Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Frau im Kühlschrank

Die Frau im Kühlschrank

Titel: Die Frau im Kühlschrank Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gunnar Staalesen
Vom Netzwerk:
ich.«
    »Varg – Veum.« Ich hob die Hand augenblicklich und abwehrend. »Ich kann dir meinen Führerschein zeigen, wenn du mir nicht glaubst.«
    Sie lachte: ein leichtes, perlendes Lachen. »Ich glaube dir. Deine Eltern müssen Sinn für Humor gehabt haben.«
    »Das kann man wohl sagen – auf Kosten anderer.«
    Ihre Hand strich wie zufällig über die Haare auf meinem Handrücken. »Und was führt dich nach Stavanger – Öl?«
    Ich schüttelte den Kopf, holte das kleine Bild von Arne Samuelsen hervor und hielt es ihr hin. »Er.«
    »Er?« Sie blickte verständnislos zu mir auf. »Wer ist das?«
    »Ein Typ aus Bergen. Er ist verschwunden, und seine Mutter macht sich Sorgen.«
    »Also du … Sag mal, bist du …« Sie war plötzlich auffallend kühl.
    »Privat«, sagte ich.
    »Was?«
    »Schnüffler, aber nicht von der Polizei.«
    »Ein – eine Art Detektiv?« Sie lächelte wieder, fast ungläubig.
    »Ich nenn mich nicht gern so. Das hört sich an wie in einem Krimi aus den vierziger Jahren. – Du kennst ihn nicht zufällig?« Ich nickte der Fotografie zu.
    Sie sah darauf, schüttelte langsam den Kopf. »Nein … Ich glaube nicht. Er hat jedenfalls nie – ich meine …« Sie sprach nicht weiter, aber ich verstand, was sie meinte.
    Sie trank einen Schluck aus ihrem Glas. Leere war in ihre Augen getreten. »Also, dann bist du auch nicht – interessiert, nein?«
    »Leider. Ich – ich würde schon gerne, aber …«
    Sie lächelte traurig. »Ist schon gut. Ich verstehe. Das macht nichts. Es gibt genug andere, aber du siehst irgendwie – nett aus.« Sie trank aus, hielt mir das leere Glas hin und sagte: »Danke jedenfalls. Ein andermal, vielleicht?«
    Ich sagte: »Vielleicht.«
    Sie stand auf, lächelte, hängt sich die Umhängetasche über die Schulter und ging weiter zwischen den Tischen hindurch, hinaus zur Toilette. Viele Blicke folgten ihr, es gab also sicher jemanden, zu dem sie zurückkommen konnte.
    Ich zahlte für das Essen und den Wein und stand auf und ging an die Bar. Wenn ich allein sitzenblieb und wartete, würde ich nichts herausfinden. Mit Barkeepern ist es wie mit Taxifahrern: Sie kennen alle Adressen, und sie wissen, was los ist und wo. Es war auf jeden Fall den Versuch wert. Ich fand einen freien Barhocker und versuchte, die Aufmerksamkeit des Barkeepers zu erregen.
    »Hier riecht es nach Messing«, sagte eine tiefe Stimme neben mir.

10
    Der Mann mit dem schneeweißen Haar und dem rotgefleckten jugendlichen Gesicht lächelte mich gutmütig an. »Ich hab doch gesehen, wie du Elsa ein Bild gezeigt hast. Also, wenn es kein Nacktfoto von dir war und sie einen Schrecken bekommen hat, dann …« Er zuckte mit den Schultern. Er war klein, hatte einen froschartigen Körper, kurze Beine und einen breiten Oberkörper. Die Augenbrauen waren breit und grauweiß, die Augen hell und humorvoll. Er trug einen grauen Anzug, ein weißes Hemd und einen altmodischen, schmalen, weinroten Schlips. Er mußte etwa sechzig Jahre alt sein.
    Er reichte mir eine Hand und stellte sich vor. »Benjamin Sieverts. Freut mich.« Er horchte auf die Antwort.
    »Veum«, sagte ich. »Und dein Geruchssinn hat dich getäuscht. Ich bin nicht von der Polizei, ich suche nur jemanden.«
    »Veum?« fragte er. »Bergenser …« Er sah mich nachdenklich an. »Noch einer fürs Archiv?«
    Ich sah fragend zurück. »Archiv?«
    »Ich habe einen Fehler – oder eine Eigenschaft, je nachdem wie man es sieht. Wenn ich ein Gesicht einmal gesehen habe, dann erinnere ich mich für immer daran. Ich kann Kunden einordnen, die ich zuletzt vor dreißig Jahren gesehen habe. Ja, mit den Jahren ist es so geworden, daß es mir leichter fällt, Leute einzuordnen, die mir gleich nach dem Krieg begegnet sind, als solche, die ich vorgestern getroffen habe.«
    »In meinem Beruf wäre das eine vortreffliche Eigenschaft.«
    »Ach ja? Und was bist du von Beruf?«
    Der Barkeeper kam, und ich wartete mit der Antwort. Ich bestellte einen Orangensaft, und er sah mich mißbilligend an.
    Als ich das Glas bekommen hatte, wendete ich mich wieder meinem Nebenmann zu. »Privatdetektiv.«
    Er grinste breit. »Dann war mein Geruchssinn also nicht so schlecht.«
    »Tja …«
    »Ja, denn nur ein Bulle würde ein Mädchen wie Elsa abweisen. Du findest keine Nettere hier in der Stadt. Jedenfalls nicht unter denen, die du kaufen kannst, und auch kaum unter den anderen.«
    »Kennst du sie?«
    »Na ja, flüchtig. Aber weißt du, dies ist eine kleine Stadt – immer noch. Und dies Lokal

Weitere Kostenlose Bücher