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Die Frau im Fahrstuhl

Die Frau im Fahrstuhl

Titel: Die Frau im Fahrstuhl Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Helene Tursten
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auf den Umzug und dachte an kaum etwas anderes.
    Deswegen war der Brief in der ersten Augustwoche fast so etwas wie ein Schock für ihn.
     
    »Hiermit teilen wir Ihnen mit, dass Sie zu den Teilnehmern unserer beliebten Weinreise an die Loire gehören!
    Abfahrt vom Stora Torget am 20. September um 9 Uhr. Am 30. September sind wir wieder um ca. 19 Uhr zurück.
    Das detaillierte Programm verschicken wir in einem Monat.«
    Er durfte mitfahren! Wie durch ein Wunder war plötzlich alles so gekommen, wie er es sich gewünscht hatte. Zum ersten Mal in seinem Leben hatte er das Gefühl, Glück zu haben. Er war ein Glückspilz! Ein richtiges Sonntagskind!
     
    Die Busreise nach Frankreich war durch und durch geglückt. Natürlich gab es einige Leute, die an allem etwas auszusetzen hatten, aber so war das schließlich immer. Die meisten Teilnehmer waren sehr nett. Eine Frau hatte es Sven vor allem angetan. Sie war klein und mollig und hatte ein liebes Gesicht. Ihr Lachen war ansteckend, und sie lächelte und lachte oft. Sven bekam gute Laune, wenn er sie nur sah. Je besser er sie kennen lernte, umso wärmer wurde es ihm ums Herz. An einem der letzten Abende, den sie auf einem Weingut an der Loire verbrachten, erkannte er, dass sie genauso empfand wie er.
    Auch nach der Reise trafen sie sich regelmäßig. Sie hieß Eva und war seit sechs Jahren geschieden. Ihre drei Töchter wohnten in der Stadt und hatten Eva sieben Enkelkinder geschenkt. Da Eva gerne viel Zeit mit ihren Kindern und Enkeln verbrachte, hatte Sven immer noch sehr viel Zeit für sich. Das war schön. Er hatte keine große Lust, sich von Evas großer Familie vereinnahmen zu lassen. Sie wohnten getrennt und waren trotzdem zusammen. Es war perfekt.
     
    Nach Weihnachten merkte er, dass seine Augen schmerzten, besonders das rechte. Vielleicht brauchte er eine neue Brille? Er konnte sich nicht erinnern, wann er die letzte gekauft hatte. Es war mindestens acht Jahre her. Resolut ließ er sich einen Termin beim Optiker geben.
     
    »Das sollte sich ein Augenarzt ansehen«, meinte der Optiker.
    Er hatte einen Sehtest gemacht und war dabei, den Augendruck zu messen.
    »Ein Augenarzt?«, fragte Sven beunruhigt.
    »Ja. Sie haben einen sehr hohen Druck im rechten Auge. Im linken ebenfalls. Am schlimmsten ist es jedoch im rechten. Ich gebe Ihnen eine Überweisung.«
     
    »Star in beiden Augen. Das rechte müssen wir sofort operieren.«
    Der Augenarzt erklärte ihm, wie die Operation ablaufen würde. Da sein rechtes Auge in einem so schlechten Zustand war, wurde ihm äußerste Priorität eingeräumt.
    »Diese Operationen führen wir immer samstags durch. Anschließend können Sie sich eine Weile ausruhen, und dann werden Sie nach Hause entlassen. Das Beste wäre, wenn Sie jemand fahren könnte.«
    »Das lässt sich vermutlich einrichten«, meinte Sven.
    Eva hatte ein Auto und würde ihn sicher abholen. Er hatte Angst vor der Operation, sah aber ein, dass sie notwendig war. Sein Auge schmerzte ständig.
    »Machen Sie sich trotzdem auf eine Wartezeit von mindestens drei Monaten gefasst«, lauteten die letzten Worte des Arztes.
    Zwei Wochen später rief die Sprechstundenhilfe bei ihm an.
    »Jetzt ist es so weit. Wir operieren das rechte Auge. Sie haben Samstag um neun einen Termin. Ich schicke Ihnen ein Merkblatt, auf dem steht, worauf Sie achten müssen«, sagte sie.
    Sven hatte ein seltsames Gefühl, als er auflegte. Wie war es nur möglich, dass er so schnell an die Reihe gekommen war? Natürlich fand er es angenehm, dass das Auge operiert wurde, aber es erschien ihm merkwürdig, dass es plötzlich überhaupt keine Wartezeit mehr gab. Er schob diesen Gedanken beiseite und bereitete sich auf die Operation vor.
     
    Die Operation verlief problemlos. Der Arzt verwendete Laser, und Sven benötigte nur eine örtliche Betäubung. Am schlimmsten war die Woche danach. Das Auge tat weh, und er nahm nur Schatten und Helligkeit wahr.
    Bei der Kontrolluntersuchung schlug die Ärztin vor, ihn für die Operation des anderen Auges auf die Warteliste zu setzen, aber Sven zögerte.
    »Ich will noch warten und sehen, wie dieses Auge verheilt«, meinte er.
    »Natürlich. Ich verstehe, dass Sie das alles im Augenblick etwas anstrengend finden, aber ich verspreche Ihnen, dass es Ihnen in ein paar Tagen bereits besser gehen wird«, sagte die Ärztin.
    Sie verschrieb ihm Augentropfen und gab ihm das Rezept.
    »Warten Sie mit dem anderen Auge nicht zu lange. Im Augenblick beträgt die Wartezeit acht

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