Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Frau im Kühlschrank

Die Frau im Kühlschrank

Titel: Die Frau im Kühlschrank Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gunnar Staalesen
Vom Netzwerk:
Listen durchzusehen. Sie haben ein Verzeichnis der Leute, denen sie nicht trauen.« Er wieherte leise. »Es sind sogar ein paar Polizisten darunter. Ich hoffe, sie kümmern sich nicht weiter um solche wie dich.«
    Die Sicherheitskette rasselte, und die Tür wurde geöffnet. »Ist in Ordnung«, sagte der Mann. Drinnen im Flur sahen wir, daß er ungefähr einsachtzig groß war und ebenso breit und massiv unterhalb der Gürtellinie wie darüber. Er trug einen dunklen Anzug und ein weißes Hemd mit schwarzer Fliege, elegant wie ein Pinguin in einem Kuckucksnest. Der Flur war lang und dunkel, nur von ein paar vereinzelten Kugellampen erleuchtet. Von irgendwoher hörten wir Musik, aber nicht so durchdringend, daß sie nicht aus der Nachbarwohnung hätte kommen können, wenn es eine solche gegeben hätte. »Den Eintritt«, grunzte der Mann in dem schwarzweißen Anzug.
    Sieverts blätterte ihm einen Hunderter hin, und ich folgte seinem Beispiel. Die Scheine verschwanden in einer Innentasche seines Anzugs. Ich bat ihn nicht um eine Quittung. Nachdem wir unsere Mäntel in einen Kleiderschrank gehängt hatten, der schon übervoll war, wurden wir durch eine der Türen hineingeführt.
    Wir kamen in einen Raum mit vielen Tischen. Der Rauch schwebte tief über den grünen Tischplatten. An den meisten Tischen wurde Karten gespielt. An einigen wenigen wurde gewürfelt. Ganz hinten im Raum war eine langgestreckte Bar installiert, und dort saßen ein paar einsame Zuschauer, die offensichtlich pleite waren. An der Bar und an einigen Tischen fand sich eine exclusive Auswahl von Frauen. Alle waren gleich gekleidet, trugen eng sitzende, lila Seidenoveralls, deren breiter, augenfälliger Reißverschluß vom Halsausschnitt bis zum Schritt reichte. Wie weit der Reißverschluß offen war, schien eine Frage des Geschmacks zu sein. Ein lila Bindegürtel betonte die schmalen Taillen und die einladenden Hüften.,
    Der Rest des Personals bestand aus Männern, die ebenso gut gekleidet waren wie der draußen am Eingang, aber alle hatten große, unsymmetrische Körper, als seien sie eine Art zu groß gewachsener Zwerge.
    »Wo hat er sie her?«
    »Die Mädchen? Die flottesten des Landes. Du findest sie als Pin up’s in den meisten Herrenmagazinen wieder …«
    »Ich meine die Pinguine.«
    »Ach, die. Ole Johnny besitzt auch ein Body Building Center, zusätzlich zu allem anderen.«
    »Ein vielseitiger Herr, dieser Ole Johnny, wie mir scheint.«
    »Wart’s nur ab, bis du ihn triffst.«
    »Das hoffe ich nicht.«
    »Was?«
    »Vergiß es. Was tun wir jetzt?«
    Er blickte mich neugierig an. »Hast du Lust zu spielen?«
    »Nein. Ich hab nicht mehr gepokert, seit ich zur See gefahren bin, und da ging es selten um mehr als ein paar Hunderter. Also, ich glaube, ich passe – wenn es erlaubt ist.«
    »Aber klar doch. Es gibt ja andere – Entspannungsangebote. Wir müssen übrigens erst an die Bar.«
    »Oh?«
    »Alle müssen mindestens eine halbe Flasche kaufen, das ist ein Teil der Eintrittskarte.«
    »Zusätzlich zu dem Eintritt, den wir schon bezahlt haben? Ich kann verstehen, daß sich Ole Johnny sowohl eine Hütte im Fjell als auch eine an der Küste leisten kann.«
    »Ja, aber was du nicht schaffst, kannst du mit nach Hause nehmen. Und das Wasser dazu ist umsonst.«
    »Sag bloß. Glaubst du, die haben Aquavit?«
    »Die haben fast alles.«
    »Gut, gut, gut.«
    Wir kamen an die Bar. Einer der Pinguine thronte dahinter und fragte höflich, was wir haben wollten. Sieverts bekam eine halbe Flasche Whisky und ich eine halbe Flasche Aquavit, ohne weitere Umstände. »Ich glaube, ich bleib hier eine Weile sitzen«, sagte ich.
    »Okay. Ich werd mal sehen, ob ich irgendwo einen Sitzplatz finde«, sagte Sieverts und zwinkerte mir zu. Ich folgte ihm mit den Blicken; klein und kräftig, mit schneeweißem Haar und flink wie ein Faun glitt er durch den Rauch.
    Ich ließ meine Blicke forschend durch den Raum wandern. Es kam mir niemand bekannt vor. Die Klientel entsprach der, die ich ihm Hotel gesehen hatte, zum großen Teil jugendlich, und hier – abgesehen von den Lilas – zu hundert Prozent maskulin. Plötzlich fühlte ich mich völlig hilflos. Was sollte ich tun? In die Hände klatschen, um Ruhe bitten, das Bild von Arne Samuelsen herumgeben und fragen, ob jemand wüßte, wo er sich aufhielt?
    Eine matte Resignation überkam mich, und ich kippte einen ordentlichen Schluck Aquavit in mein Glas. Da drang eine Stimme wie dunkler Sirup in mein Ohr. »Suchst du

Weitere Kostenlose Bücher