Die Frau im Kühlschrank
Jahre auf jedem Rücksitz Furore gemacht hätte, aber jetzt auf markante Weise passé zu sein schien. Zwischen den fleischigen Lippen qualmte eine dicke, braunschwarze Zigarre. Die Zähne waren bräunlichgelb, und er war nicht ganz glattrasiert. Ich zweifelte nicht daran, daß der Stein an seiner Krawattennadel echt war, und er trug zehn bis zwölf Ringe an seinen dicken Fingern.
Als er sich erhob, sah ich, daß er überraschend klein war, nicht größer als einssechzig. Ich wurde von den zwei Pinguinen zum Schreibtisch geführt. Ole Johnny nahm mit der linken Hand die Zigarre aus dem Mund, streckte mir die rechte zur Begrüßung über den Schreibtisch entgegen und bat mich, mich zu setzen. Mit zwei zu groß geratenen Pinguinen direkt hinter mir fand ich keinen Grund, mich zu weigern – ich folgte der Aufforderung. Der Sessel war tief und bequem.
Ole Johnny schlug etwas Asche von seiner Zigarre in einen giftiggrünen, überquellenden Aschenbecher, nahm einen Schluck aus seinem Glas, sah nachdenklich auf seine beiden Leute und sagte: »Das sind meine Sekretäre. Sie führen Protokoll.«
Ich sah zu ihnen hoch. Aus meiner Position waren fast nur schwellende Brustmuskeln und breite Kiefer zu sehen. Das würde ein interessantes Protokoll werden. Ich hoffte, daß sie nicht die Absicht hatten, auch mich darin aufzunehmen. Als Verlust.
»Veum.« Ole Johnny sah mich schief an. »Wir hatten dich auf keiner unserer Listen, aber wenn neue Leute auftauchen, … Wir haben ein paar Informationen eingeholt, und wir wissen nicht recht, ob uns das, was wir rausgefunden haben, gefällt. Bist du als Privatperson hier, oder …«
Ich versuchte, meine Stimme auf einem ruhigen, entspannten Niveau zu halten. »Ich bin hier – weil ich eingeladen worden bin.«
»Weil du eingeladen worden bist«, wiederholte er säuerlich.
»Er hat Laila was gezeigt«, ertönte es plötzlich über meiner einen Schulter. Ich sah mich nicht um, um zu sehen, wer da gesprochen hatte. Es war wohl kaum die Dame von der Kohlezeichnung.
»Ach ja?« kam es zornig von Ole Johnny. »Was denn?« schnauzte er mich an.
Ich spürte, daß ich zu schwitzen begann. »Ich – ich bin in Stavanger, weil ich nach jemandem suche.«
»So?«
Ich zuckte mit den Schultern. »Ich zeige das Bild überall, wo ich hinkomme. Irgendwo muß er ja sein.«
Ich gab ihm das Foto, und er studierte es, als sei es eine berühmte Briefmarke oder eine hervorragende Fälschung. »Und wie heißt dieser Kerl?«
»Samuelsen. Arne Samuelsen.«
»Und was bringt dich auf die Idee, ihn hier zu suchen?«
»Nichts. Aber wenn du es noch weiter bestreitest, könnte ich mißtrauisch werden.«
Er wurde rot im Gesicht und kam ein Stück im Stuhl hoch. Wie ein Marienkäfer, kurz vor dem Abheben. »Du hast hier einen Scheißdreck herzukommen und mißtrauisch zu werden, und halt lieber dein freches Maul, wir sind schon mit härteren Typen als dir fertig geworden, Veum!«
»Das bezweifle ich nicht. Aber immer mit der Ruhe. Ich meinte nur … Die meisten Leute da draußen sind aus der Ölbranche, oder? Arne Samuelsen arbeitet auch auf ’ner Bohrinsel. So einfach ist das.«
»Na gut … Ich kann mich nicht erinnern, ihn gesehen zu haben. Ihr vielleicht?« Er gab das Bild weiter an die Pinguine, die ihre Köpfe darüber zusammensteckten, als zeige es eine neue pornografische Erfindung. Sie schüttelten beide verneinend den Kopf. »Nein«, sagten sie wie aus einem Munde. »Kann mich nicht erinnern.« Sie hatten noch nie so etwas gesehen.
Ich sagte: »Aber ihr prüft doch hoffentlich die Namen von allen, die hierherkommen. Führt ihr nicht eine Art Kartei?«
Ole Johnny sah mich irritiert an. »Nein.«
»Nicht?« Ich gab ihm zu verstehen, daß ich ihm nicht glaubte.
»Nein!« schnauzte er noch einmal. Er besaß ein feuriges Temperament. Er würde auf sein Herz achtgeben müssen.
»Und da ist nichts Bekanntes – weder am Namen noch am Aussehen?« Er hatte es geschafft, mich wirklich mißtrauisch zu machen.
»Wie oft soll ich’s denn noch sagen, Veum? Nein, nein und nochmals nein.« Er saß da und kaute auf seiner Zigarre und sah mich dabei böse an. »Geh jetzt, Veum. Du bist hier nicht willkommen. Wir wünschen nicht, dich noch mal zu sehen. Verstehst du?«
»Das ist nicht mißzuverstehen.«
Er stand auf. »Und noch eins, Veum. Wenn du auf irgendwelche verrückten Ideen kommen solltest, zum Beispiel, den Bullen was zu erzählen, dann überleg dir das gut. Das Wasser von Vågen ist kalt in
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