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DIE FRAUEN DER DIKTATOREN

DIE FRAUEN DER DIKTATOREN

Titel: DIE FRAUEN DER DIKTATOREN Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Diane Ducret
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gemeinsamen Lebens schmackhaft zu machen: „Auf den Feldern zu arbeiten und am Abend in die Arme einer liebenden Frau heimzukehren, macht aus der Erde ein Paradies. Und Sie, nur Sie können diese Wandlung bewirken.“
    Im tiefsten Kämmerlein ihres Herzens ist es eben das, was das Mädchen erträumt: sich in den Armen des Seminaristen wiederzufinden. Aber sie fürchtet die Schlingen des Teufels, und so zeigt sie sich kalt. Doch seine Worte erschüttern ihre Gewissheit: „Wie konnte ich solch ein Geständnis lesen und inmitten der süßen Gefühle nicht einen Hauch von Bitterkeit empfinden? Kann ich denn das Weib dieses Bauern werden, ohne zu sündigen? Das ist der Roman des wahren Lebens …“
    António aber merkt von ihren Gewissensqualen nichts. Er besucht immer noch seine Schwester im Hause Felisminas, zeigt sich geistreich, charmant, verspielt. Er wendet sogar seine Aufmerksamkeit einer anderen Untermieterin des Hauses zu, nur um Felismina eifersüchtig zu machen. Er fragt sie, ob sie denn die Hefte erhalten habe. Sie zahlt es ihm mit gleicher Münze heim und fragt ihn über den Seminaristen aus, der das Päckchen gebracht hat. Getroffen kann er sich eine bittere Bemerkung nicht verkneifen: „Ich sehe, dass der Bote mehr Eindruck hinterlassen hat als der Verfasser.“ In seiner Eitelkeit verletzt, macht er anderen Mädchen schöne Augen. Felismina aber gibt er den Kosenamen „Amor“, „Liebe“. Sie hingegen nennt ihn bloß troca tintas , „Rattenfänger“.
    In der Einsamkeit der Felder …
    Am Ende des Schuljahres, in den Sommerferien, lädt man Felismina zu Antónios Familie nach Santa Comba Dão ein. Zum ersten Mal reist sie allein. Schwarz gekleidet wie immer nimmt sie nur ein wenig Wäsche in einer Reisetasche mit. Nur das Allernötigste: eine Bluse, einen Rock, eine Schürze. Sie hat ein wenig Angst vor diesem Besuch, vor allem, als sie merkt, dass scheinbar niemand gekommen ist, um sie am Bahnhof abzuholen. Unruhig erkundigt sie sich, wo denn Vimieiro liege, in Santa Comba Dão. Doch ehe man ihr noch antworten kann, steht schon Salazar mit seinem Regenschirm am Arm neben ihr. Mutter, Vater und die vier Schwestern empfangen sie, als gehöre sie schon zur Familie. António ist zwar erst siebzehn Jahre alt, doch er ist bereits Herr im Haus.
    Die Tage vergehen und die beiden kommen sich Händchen haltend auf ihren Spaziergängen immer näher: „Ein junger Mann, der Priester werden wollte. Ein junger Mann, der mir an Intelligenz und Tugend weit überlegen war, überschüttete mich mit Zärtlichkeiten! Ich genoss seine Aufmerksamkeiten voller Freude und wusste nicht, ob ich es für Liebe halten sollte.“
    Dabei sind Antónios Aufmerksamkeiten wahrlich nicht misszuverstehen. Eines Tages sitzen sie unter Aufsicht von Maria do Resgate im Nähzimmer und lesen die Verse von Soares de Passos, als António, seine Mutter ignorierend, Felismina an sich zieht. Er hält sie so eng umfangen, dass sich das Kleid auf ihrer Haut abdrückt.
    Doch in den frühen Morgenstunden verwandelt sich die Aufregung über diesen ersten körperlichen Kontakt in Reue: „Was für eine Schande! Ich hatte solche Angst. Das kann doch nicht sein. Und seine Mutter saß uns gegenüber und nähte. Sie konnte uns sehen! Vermutlich hat sie nur so getan, als bemerke sie nichts.“ Doch Felismina hat sich nicht von ihm losgemacht. Salazar sah darin offensichtlich eine Aufforderung zu weiteren Avancen. Als sie am nächsten Tag im Garten Obst aufliest, nutzt er einen unachtsamen Moment ihrerseits und sinkt vor ihr auf die Knie. Er ergreift ihre Hand und führt sie an seine Lippen. Gerade wollen sie sich umarmen, als ein Geräusch sie herumfahren lässt. Jemand kommt. Die beiden lassen einander los. Marta verschwindet sofort auf die Terrasse, als sie die beiden sieht. Nun kann Felismina sich selbst nichts mehr vormachen: „Es war Liebe, was er mir zu zeigen versucht hat. Ich aber sah ihm mit steigender Furcht zu. Oh, zartes Gefühl, das mich immer mehr umgibt und durchfährt, doch sachte und voller Traurigkeit. Einen künftigen Priester zu lieben!“
    Als sie die Familienfotos auf dem Kamin betrachtet, entdeckt sie eines von António als Kind, auf dem er verträumt dreinblickt.
    „Wovon haben Sie da geträumt?“
    „Davon, dass es eine Frau wie Sie geben könnte.“
    „Oh!“
    „Warum sagen Sie nur immer ‚Oh‘?“
    Ohne zu antworten kehrt sie ihm den Rücken zu.
    So eilt der Sommer dahin wie im Paradies zwischen unschuldigem Flirt und

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