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DIE FRAUEN DER DIKTATOREN

DIE FRAUEN DER DIKTATOREN

Titel: DIE FRAUEN DER DIKTATOREN Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Diane Ducret
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Madrid. Doch schon kurz nach der Heirat findet sie ihr neues Leben langweilig. Sie wartet das Ende der Flitterwochen erst gar nicht ab, sondern feiert den Silvesterabend des darauffolgenden Jahres wieder mit Salazar in Lissabon. Er mietet für sie ein Zimmer im Hotel Borges, mitten im Chiado-Viertel. Es ist das Schickeria-Viertel von Lissabon, wo man gesehen werden will, wo Dandys und halbseidene Damen die kommenden Modetrends diktieren. Die Damen und Herren der Gesellschaft erwerben ihre Handschuhe im Accessoire-Tempel Luvaria Ulisses, im Au bonheur des Dames werden Pariser Parfums verkauft. Einige Schritte weiter bekommt man im Ramiro Leão Modellkleider aus der Stadt der Lichter. Geschickte Modistinnen helfen dabei, die Pariser Mode dem Geschmack der Portugiesinnen anzupassen. Im Café Central diskutiert man über druckfrischen Zeitungen die politischen Tagesthemen.
    Erneut wird das Jahr 1931 mit einem Eintrag in Salazars Kalender in der eleganten Schrift Maria-Lauras beschlossen: „Wieder und immer noch: mehr als gestern, weniger als morgen.“ Ihre Liebe scheint stetig zu wachsen, je öfter sie sich im Hotel Borges sehen. 1932 – das nämliche Ritual. Auf der Seite des 31. Dezembers erklärt sie ihre Liebe und zieht die Bilanz ihres gemeinsamen Jahres: „Wie in dem Gebet, das ich als Kind gesprochen habe, kann ich Ihnen nur sagen: ‚Niemand wird je mein Herz besitzen.‘ Es ist ganz das Eure, mein Freund.“
    Auch im Jahr darauf setzt sich die spinnwebenzarte Romanze fort. Doch Salazar ist mittlerweile Ministerpräsident und muss um seinen Ruf fürchten. Eine Affäre mit einer verheirateten Frau schadet seiner Karriere. Er leistet sich immer weniger dieser Verrücktheiten. „Eine so lange Trennung, das ist, als stürbe man ein bisschen“, schreibt sie ihm. Die Ausarbeitung der neuen Verfassung, mit der der frischgebackene Tyrann herrschen will, liefert ihm 1933 einen guten Vorwand, um sie immer seltener zu treffen. Er beauftragt Leal Marques, seinen Kabinettschef, nach Italien zu reisen, um sich über die Organisationsstrukturen der Faschisten zu informieren. Nach deren Vorbild baut er seine politische Polizei, die PVDE (Polizeikorps zur Überwachung und zum Schutz des Staates), auf. Die Jagd auf die Opposition hat begonnen, und Salazar hat sich das perfekte Instrument geschaffen, um die Bevölkerung zu überwachen und eine gnadenlose politische Zensur durchzusetzen.
    Doch für ein gelegentliches Stelldichein bleibt durchaus noch ein bisschen Zeit. An einem Januarsonntag vermerkt er in seinem Terminkalender ein Rendezvous im Hotel Borges, 16 Uhr. Alles ist perfekt geplant, für das Treffen sind etwa zwei Stunden eingeplant [9] .
    1934 verbringen sie die Silvesternacht wie üblich zusammen in der Wohnung, die Maria-Laura für ihn eingerichtet hat. Dies wird ihre letzte Begegnung sein. Als sie nach Madrid zurückkehrt, schreibt sie ihm eine bittere und melancholische Botschaft in den Kalender: „Nichts ist schrecklicher als sich voneinander zu entfernen, nichts mehr voneinander zu wissen … Welch grausamer Schlag für das Herz.“ Vier Jahre hat die Nichte der Pianistin aus Coimbra die Silvesterfeierlichkeiten des Finanzministers, der zum Diktator wurde, mit ihrem Glanz erhellt.
    Die ersten Vorboten des 2. Weltkriegs klopfen an Portugals Tore. General Franco greift von Tanger aus die spanischen Republikaner an. Bald wird Madrid bombardiert, Maria-Laura und ihr Ehegespons müssen nach Sevilla umziehen, wo Salazar dem Gemahl seiner früheren Geliebten einen Posten besorgt hat. Ein geschicktes Mittel, um sich Maria-Lauras Dankbarkeit zu sichern. Schließlich muss er ja noch seine Briefe zurückverlangen. Sobald die beiden sich in Sevilla niedergelassen haben, schickt Salazar einen Boten, der ihm die Beweise seiner Verfehlung zurückbringen soll.
    Die Schlangentänzerin
    27. Juli 1934. Etwa sechs Monate nach seiner Trennung von Maria-Laura legt der Rattenfänger von Santa Comba Dão, mittlerweile Ministerpräsident, zwischen den Seiten seines Terminkalenders eine Notiz ab, die mit eiliger Schrift auf das Einwickelpapier der Pâtisserie Marquez geworfen wurde. Eine recht persönliche Botschaft:
    „Ich habe das Haus nicht verlassen und warte immer noch. Werde ich Sie am Sonntag sehen? Mir ist es furchtbar eilig! Ich habe Ihnen so viel zu sagen, darunter auch Dinge, die man nur flüstern kann. Emilia“.
    Eine neue Bekanntschaft aus dem Hotel Borges. Die Dame gibt sich größte Mühe, ihre Spuren zu

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