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Die Frau, für die ich den Computer erfand

Die Frau, für die ich den Computer erfand

Titel: Die Frau, für die ich den Computer erfand Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Friedrich Christian Delius
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Nein, ich konnte das trennen. Ada spukte mir bei den Plänen und Ideen durch den Kopf, und zu Hause, vor meiner Frau, war mir diese Affäre niemals peinlich. Es war eine Arbeitsaffäre, nichts weiter, auch nichts Körperliches mehr. Der Eros der Arbeit, die Erfindungslust, die Phantasiearbeit, das war Ada für mich, eine erotische Antriebskraft gewissermaßen. Das Umögliche im Möglichen, nur so konnte man durchhalten   … Ah, das ist interessant. Ja, die alten Griechen, die wussten noch, wie der Mensch tickt. Ich hab das wirklich nicht gespeichert, Eros als Gegensatz zum Chaos. Das ist es! Kompliment!   … Hab ich nicht im
Faust
irgendwo den Satz gelesen über Mephisto:
Des Chaos wunderlicher Sohn?
… Danke. Könnte ich jetzt analog über Ada sagen: Des Eros wunderliche Tochter?   … Na ja, so toll klingt das nicht, aber das ist nicht mein Job, das wollen wir dem alten Goethe überlassen   … Nein, nein. Ich hab es immer abgelehnt, an mir herumzupsychologisieren. Ich bin gewohnt, die Tatsachen zu sehen, und Tatsachewar, ich konnte mich Ada nicht mehr entziehen und wollte mich ihr nicht entziehen, da hätte ich mich ja ins eigene Fleisch geschnitten   … Vielleicht kann man Schönheit gar nicht besitzen, es ist immer ein Sehnen und Suchen   … Natürlich war es absurd, mich als ihr Verehrer aufzuspielen, vor mir selber aufzuspielen   … Zerbrechen Sie sich etwa den Kopf, ob Ihre Liebe vor allen Instanzen dieser Welt gerechtfertigt ist? Bestimmt nicht. Ich wusste von Anfang an, dass alles, was mit Ada zu tun hat oder was ich mit Ada zu tun habe, absurd ist und verrückt. Aber was wäre man denn für ein armseliger rationaler Mensch, wenn man keine geheimen Verrücktheiten zu pflegen hätte und keine Absurditäten? Gerade als fanatischer Logiker braucht man doch Ausgleich, meinen Sie nicht?   … Nein, nur in einem hab ich ihren Rat nicht befolgt. Sie wollte immer, dass ich mein Englisch verbessere. Mir sträuben sich ja selber alle Haare, wenn ich mich höre, wie ich mit meinen englischen Vokabeln herumstochere. Ich hab es einfach nicht geschafft, neben meinen neunundneunzig Berufen noch Business-English für Fortgeschrittene zu pauken   …

(Betriebsgeheimnis)
     
     
     
    Also, weiter in Neukirchen, Kreis Hünfeld, die Anfänge dort. Was liegt da noch im Tresor der Gefühle?   … Nein, da fällt mir was ein. Ein Tip für Sie, eineEmpfehlung   … Wir haben uns jetzt lange mit mir beschäftigt, gut und schön. Aber Sie sollten Ihre journalistische Aufmerksamkeit auch mal auf Ada Lovelace richten. Sie müssen doch objektiv sein, oder? Dann sollten Sie nicht nur auf mich hören. Dann sollten Sie versuchen herauszufinden, was sie zu unserer lebenslangen Liebesgeschichte meint, aus ihrer Sicht. Ob es auch für sie eine Liebesgeschichte war. Für mich, das sag ich mit einem gewissen, nun ja, Stolz, war es eben keine Affäre. Sie soll ja einige Affären gehabt haben in ihren letzten Jahren   … Sie sind jung genug, mit Ihnen wird sie sprechen, mit Alten wie mir spricht sie nicht mehr gern. Das muss man verstehen, sie ist nur sechsunddreißig geworden. Es schmeichelt ihr, dass ihr Name wieder auferstanden ist mit dem Siegeszug der Computer. Ihr Name ist ja regelrecht okkupiert worden von Militärs und Feministinnen. Eine lustige Allianz, oder?   … Wissen Sie, ich lege wirklich nicht den geringsten Wert darauf, dass ich es war, der sie entdeckt hat im Jahr Achtunddreißig, in der Anmerkung in diesem Buch. Wenn meine Aufzeichnungen nicht verbrannt wären, könnte ich Ihnen sogar den Titel verraten. Seit damals sollte Ada mein schönstes Geheimnis bleiben, mein Betriebsgeheimnis gewissermaßen   … Als die amerikanischen Militärs ihre vielen Programme vereinheitlichen wollten und die Programmiersprache Ada genannt haben, da hab ich natürlich nicht beleidigt gerufen: Ada ist mein, nurich hab ein Recht auf ihren Namen! Meine Computer tragen das große A von Ada! Und dann eine Frau, und ausgerechnet diese, eine Dichtertochter, für ein militärisches Programm, was denkt ihr euch dabei, was seid ihr für Schweine! Eine Vergewaltigung, anders kann man das nicht nennen. Ich habe geschwiegen, nicht vornehm, nur wütend. Und als die Feministinnen Ada als erste Programmiererin gepriesen und für sich reklamiert haben, weil sie als Frau schwer diskriminiert worden ist wie damals üblich, da hab ich auch nicht laut gerufen: Hängt euch nicht auch noch an ihre Schürze! Ada ist meine Geliebte! Bei mir ist

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