Die Frau im Rueckspiegel
hier«, wies sie Christiane an. »Ich sorge dafür, daß man Hanna holt.« Rebecca lief in das Klinikgebäude.
Tatsächlich kamen fünf Minuten später zwei Pfleger mit einem Rollstuhl, hievten Hanna routiniert hinein und fuhren mit ihr davon. Rebecca ging mit ihnen.
Christiane suchte einen Parkplatz und anschließend Rebecca. Sie fand sie auf dem Gang der Unfallstation auf einem Stuhl sitzend, Kopf und Oberkörper nach vorn gebeugt, Blick nach unten.
»Und? Wie sieht es aus?« Christiane setzte sich neben ihre Chefin.
»Keine Ahnung.« Rebecca hob den Kopf. Ihr Gesicht drückte Besorgnis aus.
»Wird schon nicht so schlimm sein«, versuchte Christiane sie zu beruhigen.
Rebecca erwiderte nichts.
»Hanna ist wohl schon sehr lange bei Ihnen?« Anders konnte sich Christiane Rebeccas Sorge nicht erklären.
»Neun Jahre. Sie ist meine einzige Vertraute.« Rebecca seufzte. »Sie können jetzt ruhig fahren, Christiane. Ich nehme nachher ein Taxi nach Hause.«
»Ich würde lieber noch mit Ihnen warten«, sagte Christiane vorsichtig. »Wenn Sie nichts dagegen haben«, fügte sie schnell hinzu. »Nur so lange, bis wir wissen, wie es Hanna geht.« Rebecca hier allein sitzen zu lassen, brachte sie irgendwie nicht fertig. »Möchten Sie auch einen Kaffee?« fragte sie, um eventuellen Widerspruch gleich im Keim zu ersticken. »Ich mache mich auf die Suche nach einem Automaten.«
Rebecca nickte dankbar. »Mit Milch bitte.«
Christiane mußte nicht lange suchen. Das Kleingeld klickerte im Automaten, der dafür den Becher füllte. Einmal, zweimal. Christiane nahm beide vorsichtig am oberen Rand in die Hand und ging zurück zu Rebecca.
»Bitte«, sie hielt Rebecca einen der Kaffeebecher hin. »Vorsicht, heiß.«
Rebecca bedankte sich mit einem angedeuteten Lächeln.
Christiane setzte sich neben sie. »Empfinden Sie das auch so?« dachte sie laut. »Das Innere von Krankenhäusern verbreitet eine beängstigende Atmosphäre.«
Rebecca drehte den Kopf zu Christiane. »Ich dachte, Sie wollten mich ein wenig aufmuntern.«
»Entschuldigung.«
Rebecca lächelte schwach. »Schon gut. Hanna wird schon lebend hier rauskommen. Sie hat ja keine Herzoperation oder so was. Es ist wahrscheinlich alles halb so schlimm, wie es aussieht.«
»Das glaube ich auch«, erwiderte Christiane, diesmal auf etwas mehr Diplomatie bedacht.
Sie schwiegen, tranken den Kaffee.
Wenig später trat ein Arzt aus einem der Behandlungsräume, schaute sich um. »Gehören Sie zu Hanna Tross?«
Rebecca stand ruckartig auf. »Ja.« Sie ging zu dem Arzt. Christiane folgte ihr mit einigem Abstand.
»Frau Tross bleibt für ein paar Tage bei uns. Sie hat Schürfwunden, zwei geprellte Rippen, einen angebrochenen Fuß. Da kommt ein bißchen was zusammen.«
Christiane sah, wie Rebecca erschrak. Die Diagnose klang doch schlimmer als erwartet.
»Kann ich irgend etwas tun?« erkundigte Rebecca sich.
»Im Moment nicht. Die Patientin wird jetzt behandelt, anschließend kommt sie auf Station. Am besten, Sie besuchen sie morgen.«
»Danke, Herr Doktor. Würden Sie Hanna ausrichten, daß ich morgen vormittag vorbeikomme?«
»Gern.« Der Arzt nickte ihr zu, drehte sich um und ging.
Obwohl es hier nichts mehr zu tun gab, setzte Rebecca sich wieder. Christiane wartete.
»Soll ich Sie jetzt nach Hause fahren?« fragte sie schließlich behutsam.
Rebecca sah auf, erhob sich träge. »Ja, danke.« Sie gingen schweigend den Gang entlang und verließen das Krankenhaus. »Ich brauche morgen den Wagen, um Hanna zu besuchen«, sagte Rebecca auf dem Parkplatz. »Sie müssen ein Taxi zurück nehmen.« Sie zog ihr Handy hervor und wählte eine Nummer. »Ja, ein Taxi bitte, in zwanzig Minuten vor dem Akazienweg eins. Danke.«
Als sie im Wagen saßen, hatte Rebecca sich wieder gefaßt. »Es war übrigens nett von Ihnen, dazubleiben und mit mir zu warten«, bedankte sie sich bei Christiane.
»Das war doch selbstverständlich.«
»Nein, war es nicht.« Rebecca setzte sich etwas mehr in die Mitte, um Christiane besser im Blickfeld zu haben. »Keiner Ihrer Vorgänger hätte das getan.«
Christiane lag eine passende Antwort auf der Zunge. Nämlich daß ihre Vorgänger wohl zu verschreckt von Rebeccas Launen waren. Aber es war der falsche Moment für solche Wahrheiten. Also kam, nachdem Christiane extra tief Luft geholt hatte – nichts weiter.
»Was ist?« fragte Rebecca.
»Ach nichts.«
»Seit wann haben Sie Hemmungen, Ihre Gedanken zu verkünden?«
Christiane zögerte. Der
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