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Die Frau im Rueckspiegel

Die Frau im Rueckspiegel

Titel: Die Frau im Rueckspiegel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Julia Arden
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ausdrückten. Überall im Zimmer gab es Blumen, eine Schale mit Obst stand auf dem Beistelltisch neben dem Bett. Letzteres war extra von der Mitte des Raums zum Fenster hin verschoben worden. Christiane erkannte es an den alten Abdrücken auf dem Teppich. So konnte Hanna besser in den Garten sehen.
    »Sie hat einen Fernseher aufstellen lassen«, stellte Hanna fest.
    Das auch noch! Christiane setzte Hannas Tasche auf dem Fußboden ab. »Na, hier haben Sie wirklich alles, was man sich wünschen kann.«
    »Danke, daß Sie Rebecca die Idee mit der Pflegerin ausgeredet haben«, wiederholte Hanna zum x-ten Mal.
    Christiane winkte auch diesmal nur ab. »Keine Ursache.«
    »Wie haben Sie das nur geschafft?«
    »Ich bot einfach an, nach Ihnen zu sehen.«
    »So einfach war das bestimmt nicht.«
    Christiane rief sich das Gespräch mit Rebecca noch einmal in Erinnerung. »Na ja. Zwei, drei Sätze mehr brauchte es schon, aber sie ließ sich relativ schnell überzeugen.«
    Hanna setzte sich aufs Bett, legte die Krücken neben sich. »Das ist merkwürdig«, sagte sie dabei.
    »Was?«
    »Rebecca ist normalerweise in ihren Entscheidungen nicht umzustimmen. Schon gar nicht mit wenigen Sätzen.«
    »Sie mag Sie eben, Hanna. Für Sie will sie das Beste. Mein Vorschlag war die optimale Lösung für beide Seiten.«
    »Ja.« Hanna nickte langsam. »So muß es wohl sein.«
    »Entspannen Sie sich«, sagte Christiane. »Und wenn Frau Reklin nach Hause kommt, triezen Sie sie ruhig ein bißchen.« Sie zwinkerte Hanna zu. »Patienten dürfen launisch sein. Nutzen Sie das aus.«
    »Ausnutzen? Wieso?«
    »Na, sonst sind Sie es doch, die ausgenutzt wird. Sie stehen zwölf Stunden am Tag für sie auf den Beinen. Unverantwortlich in Ihrem Alter. Haben Sie wenigstens auch mal einen Tag frei?«
    »Zwölf Stunden? Wie kommen Sie denn darauf?«
    »Na, wenn ich die Chefin früh hole, sind Sie da, und abends, wenn ich sie bringe, auch.«
    »Das stimmt. Ich komme morgens drei Stunden und zum Abend drei. Zwischendurch habe ich frei.« Hanna schüttelte den Kopf. »Rebecca ist doch keine Sklaventreiberin.«
    »Hm«, machte Christiane etwas zweifelnd und dachte an ihre bisherigen Erfahrungen mit Rebecca. »Aber sie stampft einen auf jeden Fall gern mal in den Boden. Und deswegen spute ich mich jetzt besser.« Christiane schaute auf die Uhr. »In einer halben Stunde muß ich sie zu einem Termin fahren.« Ihr Blick musterte Hanna, die einen müden Eindruck machte. »Morgen bringe ich Ihnen ein paar Kreuzworträtsel und Illustrierte mit.«
    »Danke.« Hanna lehnte ihre Krücken jetzt gegen die Wand, nahm die Beine hoch aufs Bett und sank ins Kissen. »Ich mach mal kurz die Augen zu«, murmelte sie leise.
    Christiane ließ Hanna allein und fuhr zur Firma.
    Rebecca wartete bereits vor dem Gebäude. »Sie sind spät«, tadelte sie Christiane, während sie einstieg.
    »Tut mir leid.«
    »Hanna ist gut zu Hause angekommen?« erkundigte sich Rebecca, als sie saß.
    »Ja, die Treppen waren ein Problem, aber . . .«
    »Gut«, unterbrach Rebecca Christianes aufkommenden Redeschwall. »Schon mal vorab zu Ihrer Information: Heute abend erwarte ich wieder einen Gast, den Sie bitte abholen. Eine Karin Goslar, Weberstraße 11.«
    Der plötzliche Wechsel von Hanna zu der abendlichen Besucherin, genaugenommen dem, was Christiane mit dieser verband, überforderte sie. »Heute?« fragte sie verstört.
    »Ja.«
    »Aber . . . Hanna . . .«, stotterte Christiane. Rebecca konnte doch nicht . . . während Hanna im Nebenzimmer war . . .
    »Keine Sorge. Ich kümmere mich schon um Hanna.«
    Wie? Indem du ihr Ohropax gibst? Oder werdet ihr dabei leise sein?
    Christiane fand beide Möglichkeiten ziemlich grotesk. »Ich finde, Sie sollten etwas mehr Rücksicht auf Hanna nehmen«, konnte sie sich nicht verkneifen zu sagen.
    »Nun übertreiben Sie aber. Hanna ist ja schließlich kein Kleinkind«, erwiderte Rebecca mit einer Stimmlage irgendwo zwischen Belustigung und Genervtheit. »Sie kann mal eine oder zwei Stunden allein sein. Tagsüber schafft sie das ja auch. Übrigens waren Sie es, die sich mit großem Engagement gegen eine Rund-um-die-Uhr-Betreuung eingesetzt hat. Erinnern Sie sich?«
    Darauf fiel Christiane keine Erwiderung mehr ein.
    Nein. Hanna machte keinen vernachlässigten Eindruck, auch nicht den einer durch nächtliche Stöhnlaute um den Schlaf gebrachten oder sonstwie geschädigten Frau. Sie lag völlig entspannt auf dem Bett, als Christiane in das offene Zimmer

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