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Die Frau vom Leuchtturm - Roman

Titel: Die Frau vom Leuchtturm - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Blanvalet-Verlag <München>
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Persönlichkeit gemacht, die ich war.
    Ja, ich würde weiterleben und weiterlieben, sagte ich mir, genau wie ich es mir von Bobby gewünscht hätte, wäre er an meiner Stelle gewesen. Bestimmt hätte er mir das Gleiche gegönnt.

27. Kapitel
    Es war schon lange nach Mitternacht, als Dan und ich unter dem Kristall-Kronleuchter im Foyer standen und uns zum letzten Mal in dieser Nacht küssten.
    »Soll ich nicht doch lieber bleiben, Sue?«, fragte er, als das alte Haus im auffrischenden Wind knarrte. »Es heißt, dieser Sturm werde schlimmer als der letzte und wahrscheinlich das ganze Wochenende dauern.«
    »Morgen«, sagte ich, und es war mir ernst. Ich sah zur Decke hoch. »Heute muss ich mich noch um Aimee Marks kümmern. Und wenn es überhaupt eine Chance gibt, Kontakt zu ihr aufzunehmen, dann habe ich das Gefühl, dass es mir gelingen muss, bevor Damon aufwacht.«
    »Na ja, du hast ein unheimliches altes Haus und eine dunkle, stürmische Nacht«, gab er lächelnd zurück. »Die perfekte Ausstattung für eine Begegnung mit der Geisterwelt.« Dans Lächeln verschwand. »Hast du denn gar keine Angst?«, fragte er aufrichtig besorgt.
    »Nein«, erklärte ich und schüttelte den Kopf. »Aimee flößt mir überhaupt keine Furcht ein; ich empfinde bei ihr nur immer ein überwältigendes Gefühl von großer Trauer. Wenn ich vor etwas Angst habe, dann nur davor, dass es mir nicht gelingt, sie herbeizulocken.«
    Fragend zog Dan die Augenbrauen hoch.
    »Bis jetzt ist Aimee immer nur zu mir gekommen,
wenn ich selbst schrecklich unglücklich war«, erklärte ich, nahm seine Hände und drückte sie fest. »Aber das kann ich jetzt nicht mehr von mir behaupten.«
    Dan beugte sich über mich und küsste meine Stirn. »Dann bis morgen«, sagte er und griff nach dem Türknauf. Jetzt lächelte er wieder. »Und dann bringe ich meine Zahnbürste mit.«
    Ich lachte. »Abgemacht.«
    Er öffnete die Vordertür, und ein Schwall eiskalten Regens und vom Wind aufgewirbelte Blätter drangen herein.
    »Verdammt!«, schrie er, schlug den Kragen seiner Jacke hoch und trat unter das breite Vordach, das nur unzureichenden Schutz vor dem Wetter bot. »Sieht aus, als bekämen wir einen richtigen Sturm«, schrie er gegen das Donnern der Brandung an, die auf den nahe gelegenen Strand krachte.
    In diesem Moment huschte der Lichtstrahl des Leuchtturms vorbei. Mit dem kritischen Blick des geborenen Seemanns folgte Dan ihm über die weißen Schaumkronen des Hafens. Mittelgroße Brecher klatschten auf den Strand, der direkt hinter dem Haus lag. »Behalt das Wasser gut im Auge«, warnte er mich. »Und wenn es steigt, ruf mich sofort an. Ich habe mir nicht so viel Mühe gegeben, um jetzt einfach zuzulassen, dass du aufs Meer hinausgespült wirst.«
    »Aye, aye, Kapitän!« Ich musste schreien, um mich verständlich zu machen. »Und jetzt verschwinde schon, ehe wir uns beide eine Lungenentzündung einfangen.«
    Er küsste mich kurz auf die Wange. »Ich hoffe, du erfährst wirklich etwas, das Damon hilft«, sagte er aufrichtig. Dann stieg er ohne ein weiteres Wort die Treppe
hinunter, in den strömenden Regen, hüpfte um die Pfützen auf der Wiese im Vorgarten herum und duckte sich in den Mercedes.
    Ich stand unter dem Vordach und sah zu, wie er den Motor startete und in den Sturm davonfuhr. »Gute Nacht, mein Liebster«, rief ich, als die Rücklichter in der Nacht verschwanden.
    Der Wind trieb eine dichte Regenbö über die Straße bis unter das Vordach, so dass ich sofort durchnässt war. Angesichts der unerwarteten kalten Dusche stöhnte ich auf und wollte zur Haustür stürzen, als mich das unheimliche Gefühl überkam, beobachtet zu werden.
    Obwohl mir das kalte Wasser über Haare und Kleider lief, blieb ich stehen, drehte mich langsam um und nahm die verlassene Landschaft in Augenschein. Über dem Hafen zuckte ein Blitz über den bleigrauen Himmel und erhellte die Straße, in der die stattlichen alten viktorianischen Häuser standen, für eine Sekunde in gigantisch hellem Licht. Ich versuchte, meinen unsichtbaren Beobachter zu erkennen, aber bis auf die wild wogenden Bäume sah ich kein lebendes Wesen.
    »Aimee?«, rief ich hoffnungsvoll gegen das Tosen des Sturms an. »Bist du da, Aimee?«
    Doch mir antwortete nur das Heulen des Winds unter dem Dach.
     
    Geh schlafen. Heute Nacht kommt sie bestimmt nicht mehr. Miss Praktisch nörgelte schon wieder und störte meine Konzentration auf das unstete blaue Licht der Fairy-Lampe, das an meiner Decke

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