Die Frau, für die ich den Computer erfand
zur A 2. Obwohl das eigentlich bedauerlich ist, ich könnte ins Schwärmen geraten, wenn ich an die Eleganz des Gleitkommas denke … Nein, nein. Jetzt ist endlich mal das Positive an der Reihe, die positiven Gefühle, das Wahre, Schöne, Gute, ich könnte auch sagen, ein Märchen. Also, jetzt erzähle ich Ihnen zur Abwechslung ein Märchen. Es war einmal an einem schönen Sommertag des Jahres 1940, da klopften drei Männer an meine Tür in der Methfesselstraße. Ich war nicht erschrocken, nein, ich war sehr erfreut, denn ich hatte sie eingeladen, meine A2 zu besichtigen und zu prüfen. Trotzdem war mir bange ums Herz, denn bei den letzten Probeläufen war mein Testmodell immer wieder ins Stocken geraten, weil irgendwelche Kontakte nicht richtig funktionierten. Aber nun standen sie in der Werkstatt, die hohen Herren von der Deutschen Versuchsanstalt für Luftfahrt, ich bat sie um ihreRechenaufgaben, und ich hatte Glück. In Sekundenschnelle waren die kompliziertesten Aufgaben gelöst, richtig gelöst, und alles ohne Störungen. Am Ende gab es einen Vertrag und Geld: Die DVL hat sich an der Finanzierung der A3 beteiligt, die war ja schon im Bau und ziemlich weit entwickelt. Und ich durfte bei Henschel bleiben und sogar eine eigene Firma gründen für meine Freizeitbeschäftigung, die A 3, und so ging es munter weiter in das nächste Kriegsjahr. Und wenn sie nicht gestorben wäre, die A 2, die mich gerettet hat, wenn sie nicht unter den Bomben gestorben wäre, dann lebte sie noch heute, bestaunt und angebetet in irgendeinem Museum … Und noch ein Märchen, wollen Sie es hören? … Es war einmal an einem schönen Maientag des Jahres 1941, da klopften drei Männer an meine Tür in der Methfesselstraße. Ich war nicht erschrocken, nein, ich war sehr erfreut, denn ich hatte sie eingeladen, die fertige A3 zu besichtigen und zu prüfen. Diesmal war mir nicht bange ums Herz, denn die letzten Probeläufe waren zu meiner Zufriedenheit ausgefallen, obwohl wir fast alles mit Altmaterial hatten basteln müssen. Die verschiedenen Typen der Relais erforderten verschiedene Spannungen, das bedeutete viel mehr Arbeit und mehr Risiken. Hätten wir das Geld und die Genehmigung gehabt, neue Relais zu kaufen, hätten wir uns viel unnötige Fummelei und viele Wochen Arbeitszeit sparen können. Aber die Dinger waren ja kriegswichtig, da kamen wir gar nichtran … Nun standen sie in der Werkstatt, die hohen Herren von der Deutschen Versuchsanstalt für Luftfahrt, ich bat sie um ihre Rechenaufgaben, und siehe da, ich hatte wieder Glück. Noch kompliziertere Aufgaben wurden noch schneller gelöst, richtig gelöst, drei Sekunden pro Aufgabe, alles ohne Störungen, sechshundert Relais im Rechenwerk, achtzehnhundert Relais im Speicherwerk hatten tadellos die Programme bewältigt für lineare Gleichungssysteme, quadratische Gleichungen und für Determinanten. Die Herren waren begeistert, sie stellten uns einen Kredit in Aussicht, sie riefen lauter als sonst Heil Hitler!, als sie gingen. Auch ich antwortete mit dem deutschen Gruß, natürlich, mit welchem Gruß denn sonst? Die Herren waren zufrieden mit dem Prototypen, wir durften weitermachen, die Maschine weiterentwickeln … Es war geschafft, ein Wunder, ein Märchen, eine Sensation, egal, was Sie da aus dem Vokabelspeicher holen, es war geschafft, im Mai …
(Kein Blumenstrauß und zwei Flaschen Mosel)
Aber denken Sie, da hätte sich jemand feierlich vor mir aufgebaut mit einem Blumenstrauß oder einem Präsentkorb und tief Luft geholt? Und gesagt: Mein Lieber, Ihre A1 war wirklich ein ordentlicher Anfang, ein Grundstein für den Fortschritt der Menschheit im 20. Jahrhundert, auch wenn sie wegen dervielen Bleche nicht so richtig funktioniert und noch nicht mit Programmverzweigungen gearbeitet hat. Jetzt aber, und das mit satter Feierlichkeit in der Stimme, die A 3, ich gratuliere, dies ist … Los, sprechen Sie mit! … Dies ist die erste frei programmierbare, vollautomatische, programmgesteuerte, binär arbeitende Rechenmaschine, dies ist der erste voll funktionierende Computer der Welt … Danke, Sie haben schon dazugelernt heute Abend, junger Mann … Und jetzt noch mal, Sie allein, bitte … Gut, setzen! … Ja, das war zwei Jahre vor Mark 1 in Harvard. Der überdies ganz altmodisch umständlich im Dezimalsystem tickte. Die waren noch nicht mal bei Leibniz angekommen. Da beißt nun keine Maus mehr einen Draht ab, keine amerikanische
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