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Die Frau mit dem roten Herzen

Die Frau mit dem roten Herzen

Titel: Die Frau mit dem roten Herzen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Qiu Xiaolong
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sie hierbleiben zu lassen. Chen fühlte sein Unbehagen wachsen. Er konnte seinen Bericht für das Präsidium schreiben, konnte darin ihr Elend schildern, wie er es versprochen hatte, und dennoch wußte er, daß es zwecklos sein würde.
    Inspektor Rohn zeigte deutlichere Zeichen von Anteilnahme. Sie stand auf, um Tee für Wen zu machen. Mehrmals schien sie etwas sagen zu wollen, hielt sich aber zurück.
    »Wir danken Ihnen, Wen. Ich muß Ihnen aber dennoch ein paar Fragen stellen«, sagte Chen. »Er hat Ihnen also im Januar gesagt, daß Sie Ihren Paßantrag stellen sollen?«
    »Ja, im Januar.«
    »Sie haben ihn nicht gefragt, wie es ihm in den Vereinigten Staaten geht, oder?«
    »Nein, das habe ich nicht.«
    »Verstehe«, sagte er. »Und zwar deshalb, weil Sie gar nicht dorthin wollten.«
    »Woher wissen Sie das?« Wen starrte ihn an.
    »Er wollte, daß Sie schon im Januar kommen, aber nach unseren Unterlagen haben Sie erst Mitte Februar Ihren Paßantrag gestellt. Warum haben Sie Ihre Absicht geändert?«
    »Zunächst habe ich gezögert, doch dann dachte ich an das Baby«, sagte Wen mit unsicherer Stimme. »Es wäre hart für ihn, ohne Vater aufzuwachsen, also habe ich mich entschlossen, den Antrag zu stellen – im Februar. Und dann habe ich diesen Anruf von ihm bekommen.«
    »Hat er in seinem letzten Anruf irgendwelche Erklärungen gegeben?«
    »Nein, er sagte nur, daß jemand hinter mir her sei.«
    »Und er hat nicht gesagt, wer dieser Jemand war?«
    »Nein. Aber ich vermute, daß es mit der Bande finanzielle Probleme gegeben hat. Die Leute müssen für die Überfahrt eine Menge Geld an die Banditen zahlen. Das ist im Dorf ein offenes Geheimnis. Unser Nachbar Xiong war wegen eines Autounfalls in New York nicht in der Lage, pünktlich seine Rückzahlungen zu machen, und seine Frau mußte sich verstecken, weil sie nicht für die Schulden aufkommen konnte. Aber in kürzester Zeit hatten die Gangster sie ausfindig gemacht. Sie zwangen sie zur Prostitution und ließen sie auf diese Weise ihre Schulden abzahlen.«
    »Und die Polizei in Fujian hat nichts unternommen?« erkundigte sich Catherine.
    »Die stecken doch mit den Fliegenden Äxten unter einer Decke. Deshalb mußte ich ja auch möglichst weit von dort weg. Aber wohin? Nach Shanghai wollte ich nicht zurück. Dort hätte die Bande mich womöglich aufgespürt, und ich wollte meine Familie nicht in Gefahr bringen.«
    »Wie sind Sie auf Suzhou gekommen?«
    »Zunächst hatte ich keinen konkreten Ort im Auge, doch beim Packen fiel mir die Anthologie mit Lius Visitenkarte in die Hände. Ich dachte, niemand würde mich mit ihm in Verbindung bringen können. Schließlich hatten wir seit dem Schulabschluß keinen Kontakt mehr. Keiner würde vermuten, daß ich ihn um Hilfe bitten könnte.«
    »Ja, das klingt vernünftig«, sagte Chen. »Das erste Mal, daß Sie ihn wiedersahen, war bei seinem Besuch in der Fabrik?«
    »Damals habe ich ihn ja gar nicht erkannt. Ich hatte keine klare Erinnerung mehr an diesen Mitschüler. Er war einer von den Stillen. Ich erinnerte mich nicht, daß wir je miteinander gesprochen hätten. Auch nicht an den Tanz mit dem Schriftzeichen, den er in seinem Gedicht erwähnt. Hätte er mir nicht dieses Buch geschickt, dann wüßte ich überhaupt nicht, wie viel das für ihn bedeutete.«
    »Das tat es«, sagte Chen. »Aber als Sie das Buch erhielten, muß Ihnen die Identität dieses Besuchers doch klargeworden sein.«
    »Natürlich. All die Jahre kamen plötzlich wieder zurück. Aus der biographischen Notiz zu dem Gedicht erfuhr ich, daß er Dichter und Journalist geworden war. Ich freute mich für ihn, hatte aber keinerlei Illusionen, was mich selbst betraf. Ich war lediglich das bemitleidenswerte Objekt seiner poetischen Vorstellungskraft. Das Buch mit der Karte versteckte ich; es war ein Andenken an meine verlorenen Jahre. Nie habe ich daran gedacht, Kontakt zu ihm aufzunehmen«, sagte sie und verschränkte ihre Finger ineinander. »Ich würde lieber sterben, als jemanden um Hilfe bitten, wenn es nicht um das Baby ginge.«
    ›»Ja, ja, die Leute östlich des Flusses‹«, murmelte er.
    »Ich hätte nie gedacht, daß er mir so helfen würde. Er ist ein vielbeschäftigter Mann, aber er nahm sich einen Tag frei, um mich ins Krankenhaus zu begleiten. Er bestand darauf, mir Sachen zu kaufen, sogar Babykleidung. Und er hat versprochen, daß ich so lange bleiben kann, wie ich will.«
    »Verstehe.« Und nach einer Pause wiederholte er: »Ich verstehe die

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