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Die Frau von Tsiolkovsky (German Edition)

Die Frau von Tsiolkovsky (German Edition)

Titel: Die Frau von Tsiolkovsky (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Harald Muellner
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den permanenten Betrieb des
Moduls notwendig waren, mussten noch gelegt werden; das sollte aber auf gar
keinen Fall länger als eine Woche in Anspruch nehmen. Shannon kämpfte bei dem Gedanken
mit Freudentränen, die sie nur schwer dazu überreden konnte, ihr nicht hier, mitten
in der Zentrale vor den wenigen Bewohnern der Basis über die Wangen zu rollen.
    Die Kühlung stellte dabei das geringste Problem dar. Die
Leitungen des wärmeentsorgenden Systems des neuen Moduls wurden innerhalb der
Hülle mit jenen im unteren Bereich des Zentralzylinders untergebrachten
verbunden, von wo aus die Kühlleitungen in den Mondboden liefen, wo sie selbst
während des vierzehntägigen Mondtages ihre überschüssige Wärme loswerden
konnten. Die Elektrizitätsversorgung war schon ein etwas anspruchsvolleres
Thema. Aus Sicherheits- und Redundanzgründen wurde die Basis aus zwei
voneinander unabhängigen Energiequellen versorgt, wobei jedes dieser Systeme
allein in der Lage war, die Funktion der lebenserhaltenden Systeme zu
gewährleisten. So stand es zumindest im Handbuch der Tsiolkovsky-Basis. Was
dies im Ernstfall allerdings bedeuten würde, wollte sich keines der maximal
neun Besatzungsmitglieder auch nur ansatzweise vorstellen. Zum einen müsste
sich die gesamte Crew in einem Schlafmodul zusammendrängen, da die
Sauerstoffver- und Kohlendioxidentsorgung nur noch für zwei Module
gewährleistet wäre, und das zweite Modul war selbstverständlich die Zentrale.
Duschen war dann ebenso Geschichte wie das Zubereiten warmer Mahlzeiten, und
die Entsorgung der Fäkalien war pro Person und Tag nur noch zweimal möglich.
    »Scheiße!«, hatte Shannon voll Entsetzen von sich gegeben,
als sie dies beim ersten Briefing nach ihrer Ankunft auf der Station erfahren
hatte.
    Durch den engen Zeitplan und das Faktum, dass immer wieder dringendere
Arbeiten anstanden, war es bisher allerdings versäumt worden, die zweiten, zur
Kapazitätsabdeckung absolut notwendigen Versorgungsleitungen von den
energieliefernden Einheiten bis zur Basis zu legen. Die Arbeit konnte nun aber
nicht noch länger aufgeschoben werden.
    Eine Versorgungsmöglichkeit,
die ausschließlich während des Mondtages funktionierte, war die
Energiegewinnung aus Sonnenenergie. In Spitzenzeiten wurde damit auch Wasser in
Sauerstoff und Wasserstoff zerlegt, um die so gespeicherte Energie in der
Mondnacht nutzen zu können. Die zweite Variante war ein kleiner Kernreaktor,
der sich, wie das Handbuch nicht müde wurde zu unterstreichen, in einer
sicheren Entfernung von dreihundert Metern vom Hauptkomplex der Basis befand.
Die Bewohner nannten ihn nur ›das Kraftwerk‹, um ihm zumindest verbal etwas von
seiner alles durchdringenden Ausstrahlung zu nehmen.
    Shannon schlug die Beine übereinander und ihr knapper
Overall spannte um Hüfte und Brust, als sie sich an den Besprechungstisch
setzte. Behäbig und ungelenk hatte sie das nicht zu widerlegende Gefühl, dass
sie, die Frau von Tsiolkovsky, seit sie hier war, einiges an Gewicht zugelegt
hatte. Die andere Möglichkeit wäre gewesen, dass sich die Mondschwerkraft an
die der Erde angeglichen hatte, doch dieser Theorie räumte Shannon im Falle
einer wissenschaftlichen Evaluierung nur sehr geringe Überlebenschancen ein. »Kollegen«,
sagte sie amikal in die Runde. »Wie ist der Status von Modul Six? – Christopher?«
    Dieser sah sie lange und eindringlich an. Sie konnte in
seinem Gesicht lesen, wie sehr es ihn nervte, immer der erste zu sein, der sich
mit philosophischen Fragen dieser Art herumschlagen musste. Dennoch blickte er gelassen
in die Runde, bevor er sich zu einer Antwort herabließ. »Ja … also … wie deiner
geschätzten Aufmerksamkeit sicher nicht entgangen ist«, den sarkastischen
Unterton in seiner Stimme konnte Shannon klar und deutlich heraushören, »haben
wir Six in seine finale Position gebracht und angedockt. Die Druckprüfung der
Dichtungen verlief positiv.« Er sah ihr ins Gesicht, schien auf eine Reaktion
ihrerseits zu warten, vielleicht auf ein zartes Lächeln oder ein zustimmendes
Nicken, doch ihre Miene blieb so ausdruckslos wie die leblose Hülle der Station.
»Wir brauchen nun –«
    »Wie weit sind wir mit den Anschlüssen? Energie und
Lebenserhaltung?«, fiel sie ihm ins Wort, ohne seine weiteren Ausführungen
abzuwarten.
    Er holte tief Luft und fuhr sich mit der Rechten durch sein
Haar. »Wie ich gerade im Begriff war zu erläutern, wenn du mir nicht ins Wort gefallen
wärst«, konnte er sich einen

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