Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Frau, die vom Himmel fiel: Roman (German Edition)

Die Frau, die vom Himmel fiel: Roman (German Edition)

Titel: Die Frau, die vom Himmel fiel: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Simon Mawer
Vom Netzwerk:
so. Wo zum Teufel ist das denn?«
    »Thame? Nicht weit von Oxford. Vielleicht können wir uns mal treffen, wenn wir Urlaub kriegen.«
    Yvette zuckte die Achseln. »Wer weiß? Ich glaube, die schicken mich nach Hause. Ich glaube, ich bin untauglich. Ich wette, Thame ist – wie nennen die das noch mal? Das Kühlhaus, wo sie Leute ausmustern.«
    Emile kam herüber, in der Hand ein Glas Whisky und im Gesicht ein süffisantes Lächeln. »Du kannst gleich wieder gehen«, sagte Marian zu ihm, doch er blieb stehen, gegen Ablehnung immun.
    »Die schicken mich nach Thame Park«, sagte Yvette. »Was ist Thame Park? Bringen sie da die Leute unter, die nicht geeignet sind? Du hast gesagt, es gäbe einen speziellen Ort dafür. Das Kühlhaus, hast du gesagt.«
    Er wusste es, natürlich. Seine Kenntnisse über die Organisation waren schier unerschöpflich. Er kannte Namen und Abkürzungen und Codenamen. »Thame Park ist nicht das Kühlhaus. Thame Park ist STS 52 .«
    » STS 52 . Was zum Teufel bedeutet das denn jetzt schon wieder?«
    »Das ist die Morseschule. Sie machen eine Pianistin aus dir.«
    »Une pianiste?«
    »Ein Pianist ist ein Morsefunker«, sagte er ungeduldig. »Kennt ihr den Fachjargon denn noch immer nicht?«
    Marian war jetzt allein. Es war ein seltsames Gefühl, die einzige Frau unter acht Männern zu sein. Es verlieh ihr Kraft – sie wusste instinktiv, was für eine Macht Frauen über Männer ausüben –, machte sie aber auch verwundbar, so als wäre sie ohne Yvette an ihrer Seite das nächste auserkorene Opfer. Aber sie würde nicht durchfallen. Das wusste sie. Der Lehrgang war Training und Prüfung zugleich, und sie würde nicht gewogen und zu leicht befunden werden.
    Lieber Ned,
    es geht das Gerücht, dass wir Urlaub bekommen, wenn die ganze Sache hier vorüber ist. Vielleicht kann ich Dich besuchen kommen? Vielleicht sogar bei Dir wohnen, falls Dich das nicht stören würde. Hast Du die Eltern mal besucht? Ich weiß, wie viel Du um die Ohren hast, aber dafür musst Du Dir wirklich mal die Zeit nehmen.
    An einem unserer wenigen freien Tage war ich mit einer Freundin in den Bergen wandern. Die Sonne schien, was hier selten ist, und wir konnten vom Gipfel aus meilenweit über die einsamen Berge schauen. Und die Inseln. Die Hebriden, bei dem Wort muss ich immer an Wind und Regen denken. Steckt das in dem Namen drin? Er klingt irgendwie windig und kühl, findest Du nicht? Hebriden. Sprich das mal laut aus. Ich weiß, Du hast nichts übrig für Wörter. Zahlen haben keine versteckten Bedeutungen, sagst Du. Aber gerade die versteckten Bedeutungen in Wörtern machen sie so wunderbar. Wenn die Sonne scheint, wie an dem Tag, ist die Gegend hier richtig schön, aber es regnet einfach zu oft. Und außerdem gibt’s hier grässliche Mücken. Die sollten sie in Flaschen abfüllen und von der RAF über deutschen Städten abwerfen lassen. Dann wäre der Krieg in ein paar Tagen zu Ende, obwohl man den Alliierten dann wahrscheinlich vorwerfen würde, gegen die Genfer Konvention verstoßen zu haben.

ENGLAND
    I
    »Was ist das für eine Uniform?«, fragte ihr Vater, als sie zur Haustür hereinkam.
    Sie zuckte die Achseln, stellte ihren Koffer auf den Boden und ließ sich von ihm mit Küsschen begrüßen. »Ich bin zur FANY versetzt worden.«
    »Um Himmels willen, was ist das denn?«
    »Sanitätskorps. First Aid Nursing Yeomanry. Das ist wie ein Armeekorps für vergnügte junge Hüpfer, die nichts Besseres zu tun haben. Das sagen jedenfalls die Leute. In der FANY sind jede Menge Adelige.«
    »Wirst du Sanitäter? Ich dachte, du hast gesagt …«
    »Das ist nicht bloß ein Sanitätsdienst, die machen alles Mögliche.«
    »Alles Mögliche? Also wirklich, kannst du dich nicht genauer ausdrücken?«
    »Frag lieber nicht, Daddy.«
    »Na schön. Wie war der Lehrgang?«
    »Ziemlich anstrengend.«
    Ihre Mutter kam aus der Küche und stieß einen kleinen Freuden- und Überraschungsschrei aus. »Du siehst schrecklich dünn aus, Schätzchen.«
    »Ich bin nicht dünn, Maman . Ich bin fit.«
    »Und diese Uniform steht dir überhaupt nicht.«
    »Sie sagt, sie ist jetzt in einem Sanitätskorps«, warf ihr Vater ein.
    »Sanitätskorps? Das ist vermutlich was Nützliches. Wie war’s in Schottland? Wie geht’s jetzt weiter? Wo schicken sie dich als Nächstes hin?«
    Sie hätte es ihnen gern erzählt. Sie gern mit der Wahrheit schockiert: Fallschirmspringerschule, wollte sie sagen. Danach auf die B-Schule, was immer das sein mochte, und dann in

Weitere Kostenlose Bücher