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Die Frau im Kühlschrank

Die Frau im Kühlschrank

Titel: Die Frau im Kühlschrank Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gunnar Staalesen
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Tische waren besetzt, und der Barkeeper werkelte routiniert hinter der Theke. Auf einem der Barhocker bemerkte ich einen Mann mit schneeweißem Haar und einem jugendlichen, wachen Gesicht. Er folgte mir neugierig mit den Blicken, als ich vorbeiging, und es fehlte nicht viel und er hätte sein Glas zum Gruß erhoben. Der Inhalt des Glases war dunkel und braun.
    Ich fand einen kleinen Tisch in einer Ecke des Raumes, direkt unter einer krängenden Zimmerpalme. Ein Kellner kam auf mich zu, fast noch ehe ich mich setzen konnte, und ich bekam eine Speisekarte. Über deren Rand hinweg studierte ich die Klientel. Sie war bunt gemischt, bestand aber zum größten Teil aus Männern. Es waren junge Männer und ältere Männer, Männer mittleren Alters und solche wie ich. Die Frauen waren meist jünger, chic, auf diese leicht aufgetakelte Art und in Kleidern, die ihre üppigen Körper betonten. Ihr Lächeln war hübsch und mechanisch, ohne die Augen zu erreichen.
    Ich bestellte, was ich haben wollte – ein Hähnchengericht mit frischem Salat und einer halben Flasche Rosé. Ich war einfach gekleidet, trug ein schwarzes Hemd, das am Hals offen war, eine schwarze Hose und eine braune Cordjacke. Ich sah sicher nicht aus, als würde meine Brieftasche aus den Nähten platzen, denn keine der Frauen stand auf, um mir ihre Gesellschaft anzubieten. Ich konnte in Ruhe essen.
    Die Stimmen um mich herum ertönten auf amerikanisch, französisch, spanisch und norwegisch. Ich hörte sowohl Ostland – als auch Trønder und meinen eigenen Bergenser, aber sehr wenig Stavangerdialekt. An einem der Tische im Hintergrund des Raumes entdeckte ich plötzlich Carl B. Jonsson. Er saß da mit einem blutroten, kräftigen Drink vor sich, redete pausenlos und lachte lärmend. Der Rauch stand wie eine Wolke über dem Tisch, an dem fünf Männer und zwei Frauen saßen. Ich kannte keinen der anderen.
    Plötzlich stand sie vor meinem Tisch. Durch die schwache Beleuchtung wirkte ihr Erscheinen fast übernatürlich, als hätte sie sich aus dem Nichts materialisiert, wie ein Geist aus der Flasche. Sie war klein. Das Gesicht war niedlich, aber fast mager, mit hohlen Wangen und großen, dunkelblauen Augen. Das Haar war braunschwarz und fiel in gepflegten Locken bis auf die schmalen Schultern. Der Hals war dünn, und die goldbraune Haut spannte sich über den Schlüsselbeinknochen. Wenn sie Norwegerin war, dann war es nicht mehr als einen Monat her, daß sie in der Sonne gewesen war.
    Sie trug eine enge lila Hose und ein fransiges, eng anliegendes Oberteil mit tiefem Ausschnitt und einem winzigen, aufreizenden Goldschmuck in der zarten Vertiefung zwischen den kleinen Brüsten. Sie trug eine Handtasche über der einen Schulter und ein Lächeln voller schneeweißer, großer Zähne. Die Augen wirkten hungrig und zugleich neugierig. Wahrscheinlich war sie nur kurzsichtig. Das Lächeln, das sie mir zeigte, schien echt zu sein. »Darf ich mich setzen?« fragte sie in abgeschliffenem Ostnorwegisch.
    Ich hob die Schultern und wies mit einer Hand auf den freien Stuhl. Augenblicklich war der Kellner da, als hätte ich auf einen Knopf gedrückt. Ich sagte resigniert: »Möchtest du etwas trinken?«
    »Ja, bitte«, sie lächelte süß. Zum Kellner sagte sie: »Wie immer.«
    Sie bekam ihr Glas mit dem wie immer, irgend etwas mit Cola (vielleicht auch nur Cola, soweit ich es erkennen konnte), mit einer Zitronenscheibe auf dem Rand des Glases.
    Ich hob mein Weinglas, und wir prosteten uns zu.
    Einen Augenblick lang waren wir stumm. Wir sahen verlegen aneinander vorbei, wie zwei junge Leute beim ersten Rendezvous.
    Dann räusperten wir uns beide und fingen gleichzeitig zu sprechen an. Wir lachten erleichtert, und jeder bedeutete dem anderen, doch auszureden. Ich schüttelte den Kopf, und sie sagte: »Wohnst du hier – im Hotel?«
    »Ja.«
    »Nur weil ich meine, dich hier noch nicht gesehen zu haben. Sonst …« Sie sah sich im Raum um. »Sonst kommen sie oft regelmäßig.« Ihre Nase war gradlinig, schön, mit schmalen, geblähten Nasenflügeln. Ihr Mund war breit, die Lippen voll und wohlgerundet. Es lag ein trauriger Zug in ihrem Gesicht, der einem unwillkürlich ein Gefühl von Mitleid einflößte. Vielleicht war das nur Teil ihrer Taktik – vielleicht war sie aber auch traurig.
    »Ich hab wohl vergessen …« Sie reichte mir eine Hand über den Tisch. Goldschmuck hing um das schmale Handgelenk, und die Fingernägel hatten die gleiche Farbe wie ihre Kleidung. »Elsa – heiße

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