DIE FRAUEN DER DIKTATOREN
früh in dem einstöckigen weißen Gebäude beim São Bento an. Aubusson-Teppiche, Coromandel-Paravents, venezianische Luster. Am Eingang stehen zwei Mohrenfiguren im besten Rokoko. In einer sehr alten chinesischen Vase auf einem Tischchen stehen gelb gesprenkelte tabakfarbene Orchideen.“ Welcher Kontrast zu der Strenge in Santa Comba Dão!
Auch in Lissabon findet Salazar Zeit, um sich mit Christine in bukolischen Landschaften zu ergehen. Sie spazieren unter den Bäumen im Garten, er bietet ihr seinen Arm an. Der Mann scheint unter den Barberie-Enten glücklicher zu sein als in all dem Luxus seines Palastes: „Was halten Sie von der französisch geschnittenen Buchsbaumhecke, die sich bis zum São Bento zieht? Ist sie nicht wunderbar? Wenn man blinzelt, sieht es aus, als stünde man vor einem Teppich. Ich habe die Anlage und den Schnitt des französischen Gartens selbst überwacht und den Gärtnern den ein oder anderen Ratschlag gegeben“, erklärt er stolz.
Mittlerweile pendelt Christine regelmäßig zwischen Frankreich und Portugal hin und her. Sie ist Salazars Favoritin geworden. António scheint verrückt nach ihr zu sein. Er schreibt sogar an seinen Botschafter in Paris, Marcello Mathias, um ihn um einen Gefallen zu bitten: Er solle doch für die Journalistin einen Edelstein kaufen: „Ich hätte enorme Probleme, das selbst zu machen, und zu Hause habe ich niemanden, der sich damit auskennt. Außerdem kann ich nicht einfach selbst losziehen, ohne boshafte Kommentare zu verursachen … Auf den Preis brauchen Sie nicht zu achten, Geld nützt mir sowieso wenig. Ich brauche nicht viel, für meine Position schon gar nicht.“ [13] Der Diplomat nimmt sich der Aufgabe an. Er macht mit Christine einen Stadtbummel und schaut wie zufällig bei den besten Juwelieren vorbei, wo er sie um ihren Rat beim Kauf eines Ringes für eine Frau bittet. Salazar telefoniert eigens mit dem Chef der Bank von Portugal, damit er Mathias einen Scheck über 420 Dollar ausstellt.
Zum ersten Mal in seinem Leben zeigt der Ministerpräsident sich verschwenderisch. Wenn Christine in Paris ist, lässt er ihr aus allen Teilen der Welt Blumen schicken. In der Rue de Veneuil 21 treffen aber auch noch andere ungewöhnliche Lieferungen ein.
„Paris, 15. Dezember 1953. Madame, wir haben von Monsieur Frazao PACHECO, Geschäftsführer der Firma Corretora , den Auftrag erhalten, Ihnen im Auftrag von Präsident Salazar eine Kiste Ananas von den Azoren zu liefern. Leider haben wir Sie telefonisch nicht erreicht. Wir rechnen morgen mit der Ankunft der Lieferung und hoffen, Ihnen die Ananas sofort zustellen zu können …“
António lässt ihr alle möglichen Leckereien schicken, um sie über seine Abwesenheit hinwegzutrösten. So lässt er ihr mit dem Frachter Turckheim drei Kisten besten Dão-Weins nach Dakar schicken, wo sie eine Reportage machte. Die Königliche Schatzkammer zahlt 1000 Escudos für den kostbaren Nektar. Salazar geizt nicht mit Liebenswürdigkeiten. Er betet sie an, und sie weiß das zu schätzen.
Christine stammt aus Flandern und hat schon als kleines Mädchen mit ihrem Vater, einem Marineoffizier, die Welt bereist. Dies weckte in ihr eine gewisse Abenteuerlust, der das verwöhnte Mädchen häufig nachgab. Als Erwachsene machte sie sich auf, eine Route zu erkunden, die vor ihr noch keine Frau bereist hatte: Sie wollte Afrika durchqueren und einige Zeit im Regenwald verbringen, um dort die afrikanischen Zauberer zu studieren. Sie schrieb einige Romane, die keinerlei Bekanntheitsgrad erreichten, und war in Liebesdingen eher unzuverlässig. Sie wählte ihre Liebhaber stets unter Adligen, doch diese verbrauchten sich einfach zu schnell.
Als Christine Salazar kennenlernt, ist sie verheiratet mit Raymond Bret-Koch, dem Großneffen von Robert Koch, der den Tuberkuloseerreger entdeckt hatte. Der ein wenig naive Ehemann begleitete sie sogar zu ihren ersten Recherchen nach Portugal. Während seine Frau sich im Norden des Landes mit Salazar unter Glyzinien ergeht, wartet er in der Hauptstadt auf sie. In Paris entdeckt er die leidenschaftlichen Briefe, die der Ministerpräsident seiner Frau geschrieben hat. Christine antwortet ihm: „Wie wunderbar, Ihren köstlichen Brief zu erhalten, der so ganz Sie selbst ist! Wie schön, von Ihnen zu hören … Ich denke voller Heimweh an unsere liebe Quinta. In jener schon so fernen Zeit war alles gut, nicht wahr? Was für eine himmlische Zeit, wie in einem anderen Leben. Ja, in jenen Tagen war das
Weitere Kostenlose Bücher