DIE FRAUEN DER DIKTATOREN
betrinkt sich nicht!
Catherine Bokassa
Liebe auf den ersten Blick in Bangui
Diamantenhäppchen
Der Morgen des 4. Dezember 1977. Eine flüchtige Gemütsregung malt sich auf dem Gesicht Catherines, als ihr die prachtvolle Krone aufs Haupt gesetzt wird. Die junge Dame, die, als sie Jean-Bédel kennenlernte, noch ein Schulmädchen war, ist nun die Frau des Präsidenten. Und damit Kaiserin von Zentralafrika. Diese Bewegung ihres Gesichts wird von den Kameras in alle Welt übertragen. Und ein Mann kann sein Gesicht nicht vom Fernsehapparat wenden, als das Paar gekrönt wird.
Bangui, die Kokette, wie man die Hauptstadt Zentralafrikas nennt, rüstet sich seit Monaten für dieses Fest. Und einen Tag lang lässt die Krönung des neuen Kaisers, Bokassa I., die Bevölkerung ihr Leid vergessen. Alle Welt hat an den Vorbereitungen teilgenommen, die Zeremonie sollte alles bisher Dagewesene übertreffen.
Die Schätze des Landes sollen den Feierlichkeiten prunkvolle Glanzlichter aufsetzen: schimmernde Edelhölzer des tropischen Regenwaldes, die das große Sportstadion in Bangui schmücken; Diamanten, die an Gewändern funkeln, als Ringe und Colliers Hand und Hals der Würdenträger und ihrer Frauen schmücken.
Jean-Bédel Bokassa hat einen weiten Weg hinter sich. Er ist achtzehn Jahre alt, als er sich als Schütze bei der französischen Armee verpflichtet. Dort tut er dreiundzwanzig Jahre Dienst, bevor er in die neue Armee der Zentralafrikanischen Republik eintritt, die gerade ihre Unabhängigkeit von der französischen Kolonialmacht erobert hat. Zu jener Zeit war er Hauptmann. Seine Ideale waren von den französischen Streitkräften geprägt, die man damals noch als „Grande Armée“ bezeichnete. Er hatte ihre Mythen und Rituale übernommen. Er ist ein guter Soldat und Napoleon Bonaparte sein großes Ideal. Die grenzenlose Bewunderung, die er für den Franzosenkaiser hegt, lässt ihn die Krönungszeremonie Napoleons kopieren. Schließlich war auch sein Vorbild vom General zum Kaiser aufgestiegen, der sich am 2. Dezember 1804 selbst die Krone aufs Haupt gesetzt hatte.
An diesem Tag ist Bokassa in eine Uniform gekleidet, welche jener von Marschall Ney, Napoleons großem Feldherrn, nachgeschneidert ist. Er trägt die überlange Schleppe aus Samt und Hermelin, die Napoleons Hofmaler Isabey für den Tag entworfen hatte, wenn Frankreich wieder zur Monarchie würde. Ein Dekret regelt, wie man künftig dem Kaiser zu begegnen hat: „Ausnahmslos jede Person, die Bokassa begrüßen will, darf sich dem Kaiser nicht mehr als sechs Schritte nähern. Dann hat sie stehen zu bleiben und zum Gruß leicht das Haupt zu neigen.“ Auf Fragen ihres neuen Herrschers haben die Zentralafrikaner künftig mit „Ja, Ihre kaiserliche Hoheit“ zu antworten. Im Dekret heißt es sodann weiter: „Kann eine Frage nicht positiv beantwortet werden, so ist das Wort ‚Nein‘ auf jeden Fall zu vermeiden.“ Ein Nein will Jean-Bédel nicht hören. Schon gar nicht aus dem Mund einer Frau.
Der neue Napoleon Afrikas ist sechsundfünfzig Jahre alt. Und seine Joséphine heißt Catherine Denguiade und ist achtundzwanzig Lenze jung. Sie ist die Mutter des kleinen Jean-Bédel junior, der sich während der Feierlichkeiten mucksmäuschenstill verhält, obwohl er ein Gähnen nicht unterdrücken kann, während sein Vater den Gipfel der Macht erklimmt. Man hat ihn in eine weiße Offiziersuniform gesteckt. Auf einem goldbestickten Kissen aus rotem Samt muss er ausharren, bis die endlose Zeremonie vorüber ist.
Seine Mutter trägt eine Robe aus dem Haus Lanvin aus reinem Goldlamé mit Tausenden von Pailletten. Verziert ist das Prachtstück mit Goldstickereien und zahllosen Rubinen. Allein das Gewand der beiden Gekrönten schlägt mit 217.000 Dollar zu Buche. Doch im Grunde ist das ein Klacks, wenn man bedenkt, dass für Krone und Szepter Bokassas sowie für Catherines Diadem und sonstigen Schmuck fünf Millionen Dollar fällig wurden. Allein der zentrale Diamant am Stirnstück – der Krone Napoleons nachempfunden – hat 138 Karat. Catherine hingegen trägt ein Diadem aus reinem Gold in Form eines cäsarischen Lorbeerkranzes. Ihr zentraler Diamant hat immer noch 38 Karat. Bokassa forderte von seinen Lieferanten, dass Catherines Diamanten von bislang ungekannter Reinheit sein müssten. Der Krönungsschmuck wurde von Arthus-Bertrand angefertigt, einem von Bokassa höchstpersönlich ausgewählten Pariser Juwelier. Das Ohr der kaiserlichen Gemahlin zieren Gehänge
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