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Die Frau von Tsiolkovsky (German Edition)

Die Frau von Tsiolkovsky (German Edition)

Titel: Die Frau von Tsiolkovsky (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Harald Muellner
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hatte gereicht, um bei ihr einen nachhaltigen
Eindruck zu hinterlassen. Auch wurde sie das unbestimmte Gefühl nicht los, die
einzige zu sein, die der Streik wirklich traf. Jede Woche Verzögerung konnte
das Aus für ihren weiteren Weg und ihre Karriere bedeuten; das Aus für ihr
Leben, wie sie es sich in ihren täglichen Träumen und nächtlichen Fantasien
bilderbuchmäßig, mit kräftigen und plakativen Pinselstrichen, ausgemalt hatte.
Wer würde für ihren Verlust an Ansehen, Karriere, den damit verbundenen Erfolg
und nicht zuletzt an Geld aufkommen, ihr das ersetzen, ihr das zurückgeben, was
ihr ihrer Meinung nach zustand? Die minderqualifizierten Idioten vom Raumdock?
Wohl kaum. Sie strich sich das aschblonde Haar aus dem Gesicht und nahm einen
Schluck dieser Brühe, die so öde und langweilig schmeckte, wie der langgezogene
Kraterboden vor ihr aussah. Mondkaffee 1.0 hatte sie das Gesöff gleich nach
ihrer ersten Verkostung scherzhaft genannt, denn an dem Automaten, der es zusammenbraute
und auswarf, musste wohl noch etwas gefeilt werden, bis das Getränk zumindest einem
nicht verwöhnten Gaumen die Illusion eines Kaffees von der Erde bereitete.
    Sie schreckte, was untypisch für sie war, aus ihren
Gedanken, als Martin neben sie trat.
    »Wir haben gerade Nachricht erhalten, dass Modul Six in drei
Tagen eintreffen wird«, sagte er. Shannon nahm die feine Spitze seines
deutschen Akzents kaum noch wahr.
    »Wird auch Zeit!«, blaffte sie, ohne ihren Blick von dem schwarzen
Kraterboden zu wenden.
    Sie spürte, dass er sie ansah, reagierte jedoch nicht
darauf, starrte nur unablässig aus dem Fenster, als würde sich dort draußen
gerade das spektakulärste Ereignis seit der ersten Mondlandung abspielen.
    »Es ist ohnehin das letzte Modul«, sagte er mit ruhiger
Stimme. »Das wird sich schon ausgehen.«
    Es gab Situationen, in denen Shannon verrückt wurde durch die
Ruhe und Gelassenheit, die andere um sie ausstrahlten. Dies war eine solche. »Dein
Vertrauen möchte ich haben«, sagte sie nicht ganz so scharf wie zuvor, obwohl
sie ihn am liebsten angeschrien und angesprungen hätte, wie er nur in dieser
Lage so emotionslos bleiben konnte. »Oder sollte ich es Blauäugigkeit nennen.
Der gesamte Planet da unten«, sie deutete auf ihre Füße, da sich die Erde
irgendwo unterhalb davon auf der anderen Seite des Mondes befinden musste, »ist
voll von Bürokraten, die keine Entscheidungen treffen wollen, von Arbeitern,
die nicht arbeiten wollen und von Klugschwätzern, die immer alles schönreden …«
Sie unterbrach sich plötzlich, als sie bemerkte, dass sie gerade im Begriff war,
Martin persönlich anzugreifen.
    »Ich denke, ich verstehe«, sagte er und Shannon fühlte, wie die
Kälte seiner Stimme in ihrem Nacken die feinen Härchen aufrichtete.
    »Martin, ich …«, versuchte sie,
wenn schon keine Entschuldigung, so doch zumindest eine Rechtfertigung für ihre
schlechte Laune zu geben, doch Martin war bereits aus der Zentrale verschwunden
und hatte die Tür zu seiner Kammer hinter sich zugeknallt.
    Er ließ sich schwer, so schwer es die geringe
Mondgravitation eben zuließ, auf den Sessel seines Schreibtisches fallen.
Eigentlich war es ja nur ein kleines Tischchen, das sich neben einem hellgrauen
Regal und mehreren Ablagen gegenüber seiner Schlafkoje befand. Am Kopfende des
Bettes stand ein gerahmtes Bild von einer glücklich lachenden Frau mit kurzen
Haaren und einem etwa ein Jahre alten Kind, das ganz offensichtlich nicht davon
begeistert war, auf dem Arm der Mutter verweilen zu müssen. Warum hatte er es
nicht schon längst in einer Ablage verschwinden lassen? Jedes Mal, wenn er das
Bild betrachtete krampften sich seine Eingeweide zusammen, fragte er sich, was
er hier machte, wie er überhaupt auf die Idee gekommen war, sich für den
Einsatz hier auf Tsiolkovsky zu melden. Am liebsten hätte er sich in seine Koje
geworfen und losgeheult. Doch das passte so gar nicht in das Bild des erfolgreichen
Astronauten auf der erdabgewandten Seite, das er von sich selbst irgendwann
einmal entworfen hatte.
    Ein kleines Bullauge am Ende der Koje, das kaum einen halben
Meter im Durchmesser maß, ließ das gleißende Sonnenlicht und zwei Wochen später
das triefende Schwarz in seine winzige Privatsphäre ein, und zeigte ihm, dass,
auch wenn er es nicht glauben wollte, doch die Zeit voranschritt. Oben auf dem
Regal stand in einem Plastikbecher eine einzelne rote Rose. Eine Rose so schön
und so gleichmäßig; viel zu perfekt um

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