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Die Frau mit dem Muttermal - Roman

Die Frau mit dem Muttermal - Roman

Titel: Die Frau mit dem Muttermal - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: H kan Nesser
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Gegenwart behelligen durfte.
    Nicht einmal seine ehemalige Ehefrau.
    Es war schlimm genug, mit sich selbst kämpfen zu müssen, und der Tag schleppte sich mühsam dahin wie eine Robbe in der Wüste. Gegen zehn Uhr abends sank er über dem Küchentisch zusammen. Seine Füße steckten in einem brausenden Fußbad, und um den Kopf hatte er ein dickes Frotteehandtuch gewickelt – in der nichtigen Hoffnung, dass die Dämpfe eines aromatischen Sammelsuriums in einem Topf sich gnädig des Schleims in den frontalen Höhlungen annehmen würden.
    Da klingelte das Telefon.
    Van Veeteren erinnerte sich seines morgendlichen Gesprächs mit Reinhart und verfiel in ein äußerst schnelles und äußerst logisches Abwägen.
    Wenn ich keine Anrufe haben wollte, hätte ich den Stecker rausziehen können.
    Ich habe den Stecker nicht rausgezogen, also muss ich abnehmen.

    »Hallo. Hier ist Enso Faringer.«
    Einige Sekunden lang hatte er keinerlei Ahnung, wer, zum Teufel, Enso Faringer war.
    »Wir haben uns bei Freddy’s getroffen und über Maasleitner gesprochen.«
    »Ja, natürlich. Was wollen Sie?«
    »Sie haben mir doch gesagt, dass ich mich melden soll, wenn mir was einfällt.«
    »Ja, und?«
    »Mir ist was eingefallen.«
    Van Veeteren nieste.
    »Wie bitte?«
    »Nichts. Was ist Ihnen eingefallen?«
    »Nun ja, mir ist eingefallen, dass Maasleitner über eine bestimmte Musik geredet hat.«
    »Welche Musik?«
    »Jemand hat ihn öfters angerufen und ihm eine Melodie im Telefon vorgespielt, anscheinend …«
    »Eine Melodie?«
    »Ja.«
    »Und warum?«
    »Das weiß ich nicht. Jedenfalls hat ihn das irritiert.«
    Van Veeteren glaubte, sich schwach an etwas erinnern zu können.
    »Warten Sie. Was für eine Musik war das?«
    »Das weiß ich nicht. Das hat er nicht gesagt … ich glaube, er wusste es selbst nicht.«
    »Und warum hat diese Person angerufen? Was war der Grund?«
    »Das wusste er nicht. Das war es ja, was ihn aufgeregt hat.«
    »War es ein Mann oder eine Frau?«
    »Ich glaube, davon hat er nichts gesagt … außerdem spielte ja die ganze Zeit nur diese Musik.«
    Van Veeteren überlegte.
    »Und wann soll das gewesen sein?«

    Faringer zögerte.
    »Ich glaube am gleichen Tag, als wir zu Freddy’s gegangen sind. Als er erschossen wurde. Oder vielleicht am Tag davor.«
    »Und er ist mehrmals angerufen worden?«
    »Ja, wahrscheinlich …«
    »Hat er nicht versucht, irgendwas dagegen zu tun?«
    »Das weiß ich nicht.«
    »Und er wusste nicht, wer dahintersteckte?«
    »Ich glaube nicht … nein, er war vor allem deshalb so wütend, weil er nicht wusste, was das Ganze sollte.«
    Van Veeteren überlegte erneut.
    »Herr Faringer«, sagte er schließlich. »Sind Sie sich sicher, dass alles, was Sie sagen, stimmt? Sie haben sich das Ganze doch nicht ausgedacht, oder?«
    Ein mehrmaliges Husten war im Hörer zu vernehmen, und als die Stimme des kleinen Deutschlehrers wiederkam, klang sie zweifellos ein wenig beleidigt.
    »Ich weiß, dass ich etwas betrunken war, aber an das mit den Anrufen kann ich mich noch ganz genau erinnern.«
    »Ich verstehe«, sagte Van Veeteren. »Ist Ihnen sonst noch was eingefallen?«
    »Bisher nicht«, antwortete Faringer. »Aber dann melde ich mich.«
    »Gut«, entgegnete der Kommissar und legte den Hörer auf.
    So, und was, zum Teufel, bedeutete das nun?, dachte er, während er Fußbad und Kräuterbrühe in den Abfluss kippte.
    Und was fiel dem Trottel als Nächstes ein?
    18
    Es zog sich bis zum späten Dienstagnachmittag hin, bis endlich alle 35 Stabsunteroffiziere (so lautete ihr offizieller militärischer Rang) des Jahrgangs 1965 ausfindig gemacht worden waren. Von der ganzen Gruppe waren 31 noch am Leben,
der Jüngste nunmehr 50 Jahre alt, der Älteste 56. Fünf wohnten im Ausland, vierzehn lebten innerhalb des Maardamer Polizeibezirks, die restlichen zwölf an anderen Orten des Landes.
    Es war Heinemann, der die Fäden in der Hand hielt und die Ergebnisse der Befragungen zusammentrug. Als er Van Veeteren gegen halb sieben Uhr abends seine Zusammenstellung übergab, benötigte er eine ganze Weile, um dem Kommissar alle kryptischen Zeichen und Abkürzungen zu erklären, aber schließlich erkannten beide das Sinnlose dieses Vorhabens. »Berichte es lieber morgen auf der Lagebesprechung mündlich«, entschied Van Veeteren. »Es ist besser, wenn alle die Informationen gleichzeitig bekommen.«
     
    Es hatte das vage Gerücht gegeben, dass der Polizeichef selbst die Absicht hatte, bei dieser Besprechung dabei

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