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Die Frau, für die ich den Computer erfand

Die Frau, für die ich den Computer erfand

Titel: Die Frau, für die ich den Computer erfand Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Friedrich Christian Delius
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Maus, keine britische Maus   … Was ich sagen wollte, niemand hat sich feierlich vor mir aufgebaut und auch nur ein Wort in diese Richtung gesagt. Von Blumen, Präsentkörben, Schecks oder Urkunden ganz zu schweigen. Nicht mal ein kleiner Scheck, um die Schulden bei meiner Schwester zu begleichen   … Auch wir hatten das noch nicht recht kapiert, was uns da gelungen war. Natürlich hab ich das Patent eingereicht. Aber meinen Sie, wir hätten da groß gefeiert? Was würde man heute für ein P R-Geschrei machen! Was würde man heute für eine Show abziehen, man käme ja aus dem Blitzlichtgewitter und der Scheinwerferblenderei und dem Mikrofonsalat gar nicht mehr raus   … Ich glaub, ich hab eine Flasche Moselgekauft, nein, nicht, was Sie vielleicht denken, damals war der Moselwein noch sehr solide, nichts von der Sorte Zeller Schwarze Katz aus dem Supermarkt, es war irgendein ordentlicher Riesling. Damit haben wir angestoßen, meine Schwester, die Eltern, Hartmut und ein paar andere Freunde und Helfer, wahrscheinlich waren es zwei Flaschen. Und am nächsten Morgen um sieben ging die Arbeit weiter. Wir haben ein paar Fotos gemacht, aber die sind verbrannt, die sind mit der ganzen schönen A3 unter den Bomben verbrannt   …

(Auch ohne mich)
     
     
     
    Nein, nein, wenn ich hier Oberbürgermeistersprüche zitiere, die wichtigste Maschine für den Fortschritt der Menschheit und so weiter, dann will ich nicht so tun, als sei das mein Verdienst oder allein mein Verdienst, als hätten nur ich und meine Mitarbeiter den Grundstein gelegt und sonst niemand   … Ich weiß, Ihnen muss ich das nicht erklären. Aber wenn eines Tages in irgendeinem Archiv jemand diese Bänder abhört, dann möcht ich nicht als Narziss und Goldmund in einer Person dastehen. Als der Narziss der Computerei, der nur von sich selbst spricht und nur sich selbst sieht und preist, das wäre mir äußerst unangenehm   … Wie dieser Markt explodiert ist, Computer in jedem Büro und bald in jeder Bauernstube, an dieser Entwicklungschreibe ich mir einige Verdienste zu, so ist es nicht, aber ich will nicht überheblich werden, auch nicht heute, wo fast jede Woche jemand anklingelt und mir einen Doktorhut oder einen Orden anbietet oder ein Institut oder eine Schule oder eine Straße oder was weiß ich mit meinem Namen schmücken will. Nein, gerade heute muss ich den Leuten sagen: Auch ohne mich wäre alles mehr oder weniger so gekommen wie es heute ist   … Ach was, lassen Sie die Komplimente! Das steht Ihnen nicht! Das hat es oft gegeben, an verschiedenen Orten der Welt wird an ähnlichen Erfindungen gebastelt, und diese Leute wissen nichts voneinander. Die Briten hatten gleichzeitig ihre binäre Maschine, aber nicht frei programmierbar. Die tüchtigen Amis, Jahre später, den frei programmierbaren Mark, aber mit Dezimalsystem und fünfunddreißig Tonnen. Kurz, wenn einer von den Kollegen irgendwo einen Schritt weiter war als ich, mit den Röhren oder mit den Verzweigungen, dann lag er auf anderen Teilgebieten drei Schritte zurück. Der große Sprung kam erst durch ihren Sieg Fünfundvierzig, da erst konnten sie mich überholen   … Aber sie hätten das alles, sie haben alles auch ohne mich geschafft, was sie geschafft haben in diesen ersten beiden Jahrzehnten. Da gibt es nichts zu rütteln, das muss ich einfach anerkennen   … Ja, da haben Sie recht, umgekehrt auch, ich hätte auch alles alleine anstoßen können. Angenommen, die Amis hätten geschlafen, angenommen, ich hätte ähnlichhohe Forschungsmittel gehabt und der Krieg hätte mir nicht die Maschinen zerhauen und wichtige Aufzeichnungen verbrannt, dann wäre Deutschland die Computer-Weltmacht Nummer eins geworden   … Sehen Sie, da sind wir schon wieder beim Spekulieren, bei diesen hübschen Waswärewenn-Fragen. Sie sind auch so einer, der mit Waswärewenn-Fragen seine Späße treibt. Zu viel Phantasie, junger Mann, zu viel Spieltrieb, zu viel rückwärtsgewandtes Spekulieren, darf ich Ihnen das unterstellen?   … Dabei wollte ich mich doch nur vor meinen Konkurrenten aus den USA verneigen und öffentlich zugeben: Es hätte mich nicht gebraucht, und es wären trotzdem Computer erfunden und entwickelt worden, auch ohne mich   … Wissen Sie, ich mag das gar nicht, wenn ich irgendwo eingeladen bin und die Begrüßungsonkels, die Oberbürgermeister, die Hampelmänner von Staatssekretären, die Oberpräsidenten und wie sie alle heißen, wenn die sich aufplustern und behaupten, ohne

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