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Die Frau mit dem roten Herzen

Die Frau mit dem roten Herzen

Titel: Die Frau mit dem roten Herzen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Qiu Xiaolong
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Manager entschuldigte sich unablässig, während er Chen sein Zimmer im ersten Stock zeigte. Dort war gerade genug Platz für ein einzelnes Bett; weitere Einrichtungsgegenstände gab es nicht. Toiletten und Waschräume befanden sich – nach Geschlechtern getrennt – auf dem Flur. Chen würde unten an der Rezeption telefonieren müssen. Catherines Zimmer war mit einer Klimaanlage, einem Telefon und eigenem Bad ausgestattet. Außerdem gab es Tisch und Stuhl, allerdings so winzig, daß sie aus einer Grundschule zu stammen schienen. Immerhin hatte das Zimmer Teppichboden.
    Nachdem der Manager sich unter weiteren Entschuldigungen zurückgezogen hatte, setzten sie sich erst einmal, Chen auf den Stuhl, Catherine auf ihr Bett.
    »Ich bedauere meine Wahl«, sagte Catherine, »aber Sie können das Telefon hier benutzen.«
    Chen wählte Lius Nummer.
    Eine Frau mit deutlichem Shanghaier Akzent meldete sich.
    »Liu ist noch immer in Peking. Er wird morgen früh zurückkommen. Sein Flugzeug landet um halb acht. Kann ich ihm etwas ausrichten?«
    »Ich werde mich morgen wieder melden.«
    Catherine hatte inzwischen ausgepackt. »Was machen wir jetzt?«
    »Dem Sprichwort folgend, werden wir uns an diesem irdischen Paradies erfreuen. Es gibt viele berühmte Gärten hier. Suzhou ist bekannt für seine Gartenarchitektur. Pavillons, Teiche, Grotten und Brücken sollten eine angenehme, erheiternde Umgebung schaffen, das entsprach dem Geschmack der Beamten- und Literatenschaft während der Ming- und Qing-Dynastie.« Chen zog einen Stadtplan aus seiner Tasche. »Die Gärten sind höchst poetisch; ihre Brückchen, moosbewachsenen Pfade, gurgelnden Bächlein und Schmuckfelsen bilden ein harmonisches Ganzes, dem die Schrifttafeln an den zinnoberroten Pavillons dichterischen Ausdruck verleihen.«
    »Ich kann es kaum erwarten, Oberinspektor Chen. Sie geben die Richtung an; ich ernenne Sie hiermit zum Stadtführer.«
    »Wir werden die Gärten besichtigen, aber könnten Sie Ihrem ergebenen Stadtführer vorher vielleicht einen halben Tag frei geben?«
    »Natürlich. Wozu?«
    »Mein Vater liegt im Kreis Gaofeng begraben. Das ist nicht weit von hier, mit dem Bus höchstens eine Stunde. Ich war seit Jahren nicht mehr dort und würde gern heute vormittag hinfahren, zumal das qingming- Festgerade erst vorbei ist.«
    »Qingming?«
    »Dieses Fest ist am fünften April; es ist der Tag, an dem wir an den Gräbern unserer Toten gedenken«, erklärte er. »Einige der bekanntesten Gärten sind nicht weit von hier. Den berühmten Yi-Garten zum Beispiel kann man in wenigen Minuten zu Fuß erreichen. Dort könnten Sie den Vormittag verbringen, und anschließend treffen wir uns zu einem echt Suzhouer Mittagsmahl beim Xuanmiao-Tempelmarkt. Den Rest des Tages stehe ich Ihnen voll zur Verfügung.«
    »Sie müssen auf jeden Fall ans Grab gehen. Machen Sie sich um mich keine Sorgen.« Dann fügte sie noch hinzu: »Warum ist Ihr Vater eigentlich in Suzhou begraben – wenn man fragen darf?«
    »In Shanghai gibt es kaum noch Platz, also hat man in Suzhou Friedhöfe angelegt. Außerdem glauben viele alte Leute an Feng Shui. Sie möchten eine Grabstätte in der Nähe eines Berges oder Flusses. Mein Vater hat sich die Stelle selbst ausgesucht, und wir haben seinen Sarg dann hierherbringen lassen. Ich habe das Grab erst zwei- oder dreimal besucht.«
    »Am Nachmittag gehen wir zum Tempel, aber ich möchte den Vormittag nicht allein in der Stadt verbringen. Sie ist einfach zu schön«, sagte sie mit einem schelmischen Leuchten in den blauen Augen. »Z« wem soll ich sprechen / von dieser herrlichen Landschaft?«
    »Sie erinnern sich noch an Liu Yongs Zeilen!« Chen konnte sich gerade noch verkneifen, ihr zu erklären, daß der Song-Dichter sie an seine Geliebte gerichtet hatte.
    »Dann darf ich also mitkommen?«
    »Sie meinen auf den Friedhof?«
    »Ja.«
    »Nein, das kann ich Ihnen nicht zumuten. Das wäre ein zu großes Opfer.«
    »Ist es ein Verstoß gegen die chinesischen Sitten, wenn ich Sie begleitete?«
    »Nein, nicht unbedingt«, antwortete Chen ausweichend und verschwieg, daß man eigentlich nur seine Ehefrau oder Verlobte mit ans elterliche Grab nahm.
    »Dann lassen Sie uns gehen. Ich bin sofort fertig.« Sie verschwand im Bad, um sich umzuziehen und frisch zu machen.
    Während er auf sie wartete, wählte er Yus Nummer, erreichte aber nur dessen Mailbox. Er hinterließ eine Nachricht und seine Handy-Nummer.
    Als sie aus dem Bad kam, trug sie eine weiße Bluse unter

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