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Die Frau im Kühlschrank

Die Frau im Kühlschrank

Titel: Die Frau im Kühlschrank Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gunnar Staalesen
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Kellerraum kam Kalle langsam wieder auf die Beine. Elsa fummelte am Schloß herum. Der Schlüssel steckte von innen, aber er war rostig und saß fest. In einer Ecke des Kellers lag ein Stapel Holz. Neben dem Stapel stand ein Holzklotz. »Kalle!« brüllte Jolle oben auf der Treppe. Mitten in dem Klotz saß eine Axt.
    Jolle kam polternd die Treppe herunter, und ich warf mich nach vorn und griff nach der Axt.
    Elsa war es gelungen, das Schloß zu öffnen. Die Tür schwang mit einem knarrenden Laut auf. Jolle blieb mitten auf der Treppe stehen. Er sah uns ungläubig an.
    Ich umfaßte den Axtstiel mit beiden Händen. Die losen Handschellen baumelten zum Boden. Ich stand leicht vorgebeugt, wie ein gereizter Gorilla, und ich muß mörderisch ausgesehen haben, denn er stand still – einen Moment lang.
    »Lauf, Elsa. Ich komm nach. Der Wagen steht bei der Kreuzung. Ein roter Kadett. Der Schlüssel liegt auf dem linken Vorderrad. Schließ auf und steck den Schlüssel ins Zündschloß, falls du …«
    Jolle wollte nicht lange warten. Er kam vorsichtig die letzten Treppenstufen herunter und blieb am Fuß der Treppe stehen.
    »Lauf schon, verdammt!« brüllte ich Elsa an. »Lauf!«
    Sie stolperte hinaus. Durch die offene Tür hinter mir zog Morgenkälte in den Keller. Sie ließ meine Muskeln erstarren, meine Nackenhaare sträubten sich.
    Jolle kam auf mich zu. Er sah furchterregend riesig, aber erschreckend geschmeidig aus für seine Größe. Er sagte kein Wort, belauerte mich nur mit Blicken. Drinnen im Kellerraum hörten wir Kalle. Er donnerte mit den Fäusten gegen die Tür und brüllte: »Jolle! Joolleee!«
    Ich stand noch immer vor der Tür. Er sollte keine Chance haben, den Riegel zur Seite zu schieben – noch nicht.
    Ich wog die Axt in den Händen. Sie war nicht sonderlich schwer, und sie lag leicht in meiner Faust. Eine Axt kann eine tödliche Waffe sein, und Jolle wußte das.
    Plötzlich bewegte er sich, wie ein mißgebildeter Steptänzer. Dabei hob er die Hände in Brusthöhe: schwere, geballte Fäuste. Fast unmerklich begann er, in die Luft zu schlagen: leichte, verwirrende Schläge, als treibe er nur Schattenboxen. Seine Atemzüge kamen schnell und stoßweise. Er war nicht gerade in Topform. Ich spannte die Muskeln, hielt krampfhaft die Axt fest. Ich beobachtete ihn, ohne zu blinzeln. Ich wußte, daß er jeden Moment angreifen konnte.
    Dann explodierte er. Er stieß ein Brüllen aus, das eine Herde Nilpferde in die Flucht geschlagen hätte, machte ein paar schnelle Schritte nach vorn und holte zu einem Faustschlag aus, der mich zu Kleinholz gemacht hätte, wenn er getroffen hätte. Aber ich tauchte darunter weg. Ich stieß die Axt nach vorn, mit der breiten Seite zuerst. Sie traf sein Kinn mit einem dumpfen Laut, und er taumelte mit einem Schmerzensschrei zurück. Er schlitterte an der Wand entlang und fiel auf die untersten Treppenstufen. Er schüttelte seinen Kopf und stand wieder auf. Mit schwingenden Armen kam er mir entgegen. Aus seinem Mundwinkel lief Blut.
    Ich begegnete seinem Angriff nicht mit der Axt. Ich hätte ihn töten können, wenn ich mit der Schneide zugeschlagen hätte, aber ich stieß ihm statt dessen die breite Seite hart gegen die Stirn und sah, wie seine Augen sich verdrehten und alle Farbe aus der Haut verschwand. Dann schwang ich die Axt schnell herum und stieß ihm den Stiel in den Bauch. Er brach zusammen und blieb am Boden liegen.
    Ich warf einen Blick auf ihn. »Jolle? Jolle?« brüllte Kalle hinter der Tür.
    Ich stürzte durch die Kellertür nach draußen. Die nackten Felsen waren spiegelglatt vom Nachtfrost, und es zog mir die Beine weg.
    Ich ging mit einem Knall zu Boden.
    Weit entfernt hörte ich die Axt mit einem metallischen Laut auf Stein treffen.

34
    Ich kam zu mir und hatte fürchterliche Kopfschmerzen. Hoch oben breiteten sich die Sterne über die schwarze Himmelswölbung aus, wie aufgescheuchte Mücken an einem Sommerabend. Irgendwo hinter mir hörte ich wütendes Stöhnen und die Geräusche eines schweren, kräftigen Menschen, der dabei war, sich aufzurappeln.
    Da wußte ich, wo ich war. Ich stand so abrupt auf, daß die Schmerzen durch meinen Körper jagten. Helle Flecken tanzten vor meinen Augen, und ich tappte vorwärts wie ein von Gicht gekrümmter Alter. Hinter mir hörte ich ein wütendes Gebrüll aus der Türöffnung.
    Ich rutschte den steilen Hang hinunter, fiel nach vorn auf alle viere und kroch weiter. Es glitzerte tückisch von den runden Felskuppen. Ich warf

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