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Die Frau vom Leuchtturm - Roman

Titel: Die Frau vom Leuchtturm - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Blanvalet-Verlag <München>
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verblüfft die Augen auf. »Meine Hilfe? Aber ich bin nur ein Geist. Ich kann nichts mehr tun.«
    Ich nickte eifrig. »Doch, das kannst du«, sagte ich. »Ich muss wissen, wie es ist, ein Geist zu sein. Du kannst es mir sagen. Was genau passiert, wenn man stirbt?«
    Aimees Miene wirkte sichtlich enttäuscht, und sie schaute hilflos drein. »Das ist … schwer zu erklären«,
wisperte sie und wandte sich wieder zum Fenster. »Ich kann mich nicht an sehr viel erinnern … Man fühlt sich ganz verloren … und schrecklich allein.«
    »Oh«, meinte ich, weil ich plötzlich nicht mehr wusste, was ich sagen sollte. Denn ihre letzten Worte hatten zutiefst gequält geklungen. Und ich war mir sicher, dass ich kurz davor stand, sie wieder zu verlieren.
    »Kannst du dich denn an gar nichts mehr erinnern?«, fragte ich behutsam. »Wenn du wieder weißt, was dir zugestoßen ist, kannst du vielleicht diesen Ort verlassen und weitergehen.«
    Sie starrte jetzt durch das Fenster in die regnerische Nacht hinaus. »Ich kann nicht …«, murmelte sie.
    »Versuch es doch, bitte«, flehte ich sie an. »Du bist so jung gestorben. Wenigstens daran musst du dich doch erinnern.«
    Der Lichtstrahl vom Leuchtturm zog vorüber. Das starke Lichtbündel schien unheimlich durch ihren Körper hindurch und erhellte den Raum hinter ihr. »Ich bin von der Spitze des Leuchtturms gestürzt«, sagte sie und drehte sich zu mir um, als es im Zimmer wieder dunkel wurde. »Als ich fiel, war ich mir sicher, dass es wehtun würde … Aber da war nur der Sturz, und dann …« Sie sah an sich herunter. »Dann war ich so wie jetzt.«
    »Wie kam es dazu?«, fragte ich.
    »Da war ein Mann«, begann sie und schaute wieder zum Fenster und zum fernen Leuchtturm auf Maidenstone Island. Und ich hatte das Gefühl, als spräche sie nicht zu mir, sondern zu jemand anderem, in einer anderen Zeit.
    »Er war sehr ansehnlich und charmant … ein talentierter Künstler.« Ihre Stimme versagte, und ich hörte,
dass sie ein leises Schluchzen unterdrückte. »Er hat mich sehr geliebt und ich ihn.«
    »Ned«, sagte ich leise und gab mir Mühe, den verärgerten Unterton in meiner Stimme zu unterdrücken. »Sein Name war Ned Bingham.«
    Aimee fuhr herum und starrte mich an.
    »Wie ist es möglich, dass du das weißt?«, verlangte sie mit verzweifelter Stimme zu wissen. »Unsere Liebe war ein Geheimnis! Unser Geheimnis.« Untröstlich rang sie die Hände. »Vater hätte meinen geliebten Ned umgebracht, wenn er etwas geahnt hätte«, stöhnte sie.
    »Aber dein Vater wusste es doch, Aimee«, warf ich so sanft, wie ich konnte, ein. »Er ist nach New york gefahren und hat dich nach Hause geholt. Hierher, in dieses Haus. Daran erinnerst du dich doch bestimmt.« Etwas sagte mir, dass es keine gute Idee wäre, das Bild im Greystone-Club zu erwähnen.
    Aimee dachte ein Weilchen nach, dann ging sie langsam in die Knie und ließ ihr hübsches Köpfchen auf die Brust sinken. Tiefes, herzzerreißendes Schluchzen schüttelte ihren schmalen Rücken. Am liebsten hätte ich sie in die Arme genommen und festgehalten.
    »Oh Gott«, wehklagte sie. »Vater! Jetzt erinnere ich mich an alles. Dieser böse Mann hat ihm alles erzählt. Dieser schreckliche Mann mit seinen scheußlichen, unsittlichen Briefen …«
    »Amos«, warf ich ein. »Amos Carter, der Leuchtturmwärter.«
    Langsam hob Aimee den Kopf und sah mir in die Augen. Ihr Gesicht war in einem Ausdruck tiefsten Kummers verzerrt. »Amos«, wisperte sie, als spreche sie einen Namen aus einer angsteinflößenden Horrorgeschichte
aus. »Dieser böse, verdorbene Mann.« Ungläubig schüttelte sie den Kopf. »Amos hat versucht, mich in sein Haus auf Maidenstone zu locken«, flüsterte sie. »Hat versucht, seine schmutzigen Hände auf meine Brust zu legen …« Sie hielt inne und kämpfte mit der ekelhaften Erinnerung an Amos Carter. »Er sagte, er werde Vater von Ned und mir erzählen, und wenn ich nicht täte, was er wollte, würde er dafür sorgen, dass ich es bedauern würde.«
    Einen Moment lang war ich sprachlos. Ich hatte Amos Carter schon der schlimmsten Art von Lüsternheit verdächtigt, aber der offenkundige Versuch des Leuchtturmwärters, Aimee mit sexuellen Dienstleistungen für sein Schweigen bezahlen zu lassen, war eine Enthüllung, mit der selbst ich nicht gerechnet hatte.
    »Verdammt, dieser dreckige Bastard!«, zischte ich schließlich.
    Aimee schien schockiert vor mir zurückzuweichen. Und ich brauchte einen Moment, um mir klarzumachen,

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