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Die Frau vom Leuchtturm - Roman

Titel: Die Frau vom Leuchtturm - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Blanvalet-Verlag <München>
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wollen? Keine Ahnung. Mir wurde klar, dass er mir zwar seine Handynummer gegeben hatte, ich aber keine andere Möglichkeit gehabt hatte, ihn zu erreichen. Wann er hätte zurück sein sollen? Mir hatte er nur erklärt, er werde für eine oder zwei Wochen in den Südpazifik fliegen. Ich hatte nicht die geringste Ahnung, was er tat oder wo er sich aufhielt, wenn wir nicht zusammen waren.
    Auf der Suche nach Erklärungen hatte ich mir eingeredet, dass er nie über seine Arbeit sprach, weil ich es ebenfalls nicht tat. Aber der Keim des Zweifels war gesät.
    Nachdem der Mann von der NTSB gegangen war, hatte ich versucht, den beunruhigenden Vorfall zu vergessen. Doch jetzt hatte dieselbe Behörde mich wieder angerufen; dieses Mal mit der dringenden Aufforderung, nach Boston zu kommen.
    Dan schwieg, während wir die lange Auffahrt erklommen
und uns in den schnellen Morgenverkehr einfädelten. »Trotz des Regens müssten wir in ein paar Stunden da sein«, meinte er. »Vielleicht solltest du die Augen zumachen und versuchen, dich etwas auszuruhen. Neben dem Sitz ist ein Knopf, mit dem du die Lehne nach hinten stellen kannst.«
    »Ich glaube nicht, dass ich schlafen kann«, gab ich zurück, nahm einen Styroporbecher aus einer Halterung zwischen den Sitzen und trank einen Schluck von dem bitteren Raststätten-Kaffee. »Ich kann dir gar nicht sagen, wie dankbar ich dir bin, Dan. Aber ich habe ein schlechtes Gewissen, weil ich dir den ganzen Tag ruiniert habe …«
    Er tat meine Entschuldigung mit einer Handbewegung ab, ohne den Blick von der Straße zu nehmen. »Ich bin verdammt froh, dass du mich angerufen hast«, sagte er. »In einer solchen Lage sollte man nie allein sein.«
    Ich lehnte mich zurück und versuchte, nicht allzu genau darüber nachzudenken, was mich am Ende unserer Fahrt erwartete. Und ich war dankbar dafür, dass Dan stark und tröstlich an meiner Seite war.
    Ich schloss die Augen, schmiegte mich an das butterweiche, hellbraune Leder der Kopfstütze und entspannte mich in der Wärme, die aus den Lüftungsdüsen drang, ein wenig.
    Während der zweistündigen Fahrt riskierte ich gelegentlich einen verstohlenen Blick auf Dans kräftiges, selbstbewusstes Profil hinter dem Steuer. Ich war froh, dass er mich nicht mit Fragen löcherte, sondern mich einfach in Ruhe ließ, damit ich mich auf eine Begegnung vorbereiten konnte, die mich mit Sicherheit tief erschüttern würde.

18. Kapitel
    Der reglose Körper, der in dem kahlen, schwach erleuchteten Zimmer auf der Intensivstation im vierten Stock des Bostoner Krankenhauses lag, hätte ebenso gut tot sein können. Bis auf den blinkenden Monitor über dem Bett, der einen schwachen, aber regelmäßigen Herzschlag registrierte, war kein Lebenszeichen zu erkennen.
    Mehrere Sekunden lang stand ich da und sah in das vertraute Gesicht hinunter, das jetzt völlig ausdruckslos war. Die Haut wirkte leichenhaft grau und leblos. Als ich endlich den Mut aufbrachte, näher zu treten und ihn zu berühren, schockierte es mich geradezu, dass seine Haut sich warm anfühlte.
    Vorsichtig nahm ich seine Hand, als könne ich, wenn ich zu viel Druck ausübte, seine schweren Verletzungen noch verschlimmern, und flüsterte seinen Namen.
    »Damon, kannst du mich hören?«
    Doch seine Augenlider bewegten sich nicht, und auch seine Hand rührte sich nicht, um mir zu zeigen, dass er mich gehört und meine Stimme erkannt hatte. Nichts von dem, was uns sentimentale Krankenhausserien im Fernsehen erwarten lassen.
    Damon St. Claire lag totenstill inmitten eines Labyrinths aus elektronischen Sonden und Plastikschläuchen und sah aus wie eine zerbrochene und verdrehte kleine Puppe.

    Fünf Minuten lang - die Besuchszeit, die einem auf der Intensivstation zugestanden wird - blieb ich dort und hielt seine Hand. Dann trat ich nach draußen, überquerte einen sterilen Gang und trat in die benachbarte Besucherzone. Dort stand Dan und sprach mit einer attraktiven Blondine, die zerknitterte grüne OP-Kleidung trug. Als ich in den Raum kam, drehten sich beide um, und die Frau streckte mir die Hand entgegen.
    »Ich bin Alice Cahill, die Ärztin, die für Mr. St. Claire zuständig ist«, erklärte sie. »Ich bin so froh, dass man Sie endlich erreicht hat.«
    Ich ließ zu, dass sie mir die Hand schüttelte, und wusste nicht genau, wo ich anfangen sollte. »Was ist eigentlich passiert?«, fragte ich. »Die NTSB hat mir nur gesagt, Damon sei mit dem Flugzeug abgestürzt, und wollte wissen, ob er nahe

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