Die Frauen der Calhouns 03 - Lilah
von einem Mann aus dem Gleichgewicht gebracht. Sie war daran gewöhnt, alles zu kontrollieren und in ihrer ungekünstelten Art den Ton zu bestimmen. Seit sie begriffen hatte, dass Jungen anders waren als Mädchen, hatte sie ihre angeborene Macht dafür eingesetzt, Angehörige des anderen Geschlechts einen Weg ihrer Wahl zu führen.
Ja, er verwirrte sie mit seinen Blicken.
Sie wollte seine Hand loslassen, doch Max hielt sie überraschend fest. »Sie sind die schönste Frau, die ich je gesehen habe«, sagte er langsam.
Das war eine gebräuchliche Floskel, ein banales Klischee, bei dem ihr Herz keinen Satz hätte machen sollen. Sie zwang sich zu einem Lächeln. »Sie kommen nicht viel herum, nicht wahr, Professor?«, sagte sie spitz.
Er lehnte sich zurück. »Nein, aber ich habe schlicht eine Tatsache festgestellt. Vermutlich sollte ich jetzt Ihre Hand mit Silber füllen, aber das ist mir leider ausgegangen.«
»Das Handlesen ist gratis.« Weil ihr ihre Bemerkung leid tat, lächelte sie wieder. »Wenn Sie sich besser fühlen, zeige ich Ihnen den Spukfilm.«
»Ich kann es kaum erwarten.«
Seine trockene Antwort amüsierte Lilah. »Vermutlich könnte man eine Menge Spaß mit Ihnen haben, Max, wenn Sie nur einmal vergessen, so angespannt und nachdenklich zu sein. Ich gehe jetzt nach unten. Seien Sie ein braver Junge, und ruhen Sie sich aus. Kann ich noch etwas für Sie tun?«
»Nur eine Frage. Sind Sie gebunden?«
Sie hob eine Augenbraue. »Inwiefern?«
»Es ist eine einfache Frage, Lilah, die eine einfache Antwort verdient.«
Sein belehrender Ton reizte sie. »Wenn Sie meinen, ob ich gefühlsmäßig oder sexuell mit einem Mann verbunden bin, lautet die Antwort Nein. Im Moment nicht!«
»Gut.« Der leichte Ärger in ihren Augen gefiel ihm. Er hatte eine Antwort gewollt, und er hatte eine bekommen.
»Hören Sie, Professor, ich habe Sie aus dem großen Teich gefischt. Sie wirken auf mich zu intelligent, um auf diese Dankbarkeitsübertragung hereinzufallen.«
Jetzt lächelte er. »Übertragung – worauf?«
»Lust, würde ich sagen.«
»Sie haben recht. Ich kenne den Unterschied – besonders, wenn ich beides gleichzeitig verspüre.« Seine Worte überraschten ihn selbst. Vielleicht hatte ihn das intensive Erlebnis des nahen Todes aufgerüttelt.
Einen Moment sah Lilah aus, als wollte sie ihn ohrfeigen. Dann stieß sie abrupt ein melodisches Lachen aus. »Das war vermutlich ebenfalls eine schlichte Tatsachenfeststellung. Sie sind ein interessanter Mann, Max.«
Und während sie das Tablett ins Haus trug, sagte sie sich einfach, dass er auch ein harmloser Mann war.
Hoffentlich.
3. K APITEL
Selbst nachdem Max sich von seinem Konto in Ithaca hatte Geld schicken lassen, verwarfen die Calhoun-Frauen seinen Vorschlag, dass er in ein Hotel ziehen solle. Max bestand allerdings auch nicht besonders hartnäckig darauf. Er war noch nie zuvor so verwöhnt worden. Darüber hinaus hatte er sich auch noch nie als Teil einer großen, lärmenden Familie gefühlt. Sie nahmen ihn in ihren Kreis mit einer lässigen Gastfreundschaft auf, die unwiderstehlich und reizend war.
Max lernte sie alle kennen und schätzte sie wegen ihrer unterschiedlichen Persönlichkeiten und des familiären Zusammenhalts. Dies war ein Haus, in dem ständig etwas geschah und jeder immer irgendetwas zu sagen hatte. Für jemanden, der als Einzelkind in einer Atmosphäre aufgewachsen war, in der seine Liebe zu Büchern als Versagen betrachtet wurde, war es eine Offenbarung, unter Menschen zu sein, die ihre eigenen Interessen auslebten und die anderer respektierten.
C. C. war eine Automechanikerin, die über Motorblöcke redete und dieses mysteriöse Leuchten einer jungen Ehefrau ausstrahlte. Amanda, sachlich und wohlorganisiert, arbeitete in einem nahen Hotel als Assistentin des Managers. Suzanna führte ein Blumengeschäft und kümmerte sich um ihre Kinder, deren Vater niemand erwähnte. Coco leitete das Haus, kochte herrliche Mahlzeiten und schätzte männliche Gesellschaft. Sie machte Max nur nervös, wenn sie androhte, seine Zukunft aus den Teeblättern zu lesen.
Und dann Lilah. Max fand mit der Zeit heraus, dass sie im Acadia National Park arbeitete. Sie liebte es, lange zu schlafen, schätzte klassische Musik und die raffinierten Desserts ihrer Tante. Wenn sie Lust dazu hatte, konnte sie in einem Sessel wie hingegossen sitzen und ihm die kleinsten Details über sein Leben entlocken. Oder sie rollte sich in einem Sonnenstrahl zusammen, blockte
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