Die Frauen der Calhouns 05 - Megan
nicht. Ihren Sohn würde sie niemals für ihre Freiheit eintauschen.
»Können wir nach unten gehen und uns etwas zu trinken holen?« Kevin zupfte seine Mutter am Arm. »Wir alle haben Durst.«
»Ja natürlich, ich komme mit.«
»Wir können allein gehen.« Alex war der festen Ansicht, sie seien schon viel zu alt, um noch einen Aufpasser zu brauchen. »Ich habe Geld mit. Wir wollen uns hinsetzen und zusehen, wie die anderen von Bord gehen.«
»Na gut, einverstanden.« Megan sah den dreien nach, wie sie davonstürmten. »Sie werden so schnell flügge«, murmelte sie mit einem Seufzer.
»Ihr Junge wird immer wieder zu Ihnen zurückgeflogen kommen«, versicherte Nathaniel überzeugt.
»Das hoffe ich.« Sie hielt sich zurück, bevor ihr der restliche Teil des Satzes entschlüpfen konnte: »Denn er ist alles, was ich habe.« Aber bedanken wollte sie sich. »Für Kevin war es ein ganz besonderer Tag. Und für mich auch. Vielen Dank.«
»Keine Ursache.« Sie waren allein auf der Brücke, die Leinen vertäut, die Gangway ausgefahren. Die Passagiere gingen von Bord. »Das können wir gerne wiederholen, wenn Sie möchten.«
»Ich glaube auch nicht, dass ich Kevin zurückhalten könnte. Ich sollte jetzt wohl besser zu den Kindern nach unten gehen.«
»Denen geht’s gut.« Er trat auf sie zu, bevor sie ausweichen konnte. »Wissen Sie, Meg, wenn Sie mit den Kindern zusammen sind, vergessen Sie ganz, nervös zu sein.«
»Ich bin nicht nervös.«
»Doch, Sie zappeln wie ein Fisch an der Angel. Es war das reine Vergnügen, Sie zu betrachten, als die Wale in Sicht kamen. Es ist immer das reine Vergnügen, aber wenn Sie lachen und der Wind mit Ihrem Haar spielt, könnte einem Mann glatt das Herz stehen bleiben.«
Er machte noch einen Schritt vor und drängte sie gegen das Steuer zurück. Vielleicht war das nicht unbedingt fair, doch darüber würde er sich später Gedanken machen. Es würde eine Zeit dauern, bevor er das Gefühl ihres Rückens an seiner Brust vergessen könnte. Bevor er vergaß, wie weich und schmal sich ihre Hände unter seinen Fingern angefühlt hatten.
»Und wenn ich da erst an Ihr wunderschönes Gesicht denke … Im Moment besteht es praktisch nur aus Augen. Sie haben wirklich hübsche Augen, die hübschesten blauen Augen, die mir je untergekommen sind. Und dann diese Pfirsichwangen und der Rosenmund …« Mit einem Finger strich er an ihrem Kinn entlang. Sie kam sich vor, als hätte sie soeben eine Hochspannungsleitung angefasst. »Da kommt in einem Mann der Wunsch auf, zu probieren und den Geschmack herauszufinden.«
»Ich bin unempfänglich für solche Schmeicheleien.« Sie hatte bestimmt und frostig klingen wollen, stattdessen klang sie nur atemlos.
»Ich zähle lediglich Tatsachen auf.« Er beugte sich vor, bis sein Mund nur noch Millimeter von ihren Lippen entfernt war. »Wenn Sie nicht wollen, dass ich Sie küsse, dann sollten Sie es jetzt besser sagen.«
Sollte sie. Zweifelsfrei. Wenn sie in der Lage gewesen wäre, einen Ton herauszubringen, hätte sie es auch bestimmt getan. Und dann lag sein Mund auch schon auf ihrem, warm und fest. Hinterher würde sie sich davon zu überzeugen versuchen, dass sie die Lippen nur geöffnet hatte, um schockiert zu protestieren. Doch das war eine Lüge.
Ihre Lippen öffneten sich nicht nur willig, sondern gierig, in einem Verlangen, das aus den Tiefen ihres Seins emporstieg, ebenso wie das leise Stöhnen, das sich ihrer Kehle entrang. Ihr Körper verharrte keineswegs in steifer Verweigerung, sondern summte wie eine angeschlagene Harfensaite. Megan schob die Hände in sein Haar und vertiefte den Kuss.
Nathaniel hatte eine abweisende Reaktion erwartet, zumindest eine kühle. In ihren Augen hatte er schon vorher die Leidenschaft erkannt, die tief unter der Oberfläche brodelte, und damals hatte er unwillkürlich an einen schlafenden Vulkan denken müssen.
Doch auf eine solche Flammenbrunst war er nicht vorbereitet. Er vergaß alles andere, konnte nur an diese Frau denken, an ihren Duft, ihren Geschmack. Seine Hände wanderten ruhelos über ihre schlanke Figur. Er zog sie näher an sich heran, und ihre zarten Rundungen so an sich gepresst zu fühlen, ließ ihn taumeln.
Der Geruch nach Meer, den die Brise hereinwehte, ließ das Bild in ihm aufsteigen, wie sie sich im warmen Sand liebten, während die Wellen sich am Strand brachen und die Möwen hoch oben über ihnen ihre Schreie ausstießen.
Megan meinte zu ertrinken und klammerte sich an Nathaniel fest.
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