Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Frau mit dem roten Herzen

Die Frau mit dem roten Herzen

Titel: Die Frau mit dem roten Herzen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Qiu Xiaolong
Vom Netzwerk:
Oberinspektor beim Shanghaier Polizeipräsidium. Ich heiße Sie im Namen der chinesischen Kollegen willkommen. Wir werden zusammenarbeiten.«
    »Oberinspektor Chen?« Dann fugte sie auf chinesisch hinzu: »Chen tongzhi?«
    »Ach ja, Sie sprechen Chinesisch.«
    »Nur ein bißchen.« Sie wechselte sofort zurück ins Englische. »Ich bin sehr froh, daß ich einen Partner habe, der Englisch spricht.«
    »Willkommen in Shanghai.«
    »Vielen Dank, Oberinspektor Chen.«
    »Kümmern wir uns um Ihr Gepäck.«
    Vor der Zollkontrolle hatte sich eine lange Schlange von Leuten gebildet, die Pässe, Formulare, Dokumente und Schreibutensilien in Händen hielten. Auf einmal wirkte der Flughafen überfüllt.
    »Machen Sie sich wegen der Zollkontrolle keine Gedanken«, sagte er. »Sie sind unser amerikanischer Ehrengast.«
    Er führte sie durch einen Seiteneingang und nickte mehreren uniformierten Beamten zu. Einer von ihnen warf einen raschen Blick auf ihren Paß, schrieb etwas auf ihr Visum und winkte sie durch.
    Sie schoben den Kofferkuli mit ihrem Gepäck zum Taxistand unter einer riesigen Reklamewand, die Coca-Cola auf chinesisch anpries. Nur wenige Leute warteten dort.
    »Am besten, wir unterhalten uns, wenn wir in Ihrem Hotel sind, das Hotel Peace am Bund. Tut mir leid, daß wir ein Taxi nehmen müssen. Wegen der Verspätung mußte ich den Dienstwagen zurückschicken.«
    »Macht nichts. Hier kommt gerade eins.«
    Ein kleiner Xiali hielt vor ihnen am Randstein. Er hatte eigentlich auf einen Dazhong warten wollen, ein geräumigeres Modell, das in einem Joint Venture zwischen der Shanghaier Automobilfabrik und Volkswagen gebaut wurde, aber sie nannte dem Fahrer bereits den Hotelnamen auf chinesisch.
    Der Xiali hatte praktisch keinen Kofferraum. Da ihr Koffer den Vordersitz belegte und sie noch eine Tasche neben sich hatte, saßen sie ziemlich beengt. Sie konnte kaum ihre langen Beine unterbringen. Die Klimaanlage war kaputt. Er kurbelte das Fenster herunter, doch das half wenig. Sie wischte sich den Schweiß von der Stirn und schlüpfte aus ihrer Jacke. Darunter trug sie ein ärmelloses Oberteil. Die holprige Fahrt brachte ihre Schulter immer wieder in Kontakt mit der seinen. Diese Nähe war ihm unangenehm.
    Kaum hatten sie den Stadtteil Hongqiao hinter sich gelassen, wurde der Verkehr dichter. Das Taxi mußte wegen der vielen Baustellen immer wieder Umleitungen fahren. An der Kreuzung Yen’an und Jiangning Lu kam der Verkehr schließlich völlig zum Erliegen.
    »Wie lange hat Ihr Flug gedauert?« fragte er, um ein wenig Konversation zu machen.
    »Über vierundzwanzig Stunden.«
    »Das ist eine lange Reise.«
    »Ich mußte mehrmals umsteigen. Von St. Louis nach San Francisco, dann nach Tokyo und schließlich nach Shanghai.«
    »Die China Oriental fliegt direkt von San Francisco nach Shanghai.«
    »Ich weiß, aber meine Mutter hat den Flug für mich gebucht. Für sie kommt nichts anderes als United Airlines in Frage. Sie bestand darauf, aus Sicherheitsgründen.«
    »Verstehe. Alles …« Er ließ den Satz unbeendet – alles Amerikanische ist besser, hatte er sagen wollen. »Arbeiten Sie denn nicht in Washington?« fragte er statt dessen.
    »Die Zentrale ist in D.C. aber ich arbeite in unserem Büro in St. Louis. Dort wohnen auch meine Eltern.«
    »St. Louis – dort ist doch T. S. Eliot geboren. Und die Washington University wurde von seinem Vater gegründet.«
    »Ja, stimmt. An der Universität gibt es eine Eliot-Hall. Sie beeindrucken mich, Oberinspektor Chen.«
    »Ich habe ein paar Gedichte von Eliot übersetzt«, erwiderte Chen, den ihre Überraschung nicht sonderlich verwunderte. »Nicht alle chinesischen Polizisten gleichen denen in amerikanischen Filmen – Kung-Fu, Pidgin-Englisch und Gongbao-Hühnchen.«
    »Das sind doch nur Hollywood-Stereotype. Ich habe einen Universitätsabschluß in Chinesisch, Oberinspektor Chen.«
    »War bloß ein Scherz.« Warum kümmerte es ihn überhaupt, was sie von chinesischen Polizisten hielt, fragte er sich. Etwa weil Parteisekretär Li so viel Wert auf guten Eindruck legte? Er zuckte mit den Schultern und stieß sie abermals an. »Nebenbei gesagt koche ich ein ganz ordentliches Gongbao-Hühnchen.«
    »Das würde ich gern einmal probieren.«
    Er wechselte das Thema. »Wie gefällt Ihnen Shanghai? Sie sind zum ersten Mal hier, nicht wahr?«
    »Ja, aber ich habe schon so viel über diese Stadt gehört. Es ist, als würde ein Traum endlich Wirklichkeit. Die Straßen, die Gebäude, die Leute,

Weitere Kostenlose Bücher