Die Frau vom Leuchtturm - Roman
ebenfalls aus der Maschine hatten mitgehen lassen, und Pearson und ich sind eingestiegen.«
»Ich bin sehr beeindruckt«, meinte ich sarkastisch. »Wahrscheinlich wolltet ihr dann das Notsignal des Floßes aktivieren und auf eure Rettung warten. Du und Pearson, ihr wärt mit einer tollen Geschichte nach Hause gekommen. Ach, und mit Geld … wie viel Geld, Bobby?«
»Drei Millionen pro Nase«, erklärte er unglücklich. »Ich hatte Vorkehrungen dafür getroffen, dass mein Geld direkt auf eine Reihe Offshore-Konten überwiesen wurde, die ich vor ein paar Jahren eingerichtet hatte, für das Geld aus anderen Geschäften …«
Ich nickte, weil ich nicht wusste, was dabei herauskommen würde, wenn ich etwas sagte. Aber meine Gedanken überschlugen sich. Also hatte es vor dem gestohlenen Jet noch andere illegale »Geschäfte« gegeben, und zwar so große, dass sie geheime Bankkonten erfordert hatten. Innerlich zuckte ich zusammen, als mich die Erkenntnis traf, wie wenig ich wirklich über diesen Mann gewusst hatte, den ich zu lieben glaubte.
Bobby beobachtete mich schweigend und wartete offensichtlich darauf, dass ich etwas sagte. Ich stieß einen leisen Pfiff aus. »Drei Millionen Dollar, steuerfrei!
Nicht übel«, meinte ich. Ich empfand nicht das geringste Mitleid mehr für ihn. »Und was ist schiefgegangen?«
»Diese kaltblütigen Bastarde haben uns reingelegt«, jammerte er. In seinem Ton mischten sich Zorn und Unglaube. »Kaum saßen wir hilflos in dem Floß, haben sie ein Stück zurückgesetzt und uns mit Maschinengewehren beschossen.«
Schaudernd schloss Bobby die Augen. Offensichtlich stand ihm zum wiederholten Mal der Moment vor Augen, in dem sie verraten worden waren. »Pearson war sofort tot«, sagte er. »Drei Runden in den Kopf … Ich habe mich auf den Boden des Floßes geworfen und nur einen Schuss ins Bein abbekommen. Eine Runde hat einen stählernen Erste-Hilfe-Kasten getroffen.«
Zerstreut drehte er das Messer zwischen den Fingern. »Diese verdammte Erste-Hilfe-Kiste hat mir das Leben gerettet.«
»Und dann?«, fragte ich. Bobbys Geschichte faszinierte mich, aber mich beschlich immer stärker der Argwohn gegenüber seinen Gründen, sie mir zu erzählen - ausgerechnet mir, die ich ihn seit Monaten für tot gehalten hatte.
Langsam schüttelte Bobby den Kopf. »Dann sind die dreckigen Hurensöhne einfach davongesegelt.« Er trank seinen Kaffee aus. »Natürlich«, fuhr er fort, »hatten sie daran gedacht, das Notrufgerät aus dem Floß zu entfernen, ehe sie uns zu Wasser gelassen haben. Wie sich herausstellte, hatten sie uns auch hundert Meilen entfernt von der angeblichen Absturzstelle ausgesetzt.«
»Womit sie sich auch im Fall einer wundersamen Rettung eures Schweigens sicher sein konnten«, schloss ich an seiner Stelle.
Bobby nickte und sah wieder auf die Theke hinunter. »Ich habe Pearsons Leiche über Bord geworfen und bin sechs Tage lang auf dem sinkenden Floß dahingetrieben, bis ein einheimisches Fischerboot mich aufgelesen hat. Es dauerte dann noch einmal vier Wochen, bis das Fischerboot wieder anlandete. Aber darauf kam es zu diesem Zeitpunkt auch gar nicht mehr an«, meinte er verbittert. »Mit der Schusswunde im Bein und dem, was die Fischer über meinen Fundort berichten würden, falls jemand fragen sollte, war ich ein toter Mann - so tot wie Al Pearson. Denn die Geschichte über den Flugzeugabsturz würde keiner Ermittlung standhalten.«
Nachdem Bobby seine kriminelle Geschichte erzählt hatte, schaute er auf und begegnete meinem Blick, in dem wohl Angst, aber kein Mitgefühl zu lesen war. »Du verstehst also, dass ich nicht anrufen oder zu dir kommen konnte, Sue. Jedenfalls nicht gleich …. Teufel, ich habe ja noch einmal zwei Monate gebraucht, um auf einem von Ratten wimmelnden liberianischen Containerschiff nach New york zurückzukehren.« Er lachte. »Sie haben mich als verdammten Tellerwäscher engagiert. Kannst du dir mich als Tellerwäscher vorstellen?«
»Aber du hast mich natürlich sofort angerufen, als du - wann war das … im September? - wieder in New york warst«, versetzte ich giftig.
Bobby zuckte die Achseln. »Auch da habe ich nicht gewagt, Kontakt zu dir aufzunehmen. Ich konnte doch nicht wissen, ob die Bundespolizei wegen des Absturzes einen Verdacht hegte und ob sie dich beschattete …«
»Und so hast du mich stattdessen beobachtet, bist mir überallhin gefolgt.« Mit einem Mal zitterte ich am ganzen Körper. »Mein Gott, Bobby, ist dir eigentlich
klar,
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