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DIE FRAUEN DER DIKTATOREN

DIE FRAUEN DER DIKTATOREN

Titel: DIE FRAUEN DER DIKTATOREN Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Diane Ducret
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inbrünstigem Schuldgefühl. Irgendwann wird es Herminia, Felisminas Schwester, zu viel. Eifersüchtig wacht sie von Viseu aus über das bukolische Idyll und befiehlt ihrer Schwester, sofort zurückzukommen. Sie weiß, dass sie ihr zu Hause diese unselige Sache ausreden kann.
    Die gemeinsame Zeit neigt sich also ihrem Ende zu. António ist fest entschlossen, Felismina eine Erinnerung mit auf den Weg zu geben, die sie nicht vergessen kann. Er nimmt sie nach Buçaco mit, einen wunderschönen, weltabgeschiedenen Park. Der Botanische Garten liegt auf einem Hügel und wird von einem päpstlichen Dekret aus dem 17. Jahrhundert geschützt, das jeden, der diesen Ort schändet, mit Exkommunikation bedroht. Und so veranstalten sie dort zu viert mit Marta und Abel, einem Freund, unter Kaukasustannen und Libanonzedern, ein Picknick. „In dieser wunderbaren Umgebung streicht die Liebe Gottes über uns hinweg wie ein hermelinbesetzter Flügel.“ Salazars Rechnung ging auf. Er hat aufgehört zu kämpfen: „Glücklich ließ ich mich dort für die Ewigkeit versprechen.“
    Felismina aber hat dem Befehl ihrer Schwester zu gehorchen und nach Viseu zurückzukehren. Zur Strafe muss sie den ganzen Monat September bei den Franziskanerinnen sticken lernen: „Ich weinte und weinte … vor allem um das Glück, das ich dort wenige Tage lang genossen hatte und das nun für immer verloren zu sein schien.“
    Bekräftigung der Sünde, Beschwörung des Glaubens
    Am 5. Oktober 1906 ist Salazar zurück im Seminar. Felismina erfährt, dass ihre Schwester Herminia – um sie zu schützen oder aus purer Eifersucht – ihm geschrieben hat. Doch Salazar weiß mit Frauen umzugehen. Er begreift sofort, was die heuchlerische Schwester wissen will: „Hier haben Sie Ihren Schatz zurück. Sie hat die Herzen aller erobert und Sie bekommen sie zurück, wie sie gekommen ist.“ Ganz banal ausgedrückt: Felismina ist nach ihrem Aufenthalt in Santa Comba Dão immer noch Jungfrau.
    Von nun an allerdings stellt Salazar sich abweisend. Seine plötzliche Kälte veranlasst Felismina, eine Stelle als Lehrerin in dem kleinen Bergdorf Moura Morta anzunehmen. Dort schreibt sie Gedichte und Artikel für die Pfarrzeitung. Ihre Kollegen schätzen sie sehr. Doch hinter der fröhlichen Fassade verbirgt sich die Angst, die Entfernung könne sie und ihren Geliebten entzweien. „Habt Erbarmen mit mir, oh Herr, ich gelobe Euch, Euch Euren Diener nicht wegzunehmen“, fleht sie im Gebet. Am Palmsonntag wird sie endlich erhört. António nimmt mit den anderen Seminaristen an der Prozession teil. Als er den Mittelgang der Kirche hinabschreitet, verfolgt sie ihn aufgeregt mit ihren Blicken. Er aber tritt gelassen auf sie zu und überreicht ihr einen Zweig. Welch wunderbare Reliquie! Und welch tiefes Schuldgefühl, sie an diesem heiligen Ort in Empfang zu nehmen!
    Als das Schuljahr endet, fährt Felismina wieder in die Ferien nach Santa Comba Dão. António zeigt sich zartfühlend und liebevoll, wie nur er es sein kann. Das Wiedersehen ist süß, doch im September werden die beiden wieder getrennt. Felismina kehrt nach Moura Morta zurück. Herminia macht ihr brieflich Vorhaltungen, dass bereits ganz Viseu von ihrer Beziehung zu António rede. Felismina schreibt António und bittet ihn, ihrer Beziehung ein Ende zu setzen. Er gehorcht: „Ein Schäfer und eine Schäferin liebten sich sehr, doch die Familie der Schäferin widersetzte sich der Verbindung“, schrieb er an seinen geliebten Rotschopf.
    Dieser Trennung folgte der Sturz des portugiesischen Königtums. Am 1. Februar 1908 wurden König Karl I. und sein ältester Sohn von Republikanern erschossen, die entschlossen waren, die Monarchie ein für alle Mal abzuschaffen. Und tatsächlich sollte sie ihre letzten Monate erleben. Als Manuel II. den Thron besteigt, beschließt Felismina, ihrerseits aktiv zu werden. Unter dem Pseudonym „Zelia“ veröffentlicht sie in einer katholischen Zeitschrift ein Gedicht mit dem Titel Vaterland . Darin lehnt sie die Ideen der Republikaner und die Freiheit, die diese sich auf ihre Fahnen schreiben, vehement ab.
    Als sie liest, dass António demnächst die Weihen erhalten soll, fällt sie in Ohnmacht. Endlich würde er also Priester werden … Diesen Sommer wird sie wieder nach Santa Comba Dão eingeladen. Bei diesem Wiedersehen erleben sie den wohl fleischlichsten Moment ihrer Beziehung. Sie ist im Garten auf eine steinerne Bank gestiegen und hebt die Arme zum Himmel. Er nähert sich ihr.

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