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Die Frau, die vom Himmel fiel: Roman (German Edition)

Die Frau, die vom Himmel fiel: Roman (German Edition)

Titel: Die Frau, die vom Himmel fiel: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Simon Mawer
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nach London stiegen. Die Ausbildung in der B-Schule begann am nächsten Tag in der Nähe von Beaulieu in Hampshire.
    III
    In Beaulieu wurde kein Hehl mehr daraus gemacht, wozu sie einmal eingesetzt werden sollten: Hier bildete man sie gezielt für das Leben im Untergrund aus. Eine Schule für Spione, sagte jemand. Sie hatten ihr einen Decknamen gegeben, den sie auch im Einsatz tragen sollte. Alice . Sie fand ihn passend. Die Schule war in einem großen Landhaus untergebracht, das versteckt mitten im New Forest lag, aber alles war französisch, alle sprachen Französisch, sogar die Lesematerialien waren auf Französisch. Es war, als wäre Marian wie die fiktive Alice durch einen Spiegel hindurchgetreten und irgendwo in der französischen Provinz auf einer Hausparty in einem einsamen und ziemlich heruntergekommenen Château gelandet. Bewohnt wurde dieses Château von einer zusammengewürfelten Gruppe Menschen, die lediglich wussten, dass niemand sie kennen sollte, und die verstanden, dass sie nicht unbedingt alles verstehen sollten.
    »Merkt euch«, erklärte ihnen ein ziemlich windig aussehender Mann mit pomadigem Haar, »die kleinste Kleinigkeit, die ihr hier lernt, könnte euch eines Tages das Leben retten.« Der Herzbube aus Alice im Wunderland , dachte Marian. Er war frisch aus Frankreich eingetroffen und erläuterte ihnen das dortige System der Lebensmittelrationierungen, beschrieb die alltäglichen Probleme. »Frankreich ist nicht mehr das Land, das ihr vor dem Krieg kanntet. Wenn ihr dort ankommt, seid ihr Fremde in eurer Heimat. Geht nicht forsch in ein Café und bestellt einen café au lait . Wahrscheinlich gibt’s keine Milch, und es gibt garantiert keinen Kaffee. Und wenn ihr bekommt, was sie stattdessen dahaben – Ersatzkaffee aus gerösteten Eicheln oder Zichorien wahrscheinlich –, bittet nicht um Zucker. Es gibt nämlich keinen Zucker. Höchstens Saccharin. Wenn ihr um Zucker bittet, fragen sie sich vielleicht, wo ihr die letzten zwei Jahre gewesen seid.«
    Sie erhielten Tipps, wie sie sich in einem Land zu verhalten hatten, das von verabscheuten Machthabern mit verhassten Ansichten unterjocht wurde, wie sie sich unauffällig bewegen und wieder verschwinden konnten, wie sie mit wachen Augen sehen konnten, ohne gesehen zu werden.
    » Pour vivre heureux, vivons cachés«, zitierte der Ausbilder einen französischen Dichter. Wer glücklich leben will, lebe verborgen.
    Sie hörten Vorträge über die deutschen Streitkräfte und Sicherheitskräfte, über ihre Uniformen, ihre Ränge und ihre typischen Verhaltensweisen – die Wehrmacht und die SS , den Sicherheitsdienst und die Geheime Staatspolizei, das ganze System der Besatzung und des Terrors. »Die Abwehr hasst den SD , der SD verachtet die Abwehr. Der Kampf zwischen den beiden ist fast genauso heftig wie der Kampf zwischen ihnen und uns.«
    Man brachte ihnen bei, wie sie vor Ort Agenten anwarben und wie sie ein Treffen vereinbarten, wie sie tote Briefkästen einrichteten und einen geheimen Unterschlupf organisierten, wie sie denken und vorausplanen mussten. Sie lernten, jemanden zu beschatten, und woran man merkte, dass man selbst beschattet wurde. Das Knacken von Schlössern und das Einbrechen in Wohnungen wurde ihnen von einem wieselgesichtigen Mann beigebracht, der als Einziger mit ihnen Englisch sprach und angeblich über zehn Jahre im Londoner Gefängnis Wormwood Scrubs gesessen hatte.
    »Wenn er so ein mieser Einbrecher war, dass er geschnappt wurde«, fragte einer der Teilnehmer, »wieso zum Teufel soll er uns dann was beibringen?«
    Sie erhielten Unterricht im Verschlüsseln von Nachrichten und im Morsen. Ein junger Mann mit vorspringendem Adamsapfel erklärte die Tücken des B2-Funkgeräts in Worten, aus denen niemand schlau wurde, und dann lernten sie stundenlang, wie man eine Nachricht schrieb und mithilfe einer doppelten Transpositionschiffre in vermeintlichen Wortsalat verwandelte. Man nahm ein Gedicht, das man auswendig kannte, und erstellte mit Wörtern daraus den Chiffrierschlüssel. Wenn die Person am anderen Ende das Gedicht kannte, konnte sie das Verfahren umkehren und die Nachricht wieder entschlüsseln. Marian suchte sich ein Sonett von Elizabeth Barrett Browning aus, das sie in der Schule gelernt hatte.
    Wie ich dich liebe? Lass mich zählen wie.
    Ich liebe dich so tief, so hoch, so weit,
    als meine Seele blindlings reicht …
    Die Worte trieben ihr fast die Tränen in die Augen, sentimentale Tränen, die aber schon bald wieder

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