Die Frau und der Sozialismus: Erweiterte Ausgabe (German Edition)
bestätigt wird. Das allein ist schon ein großer Gewinn. Auch würden dadurch ihre Sitten wesentlich verbessert; die Trunk- und Händelsucht, das Kneipleben unserer studierenden Jugend erhielte einen derben Stoß; an den Stätten, von denen unsere Staatslenker, Richter, Staatsanwälte, höhere Polizeibeamten, Geistlichen und Volksvertreter usw. hauptsächlich ausgehen, würde sich ein Ton einbürgern, der mehr den Aufgaben entspricht, für die sie gegründet wurden und unterhalten werden. Und nach dem einstimmigen Urteil unparteiischer Sachverständiger ist eine Verbesserung dieses Tones dringend geboten.
Die Zahl der Staaten, die Frauen zum Studium auf ihren Universitäten und Hochschulen zulassen, ist in den letzten Jahrzehnten in rascher Zunahme begriffen. Keiner, der Anspruch darauf macht, ein Kulturstaat zu sein, kann sich auf die Dauer diesem Verlangen verschließen. Allen voran gingen die Vereinigten Staaten, ihnen folgte Rußland, zwei Staatswesen, die in jeder Beziehung die schroffsten Gegensätze darstellen. In der Nordamerikanischen Union sind die Frauen in allen Staaten zum Studium zugelassen; in Utah seit 1850, in Iowa seit 1860, in Kansas seit 1866, in Wisconsin seit 1868, in Minnesota seit 1869, in Kalifornien und Missouri seit 1870, in Ohio, Illinois und Nebraska seit 1871, und seitdem folgten alle übrigen Staaten nach. Entprechend dieser Ausdehnung des Frauenstudiums haben sich in den Vereinigten Staaten auch die Frauen ihre Stellungen erobert. Nach dem Zensus von 1900 gab es 7.399 weibliche Ärzte und Wundärzte, 5.989 Schriftstellerinnen, 1.041 weibliche Architekten, 3.405 weibliche Geistliche, 1.010 weibliche Rechtsanwälte, 327.905 Lehrerinnen.
In Europa war es vorzugsweise die Schweiz, die ihre Universitäten dem Studium der Frauen öffnete. Die Gesamtheit der Studierenden einschließlich der Hörer und Hörerinnen betrug:
Auf die verschiedenen Fakultäten verteilen sich die Studentinnen im Wintersemester 1906/07: Rechtswissenschaft 75, Medizin 1.181, Philosophie 648. Nach der Nationalität waren 172 Schweizerinnen und 1.732 Ausländerinnen. Die Zahl der studierenden weiblichen Deutschen hat abgenommen, weil diese nunmehr auf den deutschen Universitäten, wenn auch unter gewissen Beschränkungen, zugelassen werden. Im Jahre 1906/07 betrug die Zahl der regelrecht immatrikulierten Studentinnen zirka 30 Prozent aller immatrikulierten Studenten und einschließlich der Hörerinnen 37 Prozent aller Studierenden und Hörer. In England sind die Frauen zu den Universitätsvorlesungen zugelassen, aber in Oxford und Cambridge bleibt ihnen die Zulassung zu den Graden verwehrt. In Frankreich gab es im Jahre 1905 33.168 Studierende, darunter 1.922 Studentinnen (774 Ausländerinnen). Sie verteilten sich folgendermaßen: Rechtswissenschaft 57, Medizin 386, Naturwissenschaften 259, Literatur 838, Sonstige 382. Staaten, in denen die Frauen zum Studium zugelassen werden, sind die Vereinigten Staaten, England, Holland, Belgien, Dänemark, Schweden, Norwegen, Rußland, Deutschland, Österreich-Ungarn, Italien, Schweiz, Frankreich, Türkei und Australien. Weibliche Ärzte sind zugelassen in Indien, Abessinien, Persien, Marokko, China usw. Insbesondere finden in den orientalischen Staaten weibliche Ärzte immer mehr Boden. Die Beschränkungen, die in diesen Ländern Religion und Sitte der Frau auferlegen, lassen hier weibliche Ärzte als eine große Wohltat erscheinen.
Nach langen Kämpfen und großen Anstrengungen ist endlich auch Deutschland, wenn auch erst zaghaft, in neue Bahnen eingelenkt. Durch Beschluß des Bundesrats vom 24. April 1899 sind den Frauen die medizinischen und zahnärztlichen Prüfungen sowie die Prüfung zum Apothekerberuf unter den gleichen Bedingungen wie den Männern freigegeben. Durch einen zweiten Beschluß des Bundesrats vom 28. Juli 1900 wurden die im Ausland approbierten Ärztinnen im Deutschen Reiche, wenn sie Reichsangehörige sind, zugelassen, auch werden Ärztinnen ihre im Ausland begonnenen Studien angerechnet. Schon vor dem Jahre 1898 war an einzelnen deutschen Universitäten, so in Heidelberg und Göttingen, Frauen das Studium gestattet worden. Im Wintersemester 1901/02 wurden bereits in den Universitätsverzeichnissen 1.270 Hörerinnen aufgeführt. Auch wurden von einer Reihe deutscher Städte Mädchengymnasien und Realgymnasien gegründet, so in Karlsruhe, Stuttgart, Hannover, Königsberg, Hamburg, Frankfurt a. M., Breslau, Berlin,
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