Die Frau, für die ich den Computer erfand
mit den heute üblichen Rechengeschwindigkeiten. Mit der binären Logik, mit Null und Eins, hätten wir, verzeihen Sie, dieser Kalauer fällt mir gerade ein … Mit Null und Eins hätten wir die Stunde Null auch nicht verhindert … In meinen Erinnerungen bin ich ja auf das Gerücht eingegangen, Albert Speer habe mit Hitler über meine Rechenmaschinen gesprochen, erinnern Sie sich? … Umso besser. Ich hab es nie geglaubt, aber ich hab das Gerücht trotzdem kolportiert,das muss ich nun doch mal beichten. Wenn man lange unterschätzt war, wird man ein bisschen anfällig für Schmeicheleien. Das Gerücht als solches ist ja schon eine Schmeichelei, selbst wenn es völlig erstunken und erlogen ist. Aber als ich die Erinnerungen geschrieben habe, hatte ich das offenbar noch nötig, mit Hitler und Speer anzugeben. Heute nicht mehr, hoff ich doch, wo ich oft genug in der ersten Reihe sitze … Also, Speer soll von der A3 oder der A4 gehört haben und Hitler gesagt haben, diese Erfindung werde zum Endsieg beitragen. Und der, unser einstiger Führer, soll geantwortet haben, eine Antwort übrigens, die sich jeder kleine Kabarettist, jeder Witzbold ausrechnen kann: Den Endsieg erringe ich mit dem Mut meiner Soldaten und nicht mit einer Rechenmaschine! … Im Ernst, ich bin sicher, dass die Kenntnis von meinen Rechnern niemals bis in das Vorzimmer von Speer gedrungen ist … Nein, nie, damals schon gar nicht und nach seiner Spandau-Zeit auch nicht. Ich hätte ihn fragen können, einen Brief schreiben. Aber damit hätte ich gezeigt, dass ich irgendwie an das Gerücht geglaubt habe. Hab ich nicht. Also vergessen wir das. So viel zur Dringlichkeit … Verstehen Sie meine Abneigung gegen Behörden? Das kann doch kein Beamter entscheiden, welche technische Entwicklung wie dringlich ist oder in naher Zukunft sein wird. Das weiß doch nicht mal der Erfinder, jedenfalls meistens nicht. Überhaupt, diese bürokratische Aufteilung, Dringlichkeitsstufeeins oder zwei oder drei. Und dann, was angeblich kriegswichtig ist und so weiter. Und kriegsentscheidend! Merken Sie, was da für eine Überheblichkeit steckt in diesen Kategorien? Das ist heute noch genauso, diese Dilettanten in den Ämtern, die Achtelfachleute, die über Forschungsgelder entscheiden. Das nur am Rande. Auf die Beamten in den Patentämtern komm ich noch, meine speziellen Freunde, erinnern Sie mich auf jeden Fall an die. Schreiben Sie das Stichwort auf Ihren Block. Falls ich doch etwas müde werde, da werd ich sofort hellwach …
(Management im Bombenhagel)
Wenn es einen freien Markt gegeben hätte … Ich weiß, wenn das Wörtchen Wenn nicht wär … Ich liebe diese wunderbar pubertären Wenn-Sätze, also lassen Sie mich diesen Gedanken mal ausspinnen. Sie wollen doch, dass ich alles ausspreche, was mir durch den Kopf schwirrt, und ich nutze diese Gelegenheit, mal alles auszusprechen, was mir durch den Kopf schwirrt. Wer weiß, wann ich wieder eine Gelegenheit habe und ob ich mich dann so gut in Form fühle wie heute und ob ich mit den andern beiden Herren so locker ins Reden komme, prost! … Das war eine gute Idee mit dem Riesling … Also, wenn es einen freien Markt gegeben hätte, dann hätten Freund Hartmut und ich, wenn wir das Geld dafür beschafft hätten, einen Röhrenrechnerentwickelt, fürs Erste hatten wir an zweitausend Röhren gedacht. Wir wollten das genau mit den Röhren machen, mit denen die Amis ihren ENIAC bauten, der dann 1946 der staunenden Welt präsentiert wurde. Eigentlich noch gar kein Computer, weil er nicht frei programmierbar war und mit Dezimalsystem. Bei uns hieß es wie immer: keine Dringlichkeit, also kein Personal, kein Material. Hartmut durfte an der Uni ein Versuchsmodell bauen, eine Miniversion. Das Ding hat funktioniert, aber am Ende des Krieges kam eine Bombe geflogen oder die russische Artillerie, ich weiß es schon nicht mehr, und der erste Röhrencomputer der Welt wäre nur unter einem riesigen Trümmerberg zu bestaunen gewesen … Sicher, der lief auch mit Röhren, und binär, also besser als die amerikanischen Geräte. Dieser Colossus ist richtig berühmt geworden, weil er den Briten geholfen hat, die Funksprüche der Wehrmacht zu entschlüsseln und den Krieg zu verkürzen, aber er war nur ein Spezialrechner und nicht frei programmierbar. Ich seh das alles mit höchstem Respekt, was unsere Konkurrenz auf die Beine gestellt hat, aber die Unterschiede sind schon gewaltig …
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