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Die Frau mit dem roten Herzen

Die Frau mit dem roten Herzen

Titel: Die Frau mit dem roten Herzen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Qiu Xiaolong
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zurückgekommen.«
    »Gibt es dafür irgendwelche Hinweise?«
    »Im Augenblick nicht. Ich werde mich noch heute abend mit Hauptwachtmeister Yu und anderen in Verbindung setzen«, sagte er und versuchte, ein zuversichtliches Lächeln aufzusetzen. »Machen Sie sich keine Sorgen, Inspektor Rohn. Wen möchte zu ihrem Mann in die Vereinigten Staaten, also muß sie sich mit ihm in Verbindung setzen.«
    »Sie gehen davon aus, daß sie dazu in der Lage ist. Aber dem ist nicht so. Feng darf seinen Aufenthaltsort nicht nennen, nicht einmal seine Telefonnummer. Das fordern die Bestimmungen des Zeugenschutzprogramms. Sie hat nicht die Möglichkeit, direkten Kontakt mit ihm aufzunehmen. Sie kann lediglich eine Büronummer anrufen und eine Nachricht für ihn hinterlassen.«
    »Vielleicht weiß Feng überhaupt nicht, daß sie verschwunden ist. Oder sie ist entführt worden, und die Entführer wollen Kontakt mit Feng aufnehmen. Deshalb möchte ich Ihnen folgendes vorschlagen. Verständigen Sie Ihr Büro, und bitten Sie die Kollegen, alle Anrufe zu registrieren, die Feng macht oder erhält. Vielleicht können wir ihr so auf die Spur kommen.«
    »Das ist schon möglich, aber Sie wissen, wie knapp die Zeit ist. Wir können uns nicht verhalten wie der Bauer in dem chinesischen Sprichwort, der darauf wartet, daß ein Hase gegen seinen Baum rennt.«
    »Ihre Kenntnis der chinesischen Kultur ist beeindruckend, Inspektor Rohn. Ja, die Zeit drängt. Unsere Regierung ist sich darüber durchaus im klaren, andernfalls säße ich jetzt nicht hier.«
    »Wenn Ihre Regierung sich schon früher zu einer effektiven Zusammenarbeit bereitgefunden hätte, säße ich jetzt nicht hier, Oberinspektor Chen.«
    »Was meinen Sie damit?«
    »Ich begreife nicht, warum das mit Wens Paß so lange gedauert hat. Sie hat im Januar einen entsprechenden Antrag gestellt. Jetzt haben wir Mitte April. Eigentlich sollte sie längst in den Staaten sein.«
    »Januar?« Er hatte das Datum nicht genau im Kopf. »Leider weiß ich wenig über diese Prozeduren, Inspektor Rohn. Offen gestanden bin ich erst gestern nachmittag mit diesem Fall betraut worden. Ich werde mich kundig machen und Ihnen berichten. Und jetzt muß ich gehen, damit Hauptwachtmeister Yu mich erreicht, wenn er bei mir zu Hause anruft.«
    »Sie können ihn von hier aus anrufen.«
    »Er ist heute morgen in Fujian eingetroffen und hat gemeinsam mit der örtlichen Polizei sofort die Ermittlungen aufgenommen. Er ist noch nicht einmal in seinem Hotel gewesen. Daher muß ich zu Hause auf seinen Anruf warten.« Chen erhob sich. »Hier habe ich noch etwas für Sie. Einige Informationen über das Ehepaar Feng. Mit den Daten über Feng sind Sie vermutlich vertraut, aber die Akte Wen dürfte Sie interessieren. Ich habe Ihnen einiges davon ins Englische übersetzt.«
    »Danke, Oberinspektor Chen.«
    »Morgen früh werde ich wiederkommen. Ich hoffe, Sie schlafen gut in Ihrer ersten Nacht in Shanghai.«
    Obwohl das Gespräch so peinlich verlaufen war, wie er befürchtet hatte, begleitete sie ihn durch den karmesinrot ausgelegten Korridor bis zum Aufzug.
    »Bleiben Sie nicht mehr zu lange auf, Inspektor Rohn. Morgen haben wir eine Menge zu tun.«
    Sie strich sich eine Strähne ihres goldenen Haares hinter das Ohr. »Gute Nacht, Oberinspektor Chen.«
     

6
     
    C ATHERINE KONNTE trotz Übermüdung nicht einschlafen, und die Zeiger der Cloisonne-Uhr auf dem Nachttisch waren bereits in einen neuen Tag hinübergewandert.
    Schließlich schlug sie entnervt die Decke zurück, stand auf und trat ans Fenster. Die Lichter des Bund blinkten grüßend zu ihr herauf.
    Shanghai. Der Bund. Der Huangpu. Das Hotel Peace… Was für eine angenehme Überraschung, daß die Shanghaier Polizei dieses Hotel für sie ausgesucht hatte. Doch sie war nicht in der Stimmung, die Aussicht zu genießen. Ihre Aufgabe hier in China hatte sich grundlegend geändert.
    Ursprünglich war alles ganz einfach gewesen. Sie hätte Wen zur örtlichen Paßstelle begleiten, ihr beim Ausfüllen der Formulare auf dem Amerikanischen Konsulat helfen und zum frühestmöglichen Zeitpunkt zusammen mit ihr ein Flugzeug besteigen sollen. Laut Ed Spencer, ihrem Vorgesetzten in Washington, sollte sie, falls nötig, durch ihre Präsenz als U.S. Marshai ein wenig Druck ausüben, damit die Chinesen die Sache beschleunigten. Ed hatte noch im Scherz gesagt, er werde sie dann am Wochenende in D.C. zum Essen einladen. Selbst wenn man kleinere Verzögerungen einrechnete, hätte die

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