Die Frau im Rueckspiegel
muß aus dem Trott, sich Freunde suchen, dann wird sie das Leben auch wieder genießen. Aber davon will sie nichts hören.«
Christiane verstand Hannas Sorge, aber nach dem, was sie wußte, hatte Rebecca ihre eigene Methode entwickelt, dem Trott zu entfliehen. Es konnte ja sein, daß Rebecca Hannas gutgemeinten Rat aus dem Grund ablehnte, weil sie mit dieser Methode durchaus zufrieden war.
»Hanna, man kann nichts erzwingen«, sagte Christiane vorsichtig. »Wenn Rebecca nicht will, dann hat es wohl kaum Sinn, in sie zu dringen. Sie ist erwachsen. Und sie ist eine sehr energische Frau. Wie ich sie einschätze, mag sie von Haus aus keine Einmischung. Und was das Privatleben betrifft, ist jeder besonders empfindlich. Da kannst du mit Engelszungen reden. Du wirst nichts erreichen, was sie nicht selbst will.«
»Egal. Ich versuche es trotzdem weiter«, brummte Hanna.
Christiane schmunzelte. »Wenn du meinst.« Sie stand auf. »Ich muß dann wieder. Wenn nichts dazwischenkommt, sehe ich am späteren Nachmittag noch mal vorbei.« Sie winkte Hanna zu.
»Fein, dann sind die technischen Details geklärt«, sagte Rebecca am Telefon. »Ich lasse die Verträge ausdrucken, genau wie beim letzten Mal, und komme am . . .«, Rebecca blätterte in ihrem Kalender, ». . . Freitag mit den Papieren rüber nach Hamburg zur Unterschrift . . . Okay, dann am Montag? . . . Gut. Wir sehen uns, Frank.« Rebecca legte auf und ging ins Vorzimmer. »Anita, ich fahre am Montag nach Hamburg. Verschieben Sie bitte alle Termine.«
Die Sekretärin nickte. »Geht klar.«
Rebecca sah auf die Uhr. »Ist Christiane noch nicht zurück?«
Wie aufs Stichwort betrat Christiane das Vorzimmer. Rebecca holte ihre Jacke. »Na dann.«
Heute war es Christiane sehr recht, daß Rebecca während der Fahrt, die sie zu deren Anwalt führte, schwieg. Christianes Gedanken waren bei ihrem Gespräch mit Hanna.
Hanna sollte es wissen, wenn sie sagte, Rebecca sei im Grunde kein so schlechter Mensch. Andernfalls hätte sie es wohl kaum neun Jahre bei Rebecca ausgehalten. Christiane hatte sogar den Eindruck, daß Rebecca und Hanna so etwas wie Zuneigung verband. Rebeccas Sorge nach Hannas Leitersturz, Hannas warmherzige Worte über Rebecca, ihr Umgangston miteinander, das alles deutete auf ein sehr vertrautes Verhältnis hin. Das war bestimmt nicht von Anfang an so. Sicher hatten sich die beiden das ein oder andere Gefecht geliefert.
So wie du und Rebecca auch!
Rebecca war eine Frau, deren Akzeptanz man sich erst verdienen mußte. Erst recht, wenn man so verschiedener Auffassungen war, verschiedene Lebensarten hatte.
Christiane überraschte sich bei der Frage: Ist dir das wichtig? Ihre Akzeptanz? Und auch die Antwort überraschte sie: Ja, das ist es.
Christiane seufzte still in sich hinein. Aber natürlich konnte sie nach etwas mehr als einer Woche nicht erwarten, daß Rebecca sie in irgendeiner Weise anders als den Rest der Belegschaft behandelte. Genaugenommen konnte sie gar nichts erwarten. Egal, ob eine Woche, ein Monat oder ein Jahr verging!
»Sie sind ja heute so still. Was ist los?« meldete Rebecca sich vom Rücksitz.
Christiane schrak leicht zusammen. »Wie?«
»Angespannt wegen des Turniers?«
»Äh, nein.«
»Sondern?«
»Ach, nichts.«
Kurzes Zögern bei Rebecca. »Schon gut. Sie wollen nicht darüber reden«, sagte sie dann. Christiane merkte Rebeccas Stimme an, daß sie ihren Versuch, ein Gespräch aufzubauen, bereits bereute.
Verdammt! Christiane biß sich auf die Unterlippe. Da verließ Rebecca einmal ihre Deckung, und sie stieß sie vor den Kopf. Aber es war der falsche Augenblick. Christianes Gedanken wandelten gerade eben auf sehr merkwürdigen Pfaden. Unmöglich, Rebecca davon zu erzählen. »Sie reden ja sonst auch nicht mit mir. Jedenfalls nicht freiwillig«, flüchtete sie sich in eine schnippische Erwiderung. Der kecke Ton, der dazugehörte, mißlang jedoch.
»Na ja. Da haben Sie wohl recht.« Rebecca räusperte sich. »Belassen wir es dabei. Damit fühlen wir uns beide besser. Nicht wahr?« Es war zwar als Frage formuliert, doch Rebeccas Ton ließ keinen Zweifel, daß es keinen weiteren Vorstoß dieser Art geben würde. Christiane registrierte via Rückspiegel ein unwilliges Kopfschütteln Rebeccas.
Toll, Christiane! Das hast du ja schön vermasselt.
Am Anwaltsbüro angekommen, nahm Rebecca ihre Unterlagen vom Sitz und stieg wortlos aus.
»Was ist denn nur los mit mir?« fluchte Christiane vor sich hin, als sie
Weitere Kostenlose Bücher