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Die Frau von Tsiolkovsky (German Edition)

Die Frau von Tsiolkovsky (German Edition)

Titel: Die Frau von Tsiolkovsky (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Harald Muellner
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echt zu sein. Das Abschiedsgeschenk
seiner Frau, als er vor mittlerweile über sieben Monaten zu seinem einjährigen
Einsatz hierher aufgebrochen war.
    Die knapp fünf Monate bis zu seiner Rückkehr würden nicht
einfach werden; wenn zumindest seine Ablöse pünktlich eintreffen würde. Quälend
wie die Klinge des Scharfrichters, die ihn bereits im Nacken kitzelte, ängstigte
ihn die Frage, wie lange seine Geduld noch standhalten würde, wie lange sie sich
noch von seiner Vorgesetzten strapazieren ließe, ohne dass er cholerisch oder
handgreiflich reagierte. Die Arbeit und die Abgeschiedenheit hier auf diesem
Außenposten ohne Blickkontakt zur Erde und fernab von allem, was ihm lieb war, waren
für sich allein genommen schon eine Belastung, die er nicht so ohne weiteres
wegsteckte; es bedurfte nicht auch noch einer missmutigen, egozentrischen Managerin,
um die Situation weiter zu verschärfen. Auch hatte er absolut keine Lust, seine
bescheidenen Energiereserven für Streit und Disput mit ihr zu verschwenden. Er
erinnerte sich an einen weisen Spruch, den er einmal von einem Kollegen gehört
hatte und der, sehr zu seiner Freude, in über achtzig Prozent der Fälle seine
Gültigkeit bewiesen hatte – bisher jedenfalls: »Alles kommt von selbst zu dem,
der warten kann.«
    Also hieß es warten. Was Shannon betraf, rechnete er jedenfalls
fest damit, dass sich seine Probleme von selbst lösen würden, wenn er nur etwas
Geduld bewies. Wenn nicht schon früher, so doch spätesten in fünf Monaten.
    So sollte es auch kommen, aber auf eine Art, mit der selbst
Martin nicht gerechnet hatte.
    Ein Schmunzeln lief über sein
Gesicht, um ebenso rasch wieder zu verebben, wie es gekommen war.
    Drei Tage später traf pünktlich auf die Minute CMT – Coordinated
Moon Time – das Frachtschiff mit dem letzten Element – Modul Six – ein. Die
Zeiten eines Neil Armstrong, der für seine Landung auf dem Mond noch einen Anflugkorridor
von mehreren Kilometern Breite und dutzenden Kilometern Länge beansprucht hatte,
waren – der Technik sei Dank – schon seit längerem Geschichte. So setzte die
Transporteinheit ihre Fracht keine hundert Meter südlich vom Zentralkomplex der
Basis ab.
    Ein zartes Gefühl der Genugtuung, beinahe hätte sie es schon
als Zufriedenheit durchgehen lassen können, kroch in Shannon hoch, als sich der
Staub, den die Triebwerke aufwirbelten, gelegt hatte.
    Die optischen Sensoren der LUnar-Surface-Transport-(LUST)-Einheiten
erfassten sofort ihre Beute, auf die sie programmiert worden waren. Beiderseits
des zylindrischen Moduls positionierten sich jeweils vier dieser Tragtiere, erfassten
mit ihren nanofasrigen Armen ihr Opfer, hoben es an und bugsierten es in eleganter
Millimeterarbeit zu der letzten noch freien Luftschleuse des zweietagigen Zentralzylinders,
wo sie es problemlos andockten. Ein Klicken hallte durch die metallene
Außenhülle, als feierten tausende Ameisen mit einer Quadrille die Ankunft des
neuen Moduls, als die zweiunddreißig mechanischen Verriegelungen automatisch
einrasteten. Shannon erschien es wie eine Ewigkeit, bis nach einer Stunde der
Dichtheitsprüfung die Anzeige neben der Luftschleuse grün aufflammte.
    Modul Six, das letzte von drei
Laboratorien, die die Station damit nun besaß, war erfolgreich angedockt. Vollständig
eingerichtet und ausgestattet mit den neuesten technischen Spielereien, die die
geringe Mondgravitation zu nutzen wussten, war es geliefert worden. Die Station
war damit Core-Complete oder CC, wie das dazupassende Akronym lautete.
    Das eigentliche Herz der Basis
war der doppelstöckige achteckige Zentralkomplex, von dem aus die gesamte Basis
überwacht und gesteuert werden konnte und wo alle Kommunikationskanäle zusammenliefen.
An jeder der acht Seiten gab es ein Dockingport, über die die gedockten Module
erreicht werden konnten. Core-Complete hieß, dass die Basis zu diesem Zeitpunkt
aus drei Wohnmodulen, drei Labormodulen, einem Modul für Ausrüstung und Vorräte
sowie einem Modul, in dem die beiden Luftschleusen untergebracht waren, bestand.
Jedes Wohnmodul bot Platz für drei Bewohner, die, wenn auch nur eine winzige,
so doch eine eigene Kammer zur Verfügung hatten. Weniger großzügig war eine
Etage über der Zentrale, das mit einer rundum verglasten Kuppel versehene
Beobachtungsdeck.
    Nach dem Ankoppeln von Modul Six stand Shannons Technikern aber
erst die eigentliche Arbeit bevor. Externe Installationen wie
Versorgungsleitungen, Energie und Kühlung, die für

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