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Die Frau, für die ich den Computer erfand

Die Frau, für die ich den Computer erfand

Titel: Die Frau, für die ich den Computer erfand Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Friedrich Christian Delius
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das ist ein anderes Thema. Was ich sagen wollte, mein Lebenswerk, so hab ich das gesehen, war die A 4.   Da steckt alles drin, das war die Aufgabe, auf die wir uns nach jeder Entwarnung wieder gestürzt haben, biszum nächsten Alarm. Das Leben, es musste ja irgendeinen Sinn haben. Und da gab es keinen Zweifel: Das machen, was man am besten kann   …

(Ewig-Weiblich)
     
     
     
    Außerdem, ich hab mich verliebt und geheiratet, mitten im Trümmerchaos mit Frack und Zylinder. Das war auch Sinn, Sinn des Lebens, gerade in dieser Zeit, wenn ich das mal so platt auf Ihr Band laden darf   … Sie können jederzeit auf die Stopptaste drücken   … Nein, dazu hören Sie von mir nichts, Familiendinge sind Privatsache, da bin ich ganz altmodisch, die haben auch nichts mit dem Auf und Ab der Erfinderei zu tun   … Klar! Ada ist trotzdem an meiner Seite geblieben, Ada hab ich die Treue gehalten. Ich hab sie natürlich aus meinem Bett verbannt. Da war dann Schluss mit Heimatkunde. Ada, meine ständige Begleiterin beim Planen, Grübeln, Programmieren   … Ja, das ist vielleicht der einzige Punkt, an dem ich immer faustisch geblieben bin oder faustisch gefühlt habe: das Ewig-Weibliche, Sie wissen schon, hinan. Ada hat mich in jeder Lage, in jeder schwierigen Situation vorwärts, aufwärts gezogen. Hinan, so ein winziges Wörtchen und so stark. In diesen beiden Silben hab ich Adas Kräfte gespürt, wie sie mich vorwärts gezogen hat und aufwärts   … Natürlich kann ein Mann zwei Frauen gleichzeitig lieben. Er darf nur die Ja-Nein-Logik nicht vergessen.Und denken Sie bloß nicht, bei Ada wäre alles nur abstrakt gewesen, nur kühl mathematisch. Nein, Ada hat mich gewärmt, und ich sie auch, hoff ich doch, mit Gleichungen, Wurzeln, Formeln, Schaltungen. Die ganze schöne Sinnlichkeit des Rechnens. Der Rausch des Richtigen, der zieht einen wirklich hinan, sag ich Ihnen   … Ja, schade, dass Sie keine Ahnung davon haben und nie eine Ahnung davon haben werden, niemals den Hauch einer Ahnung   … Auch als verheirateter Mann hab ich fast ununterbrochen gearbeitet. Wenn die Luftangriffe mich vom Gerät weggerissen haben, man musste die Zeit nutzen, war die mathematische Logik dran. Da hab ich mich in die Finessen der Schaltalgebra gestürzt und eine Dissertation vorbereitet. Ganz schön verrückt, was? Sogar im Luftschutzkeller mit Mathematikern diskutiert, mit einem unserer ganz großen Mathematiker sogar, mit Scholz! Aber die Namen sagen Ihnen ja alle nichts   … Genau, im Bunker, wo betrunkene alte Männer vor sich hin lallen, Frauen herumzanken, Kinder jammern, Soldaten schnarchen, Dreck, Schweißgestank, verbrauchte Luft, und wir auf den Holzbänken, ohne Lehnen, versteht sich, wir reden über Logik und Künstliche Intelligenz. Als alles in Scherben fiel, da haben wir nach einer brauchbaren Programmiersprache gesucht   … Mysterien haben Sie das vorhin mal genannt, Mysterien der Mathematik, das klingt ganz schön, junger Mann. Aber es stimmt von vorn bis hinten nicht. Geheimnisvoll ist da absolutnichts, im Gegenteil. Es gibt nichts, was klarer und durchschaubarer wäre als die mathematische Logik – unser Hirn ist nur zu faul oder zu dumm, geradeaus zu denken. Nicht nur Ihr Hirn, mit Verlaub, sondern auch meins   … Nein, da gibt es nichts Dunkles, da zählen die Zahlen und nicht die Deutungen und die Meinungen und Denkfaulheit erst recht nicht. Da wird man bescheiden und schwatzt nicht gescheit daher von Mysterien oder so was   … Und während es zusammengekracht ist, das Deutsche Reich, hatte ich wenigstens einen Vorteil, ich konnte mich an meine heimliche Verbündete bei der Siegermacht halten   …

(Krieg verloren, Computer geboren)
     
     
     
    Immerhin, statt der Doktorarbeit ist die A4 fertig geworden kurz vor dem Ende. Wenn auch in einer simpleren Version als ich geplant hatte, ohne bedingte Sprünge. Es war ja praktisch gar nicht mehr an Material heranzukommen. Der Krieg ging verloren, der Computer war geboren, so hat später ein Polier beim Richtfest in Bad Hersfeld gedichtet. Der Spruch hat was, oder? Genial einfach: Der Krieg ging verloren, der Computer war geboren. Und das von einem ehrlichen Handwerker und nicht von einem Schreiberling. Nachmachen! So jemand müsste ein Vorbild sein für Sie   … Na, weil in dem Wort geboren die ganze weibliche Kraft steckt, Energie, Ausdauer. Eine Anspielung aufAda, so hab ich das immer verstanden, als die Mutter der A 4.   Und das von einem ahnungslosen

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