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Die Frau, für die ich den Computer erfand

Die Frau, für die ich den Computer erfand

Titel: Die Frau, für die ich den Computer erfand Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Friedrich Christian Delius
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Gedankensprung, irgendein Salto im Kopf, und plötzlich hatte ich die Lösung, die ich den ganzen Tag gesucht hatte:
Rechnen heißt, aus gegebenen Angaben nach einer Vorschrift neue Angaben bilden.
Merken Sie, wie dichterisch dieser Satz ist? Natürlich, können Sie sagen, der Rilke-Schüler, der Schwiegersohn von Lord Byron   … Es war dies «Servus, Herr Dichter!», das hat mich auf die richtige Bahn gelenkt. Ich saß im Gras bei den Käfern, ich, der junge Vater, der Pilzesammler, der Brennesselsalatesser, der Gemsenpinselmeister, und skizzierte im Notizbuch, wie ich eine Vielzahl elementarer Anweisungen verknüpfe, koordiniere und automatisiere. Von den Kruzifixenund Käfern und Briefträgern zu Sprungbefehlen, Stabwerten und Paarlisten hin zum universellen Formalismus einer algorithmischen Sprache, wie man heute so sagt   …

(Jedes Küchenrezept ist ein Algorithmus)
     
     
     
    Ich seh schon Ihr Gesicht, ich hab verstanden. Sie sind mir wirklich ein seltsamer Geselle. Immer wenn ich einen mathematischen Begriff verwende, einen ganz selbstverständlichen Begriff, der längst zur Allgemeinbildung gehört, außer in Ihren Kreisen offenbar, dann kriegen Sie dieses merkwürdige Zucken im Gesicht. Selbst nach Mitternacht noch so eine Ungeduld in den Augen, mit der Sie mich anflehen, als wäre ich Ihr Folterer: Verschonen Sie mich mit diesen mathematischen Dingen, ich verstehe nichts davon! Statt dass Sie sich schämen und die Begriffe notieren, mich befragen oder zu Hause nachschlagen. Lieber tun Sie so, als sei das meine Marotte. Oder als müssten Sie mich dafür bestrafen, dass Sie so schlechte Mathematiklehrer hatten und immer ein Mangelhaft im Zeugnis. Das Mangelhaft haben Sie verdient, muss ich mal ganz offen sagen, besser noch ein Ungenügend, eine Sechs minus   … Und wahrscheinlich hatten Sie noch nicht mal einen schlechten Mathematiklehrer, der ist nur der Sündenbock, die beliebteste Ausrede für faule Leute wie Sie. Sie sind ganz schön arrogant,junger Mann. Denken Sie mal darüber nach, gehen Sie mal in sich, wenn Sie wieder zu Hause sind. Ich spreche ganz schlicht vom A und O unseres Lebens, vom Alltag, von den Grundlagen! Ich fass es nicht, diese Ignoranz der sogenannten Gebildeten   … Jedes exakte Küchenrezept ist ein Algorithmus! Und Sie zucken mit den Schultern. Haben Sie nie gekocht, oder was? Jeder Opernsänger und jeder, der ein Instrument spielt und die Tonfolge der Noten wie vorgeschrieben vom Blatt singt oder spielt, folgt einem Algorithmus! Jede Bedienungsanleitung ist ein Algorithmus, jeder Schaltplan, jede Montageanleitung!   … Also, merken Sie sich das endlich und sprechen Sie mit: Einen Rechenvorgang, los!   … Einen Rechenvorgang, der nach einem bestimmten, bis in alle Einzelheiten festgelegten, sich wiederholenden Schema abläuft zur Lösung definierter Probleme, den nennen wir   … Brav, Herr Dr.   Erstklässler. Ich hab damals noch als guter Deutscher Vorschrift dazu gesagt. Und fürs Programmieren hab ich das schöne Wort Kalkül von Leibniz benutzt, eine Verneigung vor dem Alten, der uns das duale System geschenkt hat. Und Programm hieß bei mir Rechenplan, was ja viel anschaulicher ist, nebenbei. Aber ich werde Sie mit den Einzelheiten verschonen. Habe jetzt keine Lust, all meine schönen Formeln noch einmal aufzublättern. Wissen Sie, ich habe gegrübelt und vor mich hin geschrieben, weil ich das für mich klären wollte. Weil mir klar war, dass es für die immer schnellerenRechner immer mehr Anwendungsmöglichkeiten geben wird und dass man die elementaren Anweisungen automatisieren muss. Mitten im ländlichen Kuhgebimmel und Glockengebimmel ist so die erste algorithmische Programmiersprache entstanden   …

(Bill Gates und die Gebrauchsanweisung)
     
     
     
    Und was macht der Trottel, der hier neben Ihnen sitzt? Er steckt das Papier, dreihundert Seiten immerhin, in die Schublade – und vergisst es. Fünfundvierzig oder Sechsundvierzig war an eine Veröffentlichung nicht zu denken, die Pilze, das Brot und die Milch waren wichtiger. Das waren die echten Werte. Dann die mühsamen Versuche, sich irgendwo nützlich zu machen mit Rechenkünsten, der Aufbau der Firma, rund um die Uhr. Ich hab es wirklich vergessen, was ich da geschrieben hatte. Anfangs hab ich noch gedacht, wenn du mal in die Nähe einer ordentlichen mathematischen Bibliothek kommst, setzt du dich an einem ruhigen Tag hin und reparierst die paar Stellen, wo du geschwächelt hast und vielleicht zu

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