Die Frauen der Calhouns 05 - Megan
»Das gehört zu unserer Familiengeschichte.«
»Ungute Schwingungen.« Mit zusammengekniffenen Augen schaute Lilah auf das Buch, das in der Mitte des Esstisches lag. »Höchst ungute Schwingungen.«
»Mag ja sein.« Max schüttelte den Kopf. »Aber ich kann mich nicht damit einverstanden erklären, ein Buch zu verbrennen.«
»Ist ja nicht gerade Weltliteratur«, murmelte C.C.
Trent massierte seiner Frau die steifen Schultern. »Wir könnten es dahin zurücklegen, wo wir es gefunden haben. Oder Sloans Vorschlag genauer überdenken.«
»Ich glaube wirklich, dass eine Art Ausstellungsraum mit Stücken aus jener Zeit, Andenken, Artefakten und Gemälden, nur ein Gewinn sein kann. Nicht nur für das Hotel, sondern auch für die Familie.«
»Ich weiß nicht recht.« Suzanna presste die Lippen zusammen. »Wenn ich mir vorstelle, Fergus’ Sachen sollen neben Biancas liegen. Oder neben denen von Tante Colleen und Onkel Sean …«
»Er mag ein Ekel gewesen sein, aber er gehört nun mal zum Gesamtbild.« Holt sah nachdenklich in seine Kaffeetasse. »Ich schließe mich Sloans Meinung an.«
Ein Kommentar, der prompt einen kleinen Aufruhr auslöste. Zustimmung, Ablehnung und Gegenvorschläge flogen hin und her. Megan verfolgte die hitzige Debatte mit verwundert aufgerissenen Augen.
Sie hatte gar nicht an der Familiensitzung teilnehmen wollen. Doch ihr Protest war von allen Calhouns überstimmt worden.
Sie warf einen Blick auf den Stein des Anstoßes. Als Amanda ihr die Kladde in ihr Büro brachte, war sie irgendwann schließlich der Versuchung erlegen. Megan hatte das Leder abgewischt und angefangen, durch die Seiten zu blättern und die Summen nachzurechnen. War sie über den einen oder anderen Fehler in der Addition gestolpert, so hatte ihr das ein missbilligendes Schnalzen mit der Zunge entlockt. Natürlich hatte sie sich auch die Anmerkungen am Rand angeschaut. Diese Notizen hatten bei ihr den Eindruck hinterlassen, dass Fergus Calhoun ein ehrgeiziger, kaltherziger und egoistischer Mann gewesen sein musste.
Andererseits – so viel Aufhebens um ein schlichtes Haushaltsbuch schien ihr doch eher unverständlich. Vor allem, wenn die letzten Seiten hauptsächlich Zahlenreihen aufwiesen, aus denen Megan absolut nicht schlau werden konnte.
Aber sie würde sich hüten, hier ihre Meinung kundzutun. Es stand ihr nicht zu.
Bis sie direkt angesprochen wurde. »Was sagst du dazu, Megan?«
Cocos Frage kam völlig unerwartet. Megan blinzelte. »Wie bitte?«
»Wie denkst du darüber? Bisher hast du kein Wort gesagt. Dabei bist du diejenige, die am qualifiziertesten von uns allen ist.«
»Qualifiziert?«
»Ja, es ist ein Haushaltsbuch, und du bist Buchhalterin.«
Diese Logik überrumpelte Megan. »Das geht mich doch eigentlich nichts an …« Der Rest ihrer Worte ging in einem empörten Protestgeraune der Anwesenden unter, warum es sie sehr wohl etwas angehe. »Nun, ich …« Sie schaute in die Runde. Alle Augen lagen erwartungsvoll auf ihr. »Ich meine, es wäre schon faszinierend, die Buchführung für ein Jahr nachzuvollziehen, das so lange zurückliegt. Einnahmen und Ausgaben, Haushaltsaufwand, Kosten für die Dienerschaft, Reparaturen … Ihr hättet dann ein ungefähres Bild, wie der Alltag eurer Familie im Jahr 1913 verlief.«
»Ist doch mein Reden!« Coco klatschte vor Begeisterung in die Hände. »Natürlich! Weißt du übrigens, Meg, dass ich gestern die Karten für dich gelegt habe? Es war ganz deutlich zu sehen, dass du ein neues Projekt übernimmst. Eines mit Zahlen.«
»Tante Coco.« C. C. lächelte geduldig. »Megan ist unsere Buchhalterin.«
»Das weiß ich doch, Darling.« Coco tastete nach ihrer Frisur. »Aber es tauchte immer wieder auf, deshalb drängte es sich mir geradezu auf, dass da noch mehr sein muss. Ich bin mir ganz sicher, dass etwas Wunderbares dabei entdeckt wird. Etwas, über das wir alle froh und glücklich sein werden. Ich freue mich ja so, dass du es machen willst, Meg.«
»Machen?« Hilfe suchend sah Megan zu ihrem Bruder und erhielt nur ein breites Grinsen als Antwort.
»Ja, Fergus’ Buch durcharbeiten. Du kannst es doch sicher in den Computer eingeben, oder? Sloan hat uns erzählt, wie pfiffig du bist.«
»Natürlich könnte ich, aber …«
Aus dem Babyfon auf dem Sideboard ertönte lautes Quengeln.
»Bianca?« Max horchte sofort auf.
»Nein, Ethan«, kam es wie aus einem Munde von C. C. und Lilah.
Und damit war die Sitzung erst einmal vertagt.
In ihrem Zimmer fragte Megan
Weitere Kostenlose Bücher