergebnis ihres eigenen begrenzten Selbstbewusstseins. Kate brauchte das Gefühl,

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