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Die Frau in Rot: Roman (German Edition)

Die Frau in Rot: Roman (German Edition)

Titel: Die Frau in Rot: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Margot S. Baumann
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Beutel und holte die Poesiebüchlein heraus. »Diese zwei Lyrikbände habe ich in der Annahme erworben, dass es mir weiterhilft, wenn ich weiß, wer die Verse geschrieben hat, die ich ständig höre. Frag mich nicht wieso, es ist bloß so ein Gefühl. Der Schulcomputer der Dorfbibliothek hat in diesem Zusammenhang zwei Namen gefunden. Beides Dichterinnen aus dem achtzehnten Jahrhundert. Wenn also die Zeilen von einer dieser Frauen stammen, muss sie Huldrich Erismann bei einer abgeschrieben haben. Aber wieso? Und weshalb verfolgen sie mich ständig?«
    Max warf Anouk einen eigentümlichen Blick zu und langte nach den Büchern.
    »Rätselhaft, in der Tat«, meinte er und betrachtete die schmalen Bände. »Aber du hast recht. Vielleicht bringt es wirklich Licht ins Dunkel, wenn wir den ursprünglichen Verfasser herausfinden. Es muss ja schließlich einen Grund dafür geben, dass du genau diese Verse hörst.«
    Anouk nickte, und die nächsten zehn Minuten verglichen sie Nicks Text mit den Gedichten des ersten Lyrikbandes, konnten aber keinerlei Übereinstimmung finden. Ein Pfiff ertönte. Max’ und Anouks Köpfe schossen gleichzeitig in die Höhe. Vor der Turnhalle stand die Bibliothekarin und fuchtelte mit den Armen.
    »Ich muss zurück«, sagte Max und erhob sich. »Schließlich bin ich der Regisseur.« Er setzte ein schiefes Lächeln auf. »Willst du noch eine Weile hierbleiben oder wieder mit mir hineingehen?«
    Anouk schüttelte den Kopf. »Ich sehe noch den zweiten Band durch und komme dann nach.«
    Er nickte und eilte davon. Anouk sah ihm hinterher. Er war so verschieden von den Männern, mit denen sie sich bislang getroffen hatte. Obwohl sie in den einen oder anderen verliebt gewesen war, hatte es bis auf Max noch keiner geschafft, sie in solch ein Wechselbad der Gefühle zu stürzen. Entweder brachte er sie auf die Palme, zum Lachen oder zum Träumen. Sie erschrak. Verliebtsein? Träume? Nein! Sie war nicht verliebt. Sie durfte sich nicht verlieben! Max war ausschließlich ein flüchtiger Bekannter, ein guter Freund. Das fehlte gerade noch, dass sie in Seengen ihr Herz verlor. Sie lachte leise. Das wäre ja fast wie in einem schlechten Heimatroman. Wie lautete der Spruch noch? Wer stärker liebt, ist immer der Schwächere. Und sie wollte weder schwach sein noch lieben. Denn Liebe verging oder wurde einem entrissen. Und sie hatte wahrlich Besseres zu tun, als ein zerbrochenes Herz zu kitten. Ob es das seine oder das ihre war, war dabei zweitrangig. Anouk schüttelte den Kopf und vertiefte sich erneut in die Gedichte.

    »Du kannst uns doch nicht einfach so hängenlassen«, beschwerte sich Brigitte empört, »gerade bei der Liebesszene!«
    Max hielt ihr die Tür zur Sporthalle auf. Sie hatte recht, doch Anouks Wohlergehen lag ihm im Moment mehr am Herzen als irgendwelche szenischen Feinheiten.
    »Schon gut, Brigitte, jetzt bin ich ja wieder da«, versuchte er, sie zu beschwichtigen, doch die Bibliothekarin biss sich wütend auf die Lippen und rauschte davon.
    Max seufzte. Er musste so bald wie möglich mit Brigitte über ihr gegenseitiges Verhältnis und seine Gefühle für sie reden – seine fehlenden Gefühle. Hoffentlich würde sie deswegen nicht anfangen zu weinen. Frauentränen gegenüber war Max hilfloser als ein neugeborenes Kätzchen einem Raubvogel.
    Max stutzte plötzlich. Was, wenn Brigitte nach diesem Gespräch ihre Hauptrolle hinschmiss? Das traute er ihr durchaus zu. Ihm wurde ganz flau im Magen. Das konnte er unmöglich zulassen, weshalb er auch beschloss, das klärende Gespräch so lange wie möglich hinauszuschieben. Dass er sich dabei wie ein mieser Feigling verhielt, nahm er zwangsläufig in Kauf.
    Die Schauspieler formierten sich erneut, Max gab dem Beleuchter ein Zeichen, und Nick begann abermals, seinen Text zu rezitieren. Max hörte nur mit halbem Ohr hin. Wieso war es ihm eigentlich so wichtig, Anouk bei ihren Recherchen zu helfen? Konnte es sein, dass er sich dadurch so etwas wie eine nachträgliche Absolution versprach, weil er seiner Mutter einst, als sie ihm von ähnlichen Erlebnissen erzählt hatte, nicht geglaubt hatte? Oder war der Grund dafür lediglich seine Verliebtheit und der daraus resultierende Wunsch, seiner Angebeteten so oft und so nahe wie möglich zu sein? Vermutlich gingen beide Aspekte Hand in Hand.
    Plötzliche Stille riss ihn aus seinen Gedanken, und als er den Kopf hob, starrten ihn Nick und Brigitte fragend an. Die Szene war vorbei, und er hatte nichts davon

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