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DIE FRAUEN DER DIKTATOREN

DIE FRAUEN DER DIKTATOREN

Titel: DIE FRAUEN DER DIKTATOREN Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Diane Ducret
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überlebt.
    Anders als Hitler oder Mussolini lässt Salazar sich nicht vom Volk feiern. Er lässt sich nicht gerne fotografieren und wird sich nie schminken lassen. Seine Reden liest er mechanisch einfach ab. Er wird nie die Massen zu höchster Erregung aufpeitschen [5] . Die Anziehung, die er auf die Frauen und die Masse seiner Anhänger ausüben will, ist versteckt und wohldosiert. Natürlich ist auch er ein Diktator, der Frauen ebenso wie Männer manipuliert, doch vor allem ist er ein Mann, der sich nur für einen bestimmten Typus Frau begeistern kann.
    Er hat nur wenige Freunde, und auch diese hält er auf Distanz, weil er fürchtet, sie könnten ihn manipulieren. Es ist eine seiner größten Ängste, dass er weich werden könnte. Mário de Figuereido, ein Freund noch aus Seminarzeiten, enthüllt den Grund: eine Form des Hochmuts, die ihn stets fürchten lässt, sich als Verliebter lächerlich zu machen. „Er sagt nie, was man erwartet. Er lässt sich nicht mitreißen. Kaum hat er dir sein Herz ein bisschen geöffnet, verschließt er es auch wieder.“ Micas bestätigt dies: „Alle Welt weiß, dass Salazar viele Frauen hatte, aber wenn die Sache ernst zu werden begann, zog er sich zurück.“ Doch auch wenn er sich niemals ernsthaft engagiert, sind seine Mätressen keine flüchtigen Liebschaften, sondern echte Romanzen: Er liebt den intellektuellen Dialog, die gemeinsame Komplizenschaft. Vor allem aber liebt er es, wie die Frauen ihn ansehen. Er braucht den sanften Blick der Frauen, den seine Mutter ihm schenkte oder seine Schwester Marta.
    Er leidet unter heftigen Migräneanfällen. Manchmal bleibt er bei geschlossenen Vorhängen stundenlang auf dem Bett seines bescheidenen Zimmers liegen. Als er 1916 zum Professor aufsteigt, erlebt er einen wahren sinnlichen Taumel, einen inneren Umsturz. Er beginnt eine Reihe Affären, ohne sich näher auf die Frauen einzulassen. Er achtet auf sein Aussehen und trägt den Umhang, den in Coimbra die Studenten tragen. Die dunkle Haartolle wölbt sich über der Stirn. Ansonsten kleidet er sich mit ausgesuchter Eleganz, in Schwarz, mit seidener Krawatte und ebensolchen Handschuhen.
    Sein neuer Stand erlaubt ihm die eine oder andere Extravaganz. Er geht ins Theater, lauscht Konzerten. Denn die Musik liebt er unter den Künsten ganz besonders. Daher frequentiert er auch die Pianistinnen Coimbras, zum Beispiel Gloria Castanheira. Die Sängerin hat sich vom Beruf zurückgezogen. Salazar trifft sie auf den Spaziergängen, die sie mit Sonnenschirm und ihrem Papagei im Käfig unternimmt. Sie lädt ihn zu den Konzerten ein, die sie in ihrem Heim in der Couraça de Lisboa gibt. Dort lässt er sich von der Stimme Maria Celestina Costa Alemãos hinreißen, die Scarlattis Violetta „einfach göttlich sang“.
    Die beiden beginnen eine Art musikalischer Affäre. Sie spielt für ihn seine Lieblingslieder auf dem Piano, er schreibt ihr Dankeskärtchen: „Ich schreibe Dir, ma Señora , in der köstlichen Erinnerung an diese wunderbaren Abende berauschender Intimität und großartiger Musik, die Deine (unerschöpfliche) Güte mir bescherte […] All diese wunderbaren Dinge – Deine Freundschaft, die Gespräche, die wir führten – bezaubern mich.“
    Gloria wird seine Vertraute, mit der er den Überschwang seiner Gefühle teilt. Er gesteht ihr, dass er sich „außerordentlich erschöpft und kraftlos“ fühlt und sich nur noch an „ihren naiven Gesang“ klammere. Sie schickt ihm Verse von Henry Bataille, um ihn zu trösten. „Ich wusste nicht, dass in dem Rosenstrauß Leben so viele Dornen zurückgeblieben sind“, meint die Diva angesichts der Leiden ihres jungen Freundes.
    Leider ist Gloria nicht nach Antónios Geschmack, und er wäre wirklich der Letzte, der die Avancen einer anderen Frau abwiese. „Was willst Du?“, meint er zu seinem Freund Padre Cerejeira, „sie hat mich provoziert. Sie hat die Initiative ergriffen, und ich bin nun mal kein Mönch.“ [6] Sogar wenn eine Frau ihn nicht reizt, nährt er in einer Art Sammelwut ihre Verliebtheit und ihre Abhängigkeit. Doch den Hof macht er Glorias Nichte Maria-Laura, nicht etwa seinen Schülerinnen.
    Der Klatsch hat Hochkonjunktur in den erlauchten Kreisen Coimbras. Man spricht gar von Ehe. Lässt er nicht gerade sein Haus in Santa Comba Dão vergrößern? Für seine künftige Frau vielleicht? Salazar fühlt sich von den Gerüchten sowohl erheitert als auch geschmeichelt. In einem Brief an Gloria Castanheira witzelt der

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