Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Frau im Kühlschrank

Die Frau im Kühlschrank

Titel: Die Frau im Kühlschrank Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gunnar Staalesen
Vom Netzwerk:
dieser Jahreszeit. Verdammt kalt, Veum.«
    Damit ließ er sich wieder schwer auf den Stuhl fallen und griff nach seinem Glas. Die zwei Pinguine führten mich hinaus. Gegen die Art und Weise war nichts zu sagen. Sie waren die ganze Zeit höflich und nett. Sie taten nur, was man ihnen aufgetragen hatte. Ich zog meinen Mantel an und sagte: »Was ist mit meinem Aquavit?« Einer der beiden ging hinein und holte die fast noch unberührte Flasche, und dann brachten sie mich hinaus. Bis ganz nach unten. Diesmal gingen wir nicht durch die Spielhalle. Sie schlossen mir die Haupteingangstür auf.
    Ich wartete nicht auf Sieverts. Das hatte keinen Sinn. Ich ging allein zurück zum Hotel. Das Wasser von Vågen sah genauso kalt aus, wie Ole Johnny es geschildert hatte. Ein Auto fuhr in langsamem Tempo den Kai entlang. Auf dem Rücksitz lachte eine Frau in einem hellen, grauen Pelz ein lautes und gellendes Lachen, während zwei Männer dabei waren, nach etwas zu suchen, das wohl zwischen ihren Beinen verschwunden war. Ich ging schnell und ertappte mich mehrmals dabei, daß ich mich umblickte. Ole Johnny hatte mich nicht nur mißtrauisch gemacht – er hatte mich auch nervös gemacht. Vor dem Hoteleingang stand ein Taxi mit laufendem Motor und einem etwas dicklichen Jugendlichen auf dem Rücksitz. Als ich die Rezeption betrat, stieß ich fast mit Elsa zusammen, die gerade aus der Bar kam, den Kragen ihrer braunschwarzen Pelzjacke im Nacken hochgeschlagen. Sie sah erstaunt zu mir auf. Dann lächelte sie, ein atemloses, unsicheres Lächeln. Es war etwas Dunkles und Unbestimmbares in ihrem Blick, das ich nicht einordnen konnte. Unvermittelt faßte sie nach meinen Mantelaufschlägen und trat nah an mich heran. Sie sah in mein Gesicht. Ein süßer Duft kam mir entgegen. »Wenn du willst«, hauchte sie mir zu, »kann ich jetzt mit dir auf dein Zimmer kommen. Ich kann – ich kann zum Taxi rausgehen und sagen, daß nichts draus wird, daß was dazwischengekommen ist, daß ich plötzlich ein …«
    Ich griff um ihre schmalen Handgelenke, sah hinunter in das hagere, schöne Gesicht. Mit rauher Stimme sagte ich: »Ich – ich brauche wirklich Schlaf, und ich – ich hab morgen einen anstrengenden Tag.«
    Sie wollte sich losreißen, mit einer ungeduldigen Bewegung. »Aber …«, fuhr ich fort, »der eigentliche Grund ist … Es gibt da jemanden – dem ich treu sein möchte. Verstehst du?«
    Sie blickte erstaunt in mein Gesicht. Dann nickte sie stumm, machte sich los, schüttelte sich, winkte mir kindisch zu und hastete hinaus zu dem wartenden Taxi. Ich warf einen Blick auf die Wanduhr. Es war wenige Sekunden nach Mitternacht.
    Der Portier gab mir den Schlüssel mit dem gleichen vielsagenden Blick wie wenige Stunden zuvor, als er mir die Nachricht von Solveig überbracht hatte. Vielleicht war es einfach seine Art.
    Ich fuhr mit dem Fahrstuhl hinauf. Vor dem Snack-Automaten gegenüber meiner Zimmertür krabbelte ein großer Kerl am Boden herum. Er sammelte Kleingeld auf, das er verloren haben mußte. Als er mich entdeckte, fluchte er und rappelte sich auf. »Himmeldonnerwetterkruzitürkennochmal! Verdammte Technik! Eine Krone nach der andern hab ich reingesteckt, aber glaubste, es kommt auch nur ’ne einzige Scheibe raus? Nix kommt raus, zum Teufel!« schimpfte er lautstark. Er steckte noch ein paar Kronenstücke hinein und drückte auf einen Knopf. »Siehste da drin? Da isse, die Scheibe, die ich will!« Er zeigte durch eine kleine Glasscheibe auf eine flache, in Plastik verpackte Scheibe Brot mit schlappem Salat und herunterhängender Wurst. »Aber was glaubste, was rauskommt?« Er hielt mir eine Hand voller Kaugummipackungen hin. »Babbel-gamm!« sagte er. »Verdammtes Scheiß-Babbel-gamm!«
    Eine neue Kaugummipackung kam aus der Automatenklappe gesegelt, und der Mensch vom Lande trat hart gegen das Gerät, während er fluchte, was das Zeug hielt. Ein häßliches Poltern ertönte. Ich zuckte mit den Schultern, schloß meine Zimmertür auf und ging hinein.
    Das Zimmer war dunkel und angenehm temperiert. Die Bettwäsche war kühl und weiß. Nach einer Viertelstunde war ich eingeschlafen.

14
    Ich wachte davon auf, daß Regen und Schnee an mein Fenster klatschten. Es war ein grauer, ekliger und trostloser Morgen.
    Ich duschte mich warm und frühstückte friedlich in einem fast leeren Speisesaal. Eine Trennwand war vor die Hälfte des Raumes gezogen, in der sich die Bar befand, und es lagen frischgebügelte, weiße Decken auf den Tischen. Auf

Weitere Kostenlose Bücher