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Die Frau vom Leuchtturm - Roman

Titel: Die Frau vom Leuchtturm - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Blanvalet-Verlag <München>
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schwarzem Kaffee an unseren Tisch und zog einen Block hervor, um die Bestellung aufzunehmen.
    Während ich Toast und pochierte Eier bestellte, spürte ich, wie Dan besorgt meine verhärmten Züge und mein regennasses Haar musterte. Er orderte Rührei mit Speck, und die Kellnerin ging. Als sie fort war, beugte er sich vor und wartete gespannt auf meine Erklärung.
    Ich sah mich in dem fast leeren Restaurant um, weil ich sicher sein wollte, dass niemand unsere eigentümliche Unterhaltung mithörte. »Ned Bingham hat Aimee Marks ermordet«, sagte ich. »Und das arme Ding weiß es nicht einmal.«
    Dan hätte nicht verwirrter dreinblicken können. Er leerte ein Päckchen Süßstoff in seinen Kaffeebecher und wartete darauf, dass ich weitersprach.
    »Aimees Vater ist nach New york gefahren und in Binghams Liebesnest geplatzt. Er hat gedroht, den Mistkerl wegen Erschleichung von Zuneigung und Verführung unter falschen Heiratsversprechungen verhaften zu lassen …«, begann ich.
    Dan runzelte die Stirn. » Wofür wollte er ihn verhaften lassen?«, stotterte er ungläubig. »Mit ihren fünfundzwanzig war sie ja wohl kein Kind mehr.«
    Ich schüttelte den Kopf. »Heutzutage ist das schwer vorstellbar«, erklärte ich, »aber im Jahr 1910 war das Denken des viktorianischen Zeitalters fest in der Gesellschaft und auch in den Gesetzen verwurzelt. Frauen hatten kein Wahlrecht und wurden im Großen und Ganzen
als Besitz behandelt. Dementsprechend betrachtete man eine unverheiratete Frau als das Mündel ihres Vaters, bis sie in die Obhut eines geeigneten Ehemanns übergeben wurde.«
    Ich legte eine Pause ein, damit er diese Information verdauen konnte, und fuhr dann fort. »Worauf es ankommt, ist Folgendes: Diese anscheinend lächerlichen Vorwürfe - selbst wenn man den viel schwerwiegenderen des außerehelichen Geschlechtsverkehrs abzieht - konnten einen Mann wie Ned Bingham damals in richtig große Schwierigkeiten bringen, und damit meine ich ins Gefängnis.«
    Dan nahm einen Schluck von seinem heißen Kaffee, und ein Lächeln breitete sich in seinem Gesicht aus.
    »Was ist?«, fauchte ich gereizt.
    »Ach, nichts.« Er grinste. »Ich hatte mich nur gefragt, wie viele Jahre ich für das, was gestern Abend in deinem Salon passiert ist, bekommen hätte.«
    »Sehr komisch«, gab ich grollend zurück. »Willst du jetzt den Rest hören oder nicht?«
    Er schaute angemessen zerknirscht drein und nickte. »Erzähl bitte weiter«, bat er. »Ich finde das absolut faszinierend.«
    Seufzend griff ich nach einem Kännchen mit Milch und goss etwas davon in meinen Kaffee. »Jedenfalls ist Aimee, um Bingham zu schützen, nach Freedman’s Cove zurückgekehrt, wo sie praktisch als Gefangene in ihrem eigenen Zimmer gelebt hat«, fuhr ich fort. »Die Familie mag Ned Bingham die Hauptschuld an dem Geschehen gegeben haben, aber sie war immerhin ein williges Opfer gewesen. Bis sie ihre Tochter also auf eine lange Reise nach Europa verfrachten oder sonst eine
Ablenkung inszenieren konnten, durch die sie eine Zeit lang aus der Stadt verschwinden würde, hatten sie Angst, sie nach draußen zu lassen, denn dank Amos Carter wurde in der Stadt mit Sicherheit über sie geredet … und über die Familie.«
    »Klingt alles schrecklich viktorianisch«, meinte Dan.
    Ich nickte. »Deprimierend«, pflichtete ich ihm bei. »Kam aber zu der Zeit sogar in ›guten Familien‹ häufig vor. Aber wenn sie genug Geld hatten, was bei Aimees Familie der Fall war, konnte man die geknickte Blume in der Regel mit einem passenden Mann in einer anderen Stadt verheiraten, und irgendwann war der Skandal vergessen. Zumindest redeten höfliche Menschen in Gesellschaft dann nicht darüber.« Ich legte eine Pause ein, um einen Schluck von meinem Kaffee zu nehmen. »So sah also der Plan aus.«
    »Aber etwas ist schiefgegangen«, sagte Dan, der endlich mitdachte. Nachdenklich rührte er in seinem Kaffee. »Vielleicht hat Aimee ja festgestellt, dass sie schwanger war.«
    Ich belohnte ihn mit einem zurückhaltenden Lächeln. »Sehr gut«, sagte ich. »Obwohl Aimee den Ausdruck ›ein Kind unter dem Herzen‹ gebraucht hat. Und damit stand die arme Frau vor einem ganz neuen Problem. Denn sie hatte nicht die geringste Ahnung, was ihr Vater mit Ned Bingham anstellen würde, wenn er das herausfand.«
    »Wahrscheinlich hätte er ihn mit vorgehaltener Pistole zum Heiraten gezwungen«, warf Dan zynisch ein.
    Ich nickte ungeduldig. »Vielleicht hast du Recht. Aber du musst auch bedenken, dass

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