Die Frauen des Journalisten (German Edition)
Kollegen haben deine Knochen wieder ordentlich zusammen gesetzt. Nach der REHA bist du wieder der Alte. Ich hatte gestern bei dir angerufen wegen deiner Schwester.“
Robert sah ihn fragend an.
„Oder möchtest du jetzt nicht darüber reden?“
„Doch, sag schon.“
„Na, mir ließ das keine Ruhe und da ist mir ein Kollege eingefallen, der mit mir zusammen studiert hat und jetzt in Leipzig arbeitet. Er hat sich in Richtung Psychiatrie spezialisiert. Wenn es dir recht ist, würde ich mit ihm sprechen und er könnte sich deine Schwester mal ansehen. Wie weit seid ihr denn mit den Dokumenten, die die verwandtschaftliche Beziehung bestätigen? Er müsste ja irgendetwas haben, was ihn berechtigt Irene zu besuchen.“
„Danke, dass du es nicht vergessen hast. Bei den Ämtern ist noch nicht alles abgeschlossen, das dauert. Also ich finde deine Idee phantastisch, das hilft uns sehr. Warte mal, wenn Vater dir eine Vollmacht für deinen Kollegen gibt, dazu die Geburtsurkunde – man könnte es versuchen. Was meinst du?“
„Gut, versuchen wir es.“ Er drückte Robert fest die rechte Hand.
„Halt die Ohren steif, du meldest dich bei mir.“
Robert sah aus dem Fenster, schon den ganzen Tag war heute der Himmel blass blau. Die Sonne stand tief, zwei Flugzeuge hatten weit oben mit ihren Kondensstreifen ein langes silbernes V gezogen. Seine Uhr zeigte kurz nach sechzehn Uhr, erst in zwei Stunden würde er mit dem Vater sprechen können. Um Hermann Voigt nicht zusätzlich zu belasten, waren sie überein gekommen, erst abends miteinander zu telefonieren. Außerdem würde Robert in wenigen Tagen die Klinik verlassen können. Zwei Tage nach diesem Gespräch konnte er dann die beiden gewünschten Dokumente dem Schulfreund überreichen. Er fragte sich, wie lange es wohl dauern würde, bis aus Leipzig eine Antwort kam.
Die Zeit verging, der Frühling schritt voran. In den Vorgärten der am Rhein gelegenen Häuser waren Winterlinge und Schneeglöckchen längst verblüht. Robert ging es besser, obwohl die Metallteile noch nicht entfernt werden konnten. Gelegentlich löste er seinen Vater in der Firma ab. An einem dieser Tage erschien unangemeldet sein Schulfreund in im Büro. Er war einfach auf gut Glück gekommen. Erfreut ging Robert ihm entgegen.
„Endlich!“
„Ich musste unbedingt herkommen um es dir sofort zu erzählen. Gleich zuerst, ich will dich nicht lange auf die Folter spannen, deiner Schwester kann geholfen werden.“
Aus seinem anschließenden ausführlichen Bericht entnahm Robert dann, wie der Kollege in Leipzig mühevoll Irenes traumatische Erlebnisse rekonstruieren konnte.
***
Weit nach zwanzig Uhr brachte Galuba Dominique zurück in ihr Hotel. Sie lud ihn zu einem Abendessen ein, er nahm die Einladung gern an. In der Lobby blieb er an einem Tisch stehen, um einen Blick in die Leipziger Tagespresse zu werfen, während sie ihren Zimmerschlüssel holte. Dominique bemerkte, dass Galuba von einem Portier beobachtet wurde, der dann kurz darauf auch tatsächlich zu Galuba hinüber ging.
„Guten Abend, Herr Galuba, Sie hier?“, sprach ihn der Portier leise an. Der ließ die Zeitung sinken, sah den Mann an.
„Scharneck, Entschuldigung, Herr Scharneck, Sie arbeiten immer noch hier?“
„Und was machen Sie hier? Ich habe gehört, dass man Sie entlassen hat und was man eben so redet.“
„Die Dame dort drüben hat mich eingeladen. Komme ich also auch mal wieder in euer schönes Haus. Sonst gehöre ich zu denen, die ganz unten sind, ohne Arbeit, kein Geld. Sie sehen also Scharneck, es geht mir richtig gut.“, spottete er über sich selbst.
„Ich habe davon gehört, wie es Ihnen ergangen ist. Eigentlich hätten Sie es verdient weiter dabei zu bleiben.“
Galuba musste unwillkürlich herzhaft lachen. Dominique trat zu ihnen, sah Galuba fragend an.
„Wir kennen uns aus alten Zeiten.“
Er reichte dem Portier seine Hand.
„Ich wünsche Ihnen alles gute, Herr Scharneck.“
Nun fasste er Dominique sanft unter ihrem linken Unterarm und führte sie in Richtung Restaurant.
„Sie kennen das Haus gut?“, bemerkte Dominique fragend.
Er sah sie kurz mit einem ironischen Ausdruck an.
„Vielleicht. Das Haus wurde in der DDR gebaut.“
Später, sie hatten gegessen und Dominique ein wenig zu viel getrunken, standen sie in der Nähe des Fahrstuhls. Galuba spürte, dass sie ihn auf ihr Zimmer einladen wollte, aber er half ihr nicht. Beide Hände lässig in den Hosentaschen sah er unbeteiligt an
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