Die Frauen der Calhouns 03 - Lilah
Schmuck. Lilah wollte schon eintreten und um ein Paar Ohrringe feilschen, als sie mit jemandem zusammenstieß.
»Tut mir leid.« Die Entschuldigung klang gepresst. Lilah sah einen untersetzten Mann vor sich, mit einem verwitterten Gesicht und grau werdenden Haaren. Er wirkte viel wütender, als der leichte Zusammenstoß rechtfertigte, und etwas in seinen blassen Augen ließ sie zurückweichen.
Dennoch zuckte sie die Schultern und lächelte. »Schon gut.«
Sie blickte ihm stirnrunzelnd nach, drehte sich um und wollte zurück in den Laden, als sie Max entdeckte, der einen Meter hinter ihr stand und sie schockiert anstarrte. Dann trat er schnell auf sie zu, und unwillkürlich hielt sie den Atem an.
»Max …«
Mit einem energischen Griff drängte er Lilah in den Laden. »Was hat er zu dir gesagt?«, fragte er mit einer Schärfe, dass sich ihre Augen erschrocken weiteten. »Hat er dich berührt? Wenn der Bastard seine Hände an dich …«
»Warte!« Da die meisten Kunden in dem Geschäft zu ihnen herüberstarrten, hielt Lilah ihre Stimme gedämpft. »Beruhige dich, Max. Ich weiß nicht, wovon du sprichst.«
In ihm kochte eine so mörderische Wut, wie er sie noch nie zuvor empfunden hatte und die sich auch in seinen Augen zeigte, woraufhin sich einige Touristen zur Tür hinausschoben. »Ich habe ihn neben dir stehen sehen.«
»Diesen Mann?« Verblüfft blickte sie durch das Schaufenster, aber der Fremde war längst verschwunden. »Er ist einfach mit mir zusammengestoßen. Im Sommer sind die Bürgersteige überfüllt.«
»Hat er nichts zu dir gesagt?« Max nahm nicht einmal wahr, dass er die Fäuste geballt hatte und auch bereit war, sie ohne Zögern hart einzusetzen. »Er hat dir nichts getan?«
»Nein, natürlich nicht. Komm schon, wir setzen uns.« Ihr Ton war besänftigend, während sie Max nach draußen drängte. Doch anstatt sich auf eine der Bänke entlang der Straße zu setzen, hielt Max Lilah hinter sich und suchte die Menschenmassen ab. »Hätte ich geahnt, dass dich der Kauf von Unterwäsche dermaßen aufregt, Max, hätte ich es nicht einmal erwähnt.«
Wut funkelte in seinen Augen, als er herumwirbelte. »Das war Hawkins«, knurrte er. »Sie sind noch immer hier!«
5. K APITEL
Lilah wusste nicht, was sie mit Max anfangen sollte. Die Lampe leuchtete golden, als sie im Turmzimmer saß und beobachtete, wie die Nacht sachte über Wasser und Felsen hereinbrach. Sie dachte an Max. Er war bei Weitem kein so unkomplizierter Mann, wie sie anfangs vermutet hatte – und wie er sich selbst bestimmt sah.
In der einen Sekunde war er schüchtern, süß und leicht zu verängstigen. In der nächsten glich er einem Wikinger. Dann blitzten seine blauen Augen, und sein sensibler Mund wurde grimmig. Die Verwandlung war genauso faszinierend wie verblüffend und verwirrte Lilah, eine Empfindung, die sie nicht mochte.
Nachdem er den Mann, den er Hawkins nannte, gesehen hatte, hatte Max sie förmlich zum Wagen gezerrt, sie hineingeschoben und war losgefahren. Ihr Vorschlag, Hawkins zu verfolgen, war auf ein schroffes, heftiges Nein gestoßen. Zurück in The Towers, hatte er die Polizei angerufen und die Meldung so ruhig durchgegeben, als würde er einem Studenten eine Literaturliste diktieren. Danach hatte er sich in typisch männlicher Art mit Sloan und Trent beraten.
Die Polizei hatte Caufields Boot noch nicht gefunden und weder Caufield noch Hawkins nach Max’ Beschreibung identifiziert.
Es ist alles viel zu kompliziert, fand Lilah. Diebe und Decknamen und internationale Polizei. Sie bevorzugte das Schlichte. Das Leben war alles andere als einfach gewesen, seit die Presse ihre Begeisterung für die Calhoun-Smaragde entdeckt hatte, und alles war noch komplizierter geworden, seit Max an die Küste gespült worden war.
Doch sie war froh, dass es geschehen war. Sie wusste nicht genau, warum. Eigentlich hatte sie nie den schüchternen Intellektuellen für ihren Typ gehalten. Es stimmte, dass sie Männer ganz allgemein mochte, einfach weil sie Männer waren. Sie vermutete, dass das davon kam, dass sie den größten Teil ihres Lebens in einem Haushalt mit Frauen verbrachte. Wenn sie sich verabredete, suchte sie meistens Spaß und lässiges Beisammensein. Jemanden, mit dem sie tanzen oder mit dem sie bei einem guten Essen lachen konnte. Sie hatte stets gehofft, sich in einen dieser sorglosen, unkomplizierten Männer zu verlieben und mit ihm ein sorgloses, unkompliziertes Leben zu beginnen.
Nüchterne Dozenten mit
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